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Ehrenhüter

Ehrenhüter

Titel: Ehrenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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trugen enganliegende Kleidung. Die Gruppe hinterließ eine Duftwolke billigen Parfums. Ungeduldig suchte Navideh die Straße ab. Wo blieb Steenhoff?
    «Na, suchst du noch jemanden für heute Nacht?» Ein angetrunkener Mann baute sich vor ihr auf und betrachtete sie schamlos von Kopf bis Fuß.
    «Mach, dass du weiterkommst», sagte sie angewidert. Doch die Worte perlten an ihm ab. Grinsend kam er auf sie zu. Sein schlechter Atem schlug Navideh ins Gesicht. Als er zu lächeln versuchte, sah sie seine gelben Zähne.
    «Mensch, hau endlich ab!», herrschte sie den Unbekannten an.
    Mit einem Ruck wurde der Mann plötzlich nach hinten gerissen. Taumelnd suchte er an einem Verkehrsschild Halt. Hinter ihm trat Steenhoff aus dem engen Hauseingang und wischte seine rechte Hand an der Jacke ab. «Wollen wir?»
    «Danke, aber das wäre nicht nötig gewesen», sagte Navideh mit einem Blick auf den Betrunkenen, der sich leise schimpfend trollte.
    «Ich wollte nur nicht so lange warten, bis er dir seine Lebensgeschichte zu Ende erzählt hat», antwortete Steenhoff trocken.
    Navideh wollte etwas entgegnen, aber Steenhoff war mit den Gedanken schon wieder bei Osman Cetin. «Ich habe mit den Kollegen abgesprochen, dass wir beide uns die linkeSeite vom Ostertor stadteinwärts vornehmen. Irgendwo hier muss er sein.»
    «Wir beide? Ich dachte, wir wollten uns aufteilen?»
    «Es ist sicherer, wenn wir um diese Uhrzeit zu zweit durch die Kneipen ziehen», sagte Steenhoff.
    Prüfend sah Navideh ihn an. Sie brauchte keinen Beschützer. Sie lebte in diesem Viertel. Sie konnte auf sich selbst aufpassen. Aber Steenhoff ließ keine Spur von Ironie erkennen. «Hast du deine Dienstwaffe dabei?»
    «Ja.»
    «Okay, dann los.»
     
    Das Publikum in den Lokalen war stark gemischt. Steenhoff sah Gruppen von Studenten, aber auch Halbwüchsige, die eigentlich längst zu Hause sein sollten. Manche der Nachtschwärmer waren in seinem Alter. Auch den einen oder anderen Polizeibeamten erkannte er wieder. Die Tatsache, dass er frühmorgens mit Navideh Petersen im Kneipenviertel unterwegs war, würde die Gerüchteküche im Präsidium wieder anheizen. Aber darauf konnte er jetzt keine Rücksicht nehmen.
    Aus dem Augenwinkel sah er, wie sich drei Männer an der Theke nach Navideh umdrehten, als sie sich an ihnen vorbeizwängte. Einen Augenblick lang war der Gedanke verlockend, sich einfach mit ihr in eine Ecke zu setzen, ein paar Biere zu trinken und Nilgün, Osman und den Polizeialltag zu vergessen.
    «Hier ist er nicht.» Petersen kam ihm entgegen und verschwand, ohne auf Steenhoff zu warten, wieder durch die Eingangstür.
    «Ey! Für die bist du doch viel zu alt», hörte er plötzlich jemanden sagen. Ein Mann mit ausgebleichten blondenHaaren und der aufdringlichen Gesichtsbräune eines Sonnenstudios sah ihn herausfordernd an. Erwartungsvoll lauerten seine Freunde am Tisch und beobachteten Steenhoff. Sie wollten Streit, ein bisschen Abwechslung zwischen den Bieren.
    Steenhoff antwortete nicht und ging zur Tür. Ohne sich umzudrehen, wusste er, dass die Männer ihm enttäuscht nachsahen.
    Petersen wartete schon auf der Straße auf ihn. «War noch was?»
    Er schüttelte den Kopf.
    Systematisch durchkämmten sie Lokal für Lokal. Aber Osman hielt sich in keiner der Kneipen auf.
    «Wo warst du eigentlich, als ich dich angerufen habe?», fragte Steenhoff unvermittelt.
    Navideh unterdrückte ein Gähnen und blickte ihn irritiert an. «Ich wollte noch kurz bei einem Nachbarn vorbeischauen, aber er war nicht da.»
    «Um Mitternacht?»
    «Ja, um Mitternacht.»
    Es war anmaßend, überhaupt zu fragen. Steenhoff suchte vergeblich nach einem unverfänglichen Thema, um das peinliche Schweigen zu beenden.
    Da griff Petersen plötzlich nach seinem Arm. «Osman!»
    Steenhoff zog sie in den dunklen Eingang eines Bio-Ladens und holte sein Funkgerät heraus. Er gab leise ihre Position an und forderte seine Kollegen auf, ohne Alarm zu kommen. «In spätestens drei Minuten sind sie hier», flüsterte er.
    Osman stand vor einem hell erleuchteten Lokal und unterhielt sich mit einem dunkelhaarigen Mann. Gebannt beobachteten sie die beiden. Unvermittelt schlug Osman demanderen auf die Schulter, nickte ihm zu und verschwand mit großen Schritten in einer Seitenstraße.
    «Scheiße.» Steenhoff sah sich suchend um. Von den Kollegen war noch nichts zu sehen. «Warte hier», befahl er Petersen. «Ich bleib dran. Du musst die Kollegen einweisen.»
    Ohne eine Antwort abzuwarten, lief er

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