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Ehrensachen

Ehrensachen

Titel: Ehrensachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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sie ihm nicht genau das wünschen müssen, als gute Eltern, als Mommy und Daddy mit all ihrer Liebe?
    Henry kam zum Ende seiner Geschichte: Diesmal machte ausnahmsweise ich eine Szene, nicht meine Mutter. Ich habe sie wirklich angebrüllt, und zuerst war mir wohl dabei. Aber als die Wut verflogen war, entschuldigte ich mich. Nicht weil sie es verlangt hätten. Mein Vater sparte sich die übliche Routine; er drohte mir nicht, wenn ich mich nicht von ganzem Herzen entschuldige, so daß meine Mutter mir verzeihen kann, wird sie sich etwas antun, und dann wird er eine Herzattacke bekommen. Mein Ausbruch hatte ihnen einen Schock versetzt. Sie saßen stumm da. Nein, ich entschuldigte mich in aller Ehrlichkeit, aus freiem Willen, unter anderem deshalb, weil mir plötzlich klar wurde, daß sie vielleicht ganz ernsthaft gemeint hatten, mein kleiner Triumph könne nicht deutlicher gewürdigt werden als durch eine Erinnerung an das, was vorher gewesen war. Ich wünschte, sie hätten sich eine andere Geste ausgedacht. Aber ich sah ein, daß sie mich nicht hatten quälen wollen. Natürlich verstanden sie meine Reue als ihren Sieg, als Zeichen, daß siemich wieder fest an der Leine hatten. Vielleicht verging der Sommer deshalb ohne größere Ausbrüche.
    Anfang Februar erfuhren wir von Archie, daß seine Eltern zu Besuch kommen würden. Sein Bein war noch eingegipst, und eigentlich hatten sie verabredet zu warten, bis der Gips abgenommen war und die Physiotherapie angefangen hatte. Aber der Oberst hatte Befehl, sich im Hauptquartier von General Ridgeway zu melden, und er wollte Archie sehen, bevor er aufbrach.
    Das ist eine große Sache für Pater, erklärte Archie uns. Es kann bedeuten, daß er nicht mehr in Acht und Bann ist, besonders, wenn ihm das Kommando über ein Regiment übertragen wird. Aber auch ein Posten in Ridgeways Stab wäre gut. Jedenfalls erwarten sie euch beide zum Dinner.
    Was ›Acht und Bann‹ heißen sollte, blieb unklar, obgleich Archie ein- oder zweimal angedeutet hatte, daß der Oberst wegen seiner engen Verbundenheit mit General Patton bei praktisch allen, die etwas zu sagen hatten, unten durch war. Dann kündigte Archie eine Änderung des Aktionsplans an. Die Abreise seines Vaters war vorverlegt worden, er mußte sofort aufbrechen. Mrs. Palmer würde allein kommen. Die zweite Änderung betraf den Ort des Dinners. Trotz der neuen Erdgas-Einnahmequelle hielt sie ein Essen im Ritz für eine extravagante Verschwendung. Statt dessen würden wir ins Cronin’s gehen. Ihr könnt froh sein, sagte Archie. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte sie uns zum Dinner in die Mensa eingeladen. Der Plan wurde noch einmal geändert und der Besuch auf die Zeit um Ostern verschoben; Mrs. Palmer wollte gleichzeitig mit dem Sex-Boot ankommen; so nannte Archie den Nash, den sie ihm jetzt, da er wieder ganz gesund war, gekauft hatte. Wie Archie sagte, scheute Mrs. Palmer die Kosten für die Reise nach Cambridge, vor allem wenn der Oberst nicht mitkam und deshalb nichtzahlte; aber sie wollte unbedingt mit Archie eine Probefahrt machen, und zwar auf der Route 128, da er dort das Gaspedal ganz durchtreten konnte. Außerdem hatte sie mit den Umzugsvorbereitungen zu tun; sie wollte nach Houston ziehen, um nahe an Öl und Erdgas und nicht zu weit entfernt von Bezugsquellen für präkolumbische Kunst zu sein. Ein Vetter, mit dem sie in Verbindung geblieben war, gehörte zum River Oaks Country Club, und sie plante, in der Nähe ein Haus zu kaufen. Dem Oberst gefiel die Vorstellung von einem Heim in den Staaten, vor allem, wenn damit ein halbwegs vernünftiger Golfplatz verbunden war, auf dem er zu allen Jahreszeiten spielen konnte, falls er sich nach Korea aus dem aktiven Dienst zurückziehen würde.
    Wie um die Lücke in unserem Terminkalender zu füllen, kündigte Henry an, daß seine Eltern am folgenden Wochenende kommen und seinen Geburtstag mit ihm feiern wollten. Sie würden das College und übrigens auch Cambridge und Boston zum erstenmal sehen. Der Reiseveranstalter, der im letzten Sommer ihre Reise nach Maine organisiert hatte, empfahl ihnen ein Hotel, das man vom Yard auf einem kurzen Fußweg quer durch die Grünanlage erreichen konnte. Er hatte ihnen auch die Namen der Museen genannt, in die sie mit Henry gehen sollten. Eine offene Frage war, wie und wohin sie Henrys Mitbewohner einladen sollten, darauf legten sie großen Wert, wie Henry uns sagte. Auch George wollten sie einladen, um die Gastlichkeit seiner Eltern zu

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