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Ehrensache

Titel: Ehrensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Aussicht?«
Er grinste zurück. »Ist das da drüben Kirkcaldy?«
»Ich glaube, ja.«
Rebus drehte sich um und ging die Stufen zur Tür hinauf.
Zu beiden Seiten der Treppe war ein Steingarten mit gepflegten Blumenbeeten. Mrs. Kinnoul sah
aus, als würde sie gerne gärtnern. Sie trug bequeme Kleidung und hatte ein freundliches Lächeln.
Ihre Haare waren in Wellen gelegt, aber nach hinten gekämmt und im Nacken von einer Spange
gehalten. Ihre Aufmachung erinnerte ein wenig an die fünfziger Jahre. Er wusste nicht genau, was
er erwartet hatte - vielleicht irgendeine Hollywood-Blondine -, aber gewiss nicht das.
»Ich bin Cath Kinnoul.« Sie streckte eine Hand aus. »Tut mir Leid, ich habe Ihren Namen
vergessen.«
Er hatte natürlich angerufen, um seinen Besuch anzukündigen und um sicherzugehen, dass jemand zu
Hause sein würde. »Detective Inspector Rebus«, sagte er.
»Ach ja«, sagte sie. »Kommen Sie bitte herein.«
Natürlich hätte er die ganze Angelegenheit telefonisch erledigen können. Folgende seltene Bücher
sind gestohlen worden... hat sie Ihnen jemand angeboten...? Wenn das passieren sollte, setzen Sie
sich bitte sofort mit uns in Verbindung. Doch wie die meisten Polizisten sah Rebus gern,
mit wem und womit er es zu tun hatte. Die Leute gaben oft Einiges preis, wenn man ihnen
persönlich gegenübersaß. Sie waren aufgeregt und nervös. Nicht dass Cath Kinnoul einen nervösen
Eindruck machte. Als sie mit einem Teetablett ins Wohnzimmer kam, hatte Rebus gerade aus dem
Panoramafenster geschaut und die Aussicht genossen.
»Ist Ihr Mann nicht in Kirkcaldy zur Schule gegangen?«
Und da hatte sie gesagt: »Nein, diesen Fehler machen die Leute ständig. Wegen Gregor Jack, nehme
ich an. Sie wissen schon, der Abgeordnete.« Sie stellte das Tablett auf einen Sofatisch. Rebus
hatte sich vom Fenster abgewandt und sah sich nun im Raum um. An den Wänden hingen gerahmte
Fotografien von Rab Kinnoul, Standfotos aus seinen Filmen. Außerdem gab es Fotos von anderen
Schauspielern und Schauspielerinnen, die Rebus wahrscheinlich kennen sollte. Die Fotos waren
signiert. Der Raum wurde von einem 38-Zoll-Fernseher dominiert, auf dem ein Videorecorder stand.
Zu beiden Seiten des Fernsehers waren Videobänder auf dem Fußboden gestapelt.
»Setzen Sie sich, Inspector. Zucker?«
»Nur Milch, bitte. Was sagten Sie gerade über Ihren Mann und Gregor Jack...?«
»Ach so. Ja, ich nehme an, weil sie beide in den Medien sind, im Fernsehen meine ich, deshalb
glauben die Leute wohl, sie müssten sich kennen.«
»Tun sie das denn nicht?«
Sie lachte. »O doch, sie kennen sich schon. Aber nur durch mich. Die Leute haben irgendwie ihre
Geschichten durcheinandergebracht, und so stand dann plötzlich in den Zeitungen und
Zeitschriften, Rab und Gregor wären zusammen zur Schule gegangen, was Unsinn ist. Rab ist in
Dundee zur Schule gegangen. Und ich war diejenige, die mit Gregor zur Schule gegangen ist. Wir
waren auch zusammen auf der Universität.«
Also war selbst der Primus der jungen schottischen Reporter nicht unfehlbar. Rebus nahm die
Porzellantasse samt Unterteller mit einem dankenden Nicken entgegen.
»Damals war ich natürlich bloß Catherine Gow. Rab hab ich später kennen gelernt, als er bereits
für das Fernsehen arbeitete. Er spielte in Edinburgh in einem Theaterstück mit. Ich traf ihn nach
der Aufführung in einer Bar.«
Sie rührte geistesabwesend in ihrem Tee. »Jetzt bin ich Cath Kinnoul, die Frau von Rab Kinnoul.
Heutzutage nennt mich kaum noch einer Gowk.«
»Gowk?« Tollpatsch? Rebus glaubte, nicht richtig gehört zu haben. Sie blickte zu ihm auf.
»Das war mein Spitzname. Wir hatten alle Spitznamen. Gregor war Beggar...«
»Und Ronald Steele war Suey.«
Sie hörte auf zu rühren und sah ihn an, als würde sie ihn erst jetzt richtig wahrnehmen. »Das
stimmt. Aber woher ...?«
»So heißt doch sein Laden«, erklärte Rebus, was auch der Wahrheit entsprach.
»Ach ja«, sagte sie. »Also, wegen dieser Bücher...«
Drei Dinge fielen Rebus auf. Erstens, dass es hier anscheinend nur äußerst wenige Bücher gab für
jemanden, der angeblich Bücher sammelte. Zweitens, dass er sich lieber noch weiter über Gregor
Jack unterhalten hätte. Und drittens, dass Cath Kinnoul Medikamente genommen hatte, irgendwelche
Tranquilizer. Ihre Lippen brauchten jeweils eine Sekunde zu lang, um ein Wort zu formulieren, und
ihr Augenlider waren schwer. Valium? Vielleicht sogar Mogadon?
»Ja«, sagte er, »die Bücher.«

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