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Eheroman (German Edition)

Eheroman (German Edition)

Titel: Eheroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Seddig
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nicht mehr.
    Danilo trinkt kein Bier. Er muss Auto fahren. Ava könnte auch fahren. Aber es ist Fadils Auto, und Danilo findet, dass Ava nicht besonders gut mit Fadils Auto fahren kann. Er sorgt sich um das Auto, was Ava, wenn sie darüber nachdenkt, wütend macht. Er sorgt sich immer um Gegenstände. Er sagt immer: «Fass das nicht an!» oder «Pass auf!», wenn sie seine Gegenstände berührt. Wenn er das sagt, dann glaubt sie plötzlich selbst, sie könnte Fadils Auto kaputt fahren oder Danilos Brille zerdrücken. Das Verrückte dabei ist: Sie selbst, Ava, Danilo und Klein-Merve, die im Auto drinsitzen und dann eventuell ja auch beschädigt sein könnten, sie sind nicht so im Fokus seiner und dann auch ihrer Angst. Sie sind nur Gegenstand der ganz normalen Ängste, die diffus im Raum wirbeln und immer alles umfassen. Die Angst um Fadils Auto aber ist scharf. Es geht ja auch um Fadil und dessen Freundschaft. Das ist es, denkt sie und holt sich ein Glas, um sich ein bisschen Bier einzukippen. Fadil und seine extrawichtige, tolle Freundschaft.
    Danilos Mutter prostet ihr freundlich lächelnd zu, während Danilo böse, sehr böse guckt. «Was trinkst du denn?», fragt er.
    «Schadet nicht», sagt seine Mutter und nickt musikalisch mit dem Kopf.
    «Schadet nicht», wiederholt Ava und trinkt, in einer Hand Merve, in der anderen das Bier.
    Ivana Androsevich steht auf, um eine karierte Wolldecke auf dem Teppich auszubreiten. Sie nimmt Ava Merve aus dem Arm und legt sie auf die Decke, wo Merve liegt und die Augen nach dem Fernseher verdreht, dass sie schielt.
    Eckehard hat ein kleines Stück Holz geholt und ein Schneidemesser und zeigt Danilo, den Reste seiner Höflichkeit zwingen, bei dem Mann auszuharren, der in das Haus seiner Mutter eingezogen und sich breitgemacht hat, den Holzschnitt. Das ist das höchste der Gefühle, mehr ist nicht drin, denkt Ava. Es wäre besser, Danilo würde auch ein Bier trinken, das wäre wirklich besser. Sie würde gerne das Zusammensitzen beenden und ihre eigenen Eltern besuchen. Aber Eckehard legt mehr Werkzeug auf den runden Tisch und holt fertige Drucke ran. «Wollt ihr die Presse sehen?», fragt er.
    Ava zieht Danilo ein bisschen gewaltsam mit in das feuchte Schlafzimmer, wo neben dem Klavier jetzt eine kleine grüne Druckerpresse steht. Das Bett ist ganz an die Wand neben der Tür geschoben. Das Zimmer ist ein Arbeitsraum. Eine braune Stehlampe beugt sich über die Presse. Auf einem Tisch verstreut liegen Drucke eines eindeutig nackten, kantigen Frauenkörpers. Danilo verzieht das Gesicht.
    «Seit wann machen Sie das schon?», fragt Ava.
    «Noch gar nicht so lange. Ich habe eigentlich erst hier im Hause von Ivana damit begonnen», sagt Eckehard.
    Danilo schiebt seine Unterlippe vor wie eine Waffe. Ava weiß ganz genau, was er denkt. Der Mann ist einer, der auf der Suche ist und sich ständig neu erfindet, der aus sich herauskommen und Neues ausprobieren will, mit Danilos nackter alter Mutter, die so alt noch gar nicht ist im Vergleich zu dem alten Spinner. Aber Ava gefällt es ganz prächtig, dass der Mann das tut. Schließlich hat Ivana jetzt lila Haare und trinkt Bier und hört Klavierkonzerte und ist irgendwie freundlicher geworden.

    «Wenn der irgendwas mit meiner Mutter anstellt, der Spinner, dann kann der sich frischmachen», sagt Danilo, ungewohnt in solcher Ausdrucksweise, am Steuer des Ford Taunus auf dem Weg zu Avas Familie.
    «Die stellt was an», sagt Ava, «und zwar ficki, ficki.»
    Danilo hält abrupt vor dem kleinen grauen Haus von Avas Eltern, steigt aus, knallt die Tür zu und sagt: «Ich komm nicht mit rein.» Das soll die Strafe für sie sein und wäre es tatsächlich, denn Ava ist immer darauf bedacht, vor ihren Eltern ihre Entscheidung für Danilo zu rechtfertigen, obwohl sie das nie musste. Sie will ein paar Stündchen bleiben, ihre Schwester wird da sein, ihr Neffe und ihre Nichte, ihr Schwager, die ganze liebe Familie.
    «Danilo, komm mit. Es ist doch kalt draußen.»
    «Das kann dir doch wirklich egal sein.»
    «Danilo, komm jetzt rein, ich war auch bei deiner Mutter mit drin.»
    «Und das ist nun wirklich eine Leistung gewesen. Dass du dich dazu überwinden konntest, Ava. Ich weiß das wirklich zu schätzen.»
    «So meine ich das doch nicht», sagt Ava, die zappelnde Merve auf dem Arm.
    «Wie das da aussieht, nicht? Sag es doch, sag es ruhig! Und nun der Holzopa noch dazu, das ist doch die Krönung, gib es endlich zu! Mit denen will keiner was zu tun haben.

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