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Ehrensachen

Ehrensachen

Titel: Ehrensachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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nicht Voorhis oder Phipps hatte er gebeten, Trauzeuge zu sein. Aber für den General und für die Stützen von Archies Backgammon-Set war Henry praktisch unsichtbar, nur irgendein Außenseiter, den Archie im College am Hals gehabt hatte. Als ich zu Hause war, fiel mir Phoebe ein. Dies war ungefähr die Stunde, zu der sie das Haus verließ und in die Redaktion fuhr. Ich rief an und erreichte sie sofort, konnte mich aber nicht überwinden, zum Grund meines Anrufs zu kommen. Wir schwatzten. Sie war jetzt mit einem englischen Journalisten zusammen, der sich nicht scheiden lassen wollte, dessen Frau aber meistens inLondon blieb und ihn in Paris leben ließ, wie es ihm gefiel. Ob ich einen einzigen alleinstehenden Mann kennte, der nicht schwul war und heiraten wollte? Ich erwiderte, solche Auslaufmodelle würden nicht mehr hergestellt, und dann redete ich nicht weiter drum herum, sondern sagte ihr, warum ich anrief.

XXV
    In einem Punkt hatte Archie recht gehabt: Henry führte kein geselliges Leben. Vielleicht wäre es eine große Hilfe für ihn gewesen, Mitglied im Union oder Racquet Club zu werden oder in einer der kleineren, noch exklusiveren Institutionen, zu denen selbst Archie noch keinen Zutritt gefunden hatte. Dann hätte er in Zeiten der Einsamkeit Schutz und Gesellschaft an der Bar des Clubs und am Eßtisch der Mitglieder suchen können. Vielleicht hätte er Geschmack an der Konversation in seiner Umgebung gefunden und wäre nach und nach zu einem sehr erwünschten einzelnen Herrn geworden, um dessen Gesellschaft sich die Frauen rissen, gegen deren Ehemänner er beim Backgammon verlor. Nur daß es ihm schwergefallen wäre, nicht zu gewinnen. Sicher stand ihm das reiche kulturelle Angebot New Yorks zur Verfügung. Aber in New Yorker Kanzleien wie der seinen galten junge Mitarbeiter als Leibeigene der Partner und mußten Tag und Nacht, auch an Feiertagen und Wochenenden, auf Abruf bereitstehen, so daß Kino-, Theater- oder Konzertbesuche äußerst schwierig waren, es sei denn, man ging allein oder mit jemandem, der immer verfügbar war und sich mit Absagen im letzten Moment gutmütig abfinden konnte. Das war meistens eine leidgeprüfte Ehefrau. Viele von Henrys Kollegen hatten Frauen und außerdem zahnende oder allmählich ohne Windeln auskommende Kleinkinder in verschiedenen Altersstufen und, falls sie eigenes Geld besaßen, auch Nannys, die Kinderwagen schoben, Windeln wechselten, Fläschchen gaben und im übrigen aufpaßten, daß die kleinen Engel den Eltern nicht lästig wurden. Das hieß jedoch nicht, daß diese dazu neigten, spontan zu einer Broadway-Show zu laufen und sich zu fragen, ob der guteHenry vielleicht Lust hatte, mitzukommen. Eher waren sie Gäste oder Gastgeber eines gepflegten kleinen Dinners in der Wohnung eines der jungen Paare an der Upper East Side oder eventuell der Upper West Side, denn sie nahmen an einem Wettbewerb der wechselseitigen Einladungen teil, der innerhalb der geschlossenen Welt der noblen Kanzleien und Investmentbanken ausgetragen wurde. Auf der Tafel schimmerten die Hochzeitsgeschenke, die zur Ausstattung gehörten: edles Leinen, Silber, Kristall und Porzellan, so angeordnet, daß sogar die arme Mrs. White es zu schätzen gewußt hätte. Wenn die Martinigläser zweimal gefüllt und zweimal geleert waren, servierte die Gastgeberin, unterstützt von den aktivsten der anderen Ehemänner, das Menu: In sechs von zehn Fällen bestand es aus gefüllten Wachteln, Wildreis, Brie (der schon, in dünne Scheiben geschnitten, auf norwegischem Fladenbrot als Vorspeise gereicht worden war) und Nachtisch, vielleicht einer Obsttorte von Dumas an der Lexington Avenue, alles heruntergespült mit mehr Beaujolais, als irgend jemand gut vertragen konnte. Scotch mit Soda und Kognak folgten. Es machte nicht allzuviel aus, wenn einer der Ehemänner – selbst wenn er der Gastgeber war! – im Büro festsaß oder zum Drucker gegangen war, um Korrekturen in irgendwelchen Registrierungsangaben zu überprüfen, deshalb die Party verpaßte, erst im Morgengrauen nach Hause kam und gerade noch Zeit hatte, sich zu rasieren und ein frisches Hemd anzuziehen, bevor er wieder ins Büro hastete. Das patente Supergirl, das er geheiratet hatte, würde damit fertig werden, genauso wie sie mit allem fertig wurde, was einem Leben nach Art von Mommy und Daddy im Weg stand. Mittlerweile brüsteten sich die Männer, die Glück gehabt hatten und rechtzeitig aus dem Büro gekommen waren, mit zweifelhaften Geschichten über

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