Eheroman (German Edition)
und hat Johnny betreut, als ich mich mit dem getroffen habe, der heute Geburtstag hat.»
Ava kann es nicht glauben. «Merve, wieso erzählst du mir solche Sachen nie? Ich erzähle dir alles, und du lernst einen kennen und hast einen Babysitter und erzählst nichts davon?»
«Ich hätte es noch erzählt. Es ging nur zu schnell. Und die Studentin ist hier aus dem Haus von zwei Stock über mir. Ich kenne sie schon länger. Sie ist lieb und ein bisschen dick und hat immer sehr knallige Jeans an, mit ihrem dicken Hintern, aber ist seeehr lieb. Sie passt gerne auf Kinder auf und nimmt kaum Geld. Nur wenig. Sie lernt dabei und sieht fern und frisst sich voll mit Schokolade, und es ist ihr egal. Sie will einfach nett sein.»
«Wieso denn schnell? Seit wann kennst du ihn denn?»
«Seit letzter Woche doch erst. Reg dich nicht auf.»
Johnny kommt angetorkelt und sagt: «Gagaga.»
Merve hebt ihn hoch und riecht an ihm und sagt: «Oh ja. Geht gleich los.»
Johnny läuft los und kommt mit einer Windel wieder und hält sie seiner Mutter hin.
«Geht gleich los», sagt Merve. Aber sie geht schon mit ihm in das Zimmer, wo der Tisch mit dem Wickelaufsatz steht, und legt ihn dort rauf, um ihn zu wickeln.
«Das Kind ist so ordentlich wie die Mutter», sagt Ava und folgt ihr nach nebenan. «Merve sagt nie, wenn sie eingekackt hat. Und sie schreit immer, wenn ich sie sauber mache. Deshalb schiebe ich es hinaus. Aber es bringt gar nichts, es hinauszuschieben.» Sie denkt, dass es hirnlos ist, solche Gespräche zu führen.
Während Merve Johnny wickelt, sagt sie: «Ich habe ihn kennengelernt, als ich mit Johnny auf dem Spielplatz war. Er saß da rum und las ein Buch. Ich glaube, er lernte in dem Buch oder so. Er hat mit einem Bleistift drin rumgekritzelt. Ein Student.»
«Dann weiß er jedenfalls, dass du Johnny hast.»
«Nein. Das habe ich erst mal nicht erzählt.»
«Nicht? Aber ich denke, du warst mit Johnny auf dem Spielplatz.»
«Aber ich habe es ihm nicht erzählt. Ich habe ihm gesagt, ich sitze hier nur so in meiner Mittagspause in der Sonne. Ich habe ihm erzählt, ich arbeite als Grafikerin in einer Agentur. Ich habe ihm erzählt, ich mache manchmal auch Illustrationen, für Kinderbücher. Er fand es interessant. Deshalb fand er auch mich interessant. Wir haben viel geredet. Er ist ein netter Typ. Und er sieht hübsch aus. Echt wirklich sehr hübsch. Ich habe ja nie Glück sonst mit Typen, dass die nett sind. Aber diesmal … Ich glaube, diesmal hat es sehr nett angefangen.»
Ava starrt auf den fröhlichen Johnny, der an seinem winzigen Penis zerrt, und vor sich hin plappert, während Merve ihn reinigt. An der Tür erscheint jetzt krabbelnd die immer noch nicht laufende Merve, in der hochgereckten Hand stolz eine aufgeklappte Haushaltsschere haltend. Ava überlegt, wie sie Merve ohne Geschrei die Schere entwenden kann. Sie erkennt, dass sie keine Wahl hat. Sie entreißt sie ihr blitzschnell und sagt, in das Geschrei hinein: «Es hat doch nicht nett angefangen, wenn alles gelogen ist.»
«Was?» Merve schaut sie von der Seite verständnislos an.
«Du bist doch keine Grafikerin, du illustrierst keine Kinderbücher, und vor allem, du hast Johnny. Wo war der überhaupt die ganze Zeit?»
«Im Sandkasten. Er hat gespielt. Da waren jede Menge Kinder. Da war ein Junge mit einem großen Plastikbagger. Da war er sehr scharf drauf. Es ist nicht aufgefallen, dass er zu mir gehört.»
«Es ist nicht aufgefallen?» Ava ist empört.
«Ava.» Merve legt ihr die Hand auf den Arm. «Du hast einen Mann. Ich habe seit dem Assi noch nicht einmal mit einem Mann geredet, außer dem Fleischerlehrling bei Edeka. Ich war so froh über den. Ich bin fast aufgeflippt. Ich wollte, dass er dranbleibt, und wie sollte er dranbleiben, Mann, wenn er erfährt, dass ich eine alleinerziehende Mutter bin, die nichts anderes unternimmt, als Hintern abwischen und Breichen kochen und Wäsche waschen, hm? Ich konnte ja nicht wissen, dass ich ihn überhaupt noch einmal wiedersehe.»
«Wie heißt er?», fragt Ava.
«Norman», sagt Merve und strahlt und stellt den gereinigten John auf die Erde zu der immer noch plärrenden Merve. «Norman ist doch schön, oder?»
«Und wenn du ihn wirklich heute Abend sehen solltest», sagt Ava, «wenn es wirklich so weit kommen sollte, dass wir da hingehen, was willst du dann sagen?»
Merve zuckt mit den Schultern. «Ich lasse es so. Ich werde mich nicht auf einer Party entzaubern. Das wäre ja schön blöd von mir. Und
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