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Eidernebel

Eidernebel

Titel: Eidernebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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Engpass aufs Grundstück zu kommen, und biegt danach gleich zu seinen Kollegen ab.
    »Die Hauptüberwachungsposten habe ich an der Straße direkt gegenüber und vor der Pforte am zweiten Eingang aufstellen lassen«, hört er Helene Klein sagen, als er nur noch wenige Meter entfernt ist.
    »Wo denn, wo?«, fragt Püchel, hektisch wie immer. »Ich seh nichts!«
    »Die schwarzen Lieferwagen mit den getönten Scheiben. Die Beamten vom LKA Kiel fotografieren von da aus alle Besucher und machen zusätzlich Videoaufnahmen. Letzte Woche wurden von ihnen zusätzlich mehre versteckte Videokameras im Innenraum der Kirche installiert. Über Funk können alle Bilder von dort in den Fahrzeugen aufgezeichnet werden.«
    »Hoffentlich halten die Presseleute sich heute etwas zurück«, ergänzt Colditz, »es wäre kontraproduktiv, wenn wir einerseits den Mörder anlocken und ihn auf der anderen Seite gleich wieder in die Flucht schlagen.«
    »Jan, kannst du denen nicht ins Gewissen reden?«, ruft der Polizeirat, als er Swensen kommen sieht. »Frau Teske von der Husumer Rundschau hab ich übrigens hier schon rumschwirren sehen.«
    »Es gibt eine freie Presse, Heinz«, antwortet der knapp.
    Püchel zieht ärgerlich an seiner Zigarette, sagt aber nichts.
    »Auf alle Fälle, keine Pressekameras in der Kirche!«, befiehlt Colditz.
    Swensen nickt, schlendert zur anderen Seite des Kirchengebäudes und nimmt sich die Journalisten, einer nach dem anderen, vor. In den Gesprächen entgeht es ihm nicht, dass Maria Teske versucht, sich hinter einer Gruppe Kirchgänger, die sich um das Gedenkkreuz für die ermordete Andrea Goldschmidt versammelt haben, unsichtbar zu machen. Er schneidet ihr den Fluchtweg ab, indem er von der Kirchentür aus direkt auf die Zeitungsfrau zusteuert.
    »Frau Teske, wie schön, dass Sie mich gefunden haben«, grüßt er die Journalistin mit einem Lächeln.
    »Da ist leider einiges schiefgelaufen, Herr Swensen!« Die Stimme der Journalistin klingt gepresst. »Ich hab das damals selbst nicht überblickt, ehrlich.«
    »Übrigens, das Fotografieren in der Kirche ist verboten. Sollte Sie nebenbei ein schlechtes Gewissen plagen, können Sie jetzt bei mir beichten, zum Beispiel, warum Sie den Zusammenhang von Ihrer Bitte nach einem Phantombildzeichner und dem Mordfall Reimersbude verschwiegen haben.«
    »Ich war überzeugt, dass Sie mir das nicht glauben würden, Herr Swensen. Wenn Sie wüssten, wie viele Monate ich gebraucht habe, damit mein Chef dem Thema überhaupt zustimmt.«
    »Die Frau hatte vorher wirklich keinen Kontakt zu der Ermordeten? Wie erklären Sie sich denn, dass sie etwas über die Ermordung der Organspenderin weiß?«
    »Wie das biologisch funktioniert, weiß ich nicht. Aber bei meinen Recherchen bin ich auf amerikanische Wissenschaftler gestoßen, die dieses Phänomen mit dem Erinnerungsvermögen unserer Zellen erklären. Der Neurokardiologe Dr. Pearsall hat beispielsweise innerhalb der letzten zehn Jahre 23 Herztransplantationen dokumentiert, bei denen sich die Erfahrungen von Empfängern und Spendern vermischt haben, was sich besonders häufig in Träumen gezeigt hat.«
    »Der Buddha soll gesagt haben: Glaube nichts auf bloßes Hörensagen hin.«
    »Wenn Sie persönlich mit Frau Blau geredet hätten, würden Sie das anders sehen, Herr Swensen.«
    »Aha, sie heißt also Lisa Blau! Das ist ja schon mal ein Anfang. Aber ich habe beim besten Willen im Moment keine Zeit mit ihrer ominösen Zeugin zu reden. Unsere Mordfälle verlangen unseren ganzen Einsatz. Also bis dann, Frau Teske.«
     
    Die Kirchenglocken beginnen zu läuten. Der Hauptkommissar sieht Anna von der Dorfstraße aus auf die Kirche zueilen, winkt ihr noch kurz zu und geht zurück auf die andere Seite des Gebäudes. Auf halbem Weg kommen ihm Püchel und Colditz entgegen, die ebenfalls am Gottesdienst teilnehmen wollen. Der Kriminalist nickt ihnen im Vorbeigehen zu, während der ohrenbetäubende Klang der Glocken durch seinen Körper vibriert. Trotz der Lautstärke hört er seinen Meister klar und deutlich sprechen, als würde der die Situation in der Kirche kommentieren.
     
    »Selbstlose Entschlossenheit, die Buddha-Natur zu erlangen, ist Bodhichitta. Bodhi bedeutet ›wach‹ oder ›wachsam‹, und Chitta bedeutet ›Herz‹. Bodhichitta ist also ›das erwachte Herz‹, das von Weisheit und Erbarmen in Stücke geschnitten wurde, denn wir können lieben was wir wollen, solange wir uns nur eine offene Wunde bewahren. Genau auf diese Weise

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