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Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen (German Edition)

Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen (German Edition)

Titel: Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Arendt
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ganz zufrieden und merkte überhaupt nicht, daß da so etwas wie eine »Inkonsequenz» zutage trat. Wir werden sehen, daß diese schaurige Begabung, sich mit Klischees zu trösten, ihn auch in der Stunde seines Todes nicht verließ.

IV Lösung der Judenfrage:
Erste Phase – Vertreibung
    Ein Prozeß in angelsächsischen Ländern – und die israelische Prozeßordnung stammt aus der englischen Mandatszeit – setzt voraus, daß Anklage und Verteidigung in ständigem Gegeneinander die Tatbestände aufdecken und so das Gericht instand setzen, zu einem gerechten Urteil zu kommen. Hätte die Verteidigung in diesem Prozeß, gestützt auf ihr eigenes Beweismaterial, eine Darstellung von Eichmanns Tätigkeit in Wien gegeben, so könnte man jetzt dazu übergehen, anhand dieser Version zu untersuchen, ob Eichmanns groteske Vorstellungen von einer idyllischen Zusammenarbeit mit den jüdischen Funktionären einzig seiner individuellen Verlogenheit zuzuschreiben waren. Zwar war der Tatbestand, der Eichmann an den Galgen bringen sollte, lange vor Beginn des Prozesses zweifelsfrei erwiesen und allen bekannt, die sich jemals mit dem Naziregime beschäftigt hatten. (Die über das Bekannte hinausgehenden Taten Eichmanns, die zu beweisen der Staatsanwalt sich bemühte, sind zum Teil in die Urteilsbegründung aufgenommen worden, konnten aber als bewiesen nur darum gelten, weil für die unter dem Ausnahmegesetz von 1950 abgehandelten Verbrechen eine erheblich gelockerte Beweisführung ausdrücklich zugelassen war.) Für den Ausgang des Verfahrens hätte also auch eine erheblich aktivere Verteidigung kaum einen Unterschied gemacht, aber der Fall Eichmann, den man vielleicht von dem Eichmann-Prozeß einmal unterscheiden kann, hätte doch erheblich anders ausgesehen, wenn gewisse, allgemein bekannte Tatsachen zur Sprache gekommen wären, die Dr. Servatius, aus welchen Gründen immer, unberücksichtigt ließ.
    Hierher gehört vor allem das Durcheinander, das in Eichmanns Kopf in bezug auf seine Spezialität, die Judenfrage, herrschte. Über seine Tätigkeit in Wien ließ er sich dem vorsitzenden Richter gegenüber im Kreuzverhör wie folgt vernehmen:
    »… ich sah in dem Juden einen Gegner, das ist richtig, wo eine Lösung gefunden werden mußte, die beiden Teilen gerecht war, und ich nahm hier dauernd Bezug auf die selbst im Judentum vorhandenen Bestrebungen und Wünsche, eigenen Grund und Boden, ein eigenes Land unter die Füße zu bekommen und schloß mich dieser Meinung voll und ganz an und darauf basierte meine Mitarbeit und meine freudige Mitarbeit im Hinblick auf den Versuch zur Lösung dieser Angelegenheit.«
    Aus diesem Grunde hätten sie eben wirklich alle »an einem Strang gezogen«, und ihre Tätigkeit habe auf Gegenseitigkeit beruht. Auch wenn vielleicht nicht alle Juden das verstanden hätten, es habe doch schließlich im eigenen Interesse der Juden gelegen, aus dem Lande herauszukommen; und er sei stets »bemüht [gewesen], diesen jüdischen Funktionären zu helfen«. Die »Idealisten« unter ihnen, also die Zionisten, habe er respektiert und als seinesgleichen behandelt, er habe stets mit Geduld und Interesse »die Klagen und die ewigen Mahnungen um Unterstützung seitens der jüdischen Funktionäre gehört«, und seine »Versprechungen« habe er gehalten, soweit er konnte – »das vergessen die Leute jetzt gern«. Wer hatte denn Hunderttausende von Juden gerettet, wenn nicht er? War es nicht seinem Eifer, seinem Organisationstalent zu danken, wenn sie damals noch rechtzeitig entkommen konnten? Wohl habe er damals die spätere »Endlösung« nicht voraussehen können, aber gerettet hatte er diese Juden, das war einfach eine »Tatsache«. (Eichmanns Sohn, der während des Prozesses in den Vereinigten Staaten ein Presse-Interview gab, hat amerikanischen Journalisten genau die gleiche Geschichte erzählt – es scheint eine Art Familienlegende gewesen zu sein.)
    Man kann sich in gewisser Hinsicht recht gut vorstellen, weshalb der Verteidiger Eichmanns Version von seinen Beziehungen zu den Zionisten nicht noch eigens zu untermauern versucht hat. Gerade in diesem Zusammenhang – wie auch bereits im Sassen-Interview – gab ja Eichmann zu, daß er »diesen Auftrag nicht mit der Gleichgültigkeit eines Ochsen entgegengenommen hätte, den man in den Stall führt«, er sei eben aus anderem Zeug gemacht als einige seiner Kameraden, die
    »aber auch nicht ein, sagen wir ein fundamentales Buch [wie Herzls ›Judenstaat‹] gelesen,

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