Ehrensache
erzählen«, sagt Rebus. »Die Verbindung hat
nämlich eine Minute lang auf intergalaktisch umgeschaltet.«
Constable Moffat begann von vorn und artikulierte seine Worte nun so betont deutlich, als würde
er mit einem geistig Zurückgebliebenen reden. »Wie ich bereits sagte, Sir, bin ich rüber zur Deer
Lodge gefahren, aber es war niemand zu Hause. Stand auch kein Auto da. Dann habe ich durch die
Fenster geguckt. Ich würde sagen, vor nicht allzu langer Zeit ist jemand dort gewesen. Sah aus,
als hätte eine kleine Party stattgefunden. Weinflaschen und Gläser und so Zeug standen herum.
Aber jetzt war niemand da.«
»Haben Sie sich bei den Nachbarn erkundigt...?« Doch in dem Moment, wo er das sagte, wusste
Rebus, dass es eine dumme Frage war. Der Constable hatte bereits angefangen zu lachen.
»Da gibt es keine Nachbarn, Sir. Die nächsten Anwohner wären Mr. und Mrs. Kennoway, aber die sind
zu Fuß eine Meile weit weg auf der anderen Seite des Hügels.«
»Ich verstehe. Und sonst können Sie mir nichts berichten?«
»Ich fürchte, nein. Wenn ich nach etwas Bestimmtem schauen soll...? Ich meine, ich weiß, dass die
Lodge diesem Abgeordneten gehört, und ich hab in der Zeitung gelesen...«
»Nein«, sagte Rebus rasch, »damit hat das nichts zu tun.«
Er wollte nicht, dass mit noch mehr Gerüchten herumgeschmissen würde wie mit Baumstämmen
bei den Highland Games. »Ich wollte nur kurz mit Mrs. Jack reden. Wir dachten, sie wäre
vielleicht dort.«
»Aye, sie ist gelegentlich dort oben, habe ich gehört.«
»Gut. Wenn Sie sonst noch was hören, lassen Sie es mich wissen, okay?«
»Das ist doch selbstverständlich, Sir.« Das war es wohl auch, nahm Rebus an. Der Constable klang
ein wenig gekränkt.
»Und danke für Ihre Hilfe«, fügte Rebus hinzu, erhielt jedoch nur ein knappes »Aye« als Antwort,
bevor die Verbindung unterbrochen wurde.
»Du mich auch, Freundchen«, murmelte Rebus vor sich hin, bevor er sich auf die Suche nach Gregor
Jacks privater Telefonnummer machte.
Natürlich war die Chance groß, dass das Telefon immer noch ausgestöpselt war. Trotzdem war es den
Versuch wert. Die Nummer würde sicher im Computer gespeichert sein, doch Rebus nahm an, dass er
sie schneller in der Adressenkartei finden würde. Und tatsächlich fand er ein Blatt mit der
Überschrift »Parlamentarische Wahlkreise in Edinburgh und den Lothians«, auf dem die
Privatadressen und Telefonnummern der elf Abgeordneten aus der Region aufgelistet waren. Er
tippte die zehn Ziffern ein, wartete und wurde mit einem Klingelzeichen belohnt. Nicht dass das
bedeutete...
»Hallo?«
»Ist da Mr. Urquhart?«
»Tut mir Leid, Mr. Urquhart ist im Augenblick nicht da ...«
Doch mittlerweile hatte Rebus die Stimme natürlich erkannt. »Sind Sie das, Mr. Jack? Hier ist
Inspector Rebus. Wir haben uns gestern...«
»Ach hallo, Inspector. Sie haben Glück. Wir haben das Telefon heute Morgen wieder eingestöpselt,
und Ian hat den ganzen Tag Anrufe entgegengenommen. Jetzt macht er gerade eine Pause. Er meinte,
wir sollten das Ding wieder ausstöpseln, aber ich hab's wieder reingesteckt, als er weg war. Ich
hasse den Gedanken, völlig von der Welt abgeschnitten zu sein. Schließlich könnten meine Wähler
irgendein Anliegen haben...«
»Was ist denn mit Miss Greig?«
»Sie ist beschäftigt. Die Arbeit muss weitergehen, Inspector. Im hinteren Teil des Hauses ist ein
Büro, wo sie ihre Arbeiten erledigt. Helen war wirklich ein...«
»Und Mrs. Jack? Hat sie sich gemeldet?«
Nun schien der Redefluss versiegt zu sein. Ein trockenes Hüsteln war zu hören. Rebus konnte sich
gut vorstellen, wie Jack seine entgleisten Gesichtszüge korrigierte, sich vielleicht am Finger
kratzte, mit den Fingern durch die Haare fuhr...
»Ja doch... merkwürdig, dass Sie das erwähnen. Sie hat heute Morgen angerufen.«
»Ach?«
»Ja, die Arme. Sagte, sie hätte es stundenlang versucht, aber natürlich war das Telefon den
ganzen Sonntag nicht angeschlossen und heute die meiste Zeit besetzt...«
»Sie ist also in Ihrem Cottage?«
»Ja, genau. Für eine Woche. Ich hab ihr gesagt, sie soll dort bleiben. Es hat doch keinen Sinn,
sie in diesen ganzen Mist hineinzuziehen. Das wird sich bald alles wieder beruhigen. Meine
Anwältin...«
»Wir haben Deer Lodge überprüft, Mr. Jack.«
Ein weiteres Schweigen. Dann: »Oh?«
»Sie scheint nicht dort zu sein. Kein Lebenszeichen.«
Rebus schwitzte unter seinem Hemdkragen. Das konnte er natürlich auf die Heizung schieben.
Weitere Kostenlose Bücher