Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eidernebel

Eidernebel

Titel: Eidernebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
Vom Netzwerk:
der Frühbesprechung behandelt?«
    »Weil wir unsere Opfer immer gefunden haben, bevor wir auf ihre Vermisstenanzeige gestoßen sind. Ich hab das damals intern mit Heinz Püchel besprochen. Die Husumer Vermisste ist noch nicht aufgetaucht, obwohl sie jetzt fast eine Woche verschwunden ist. Das passt also nicht in das Schema unserer Fälle. Die Frau wird im Moment als normaler Vermisstenfall behandelt.«
    »Aber dieser Tatort könnte wieder passen, oder?«, stellt Swensen fest. »Und Stephan müsste doch das Foto aus der Akte kennen. Vielleicht wirft er kurz einen Blick auf die Tote. Wo ist der eigentlich?«
    »Bei den Gaffern hinter dem Absperrband«, erklärt Colditz, »zeigt dort unser Phantombild rum. Er dachte, es wäre gut, die Leute nach dem Typen zu befragen, der hier in der Gegend um die Kirchen schleicht.«
    »Okay, ich geh dann mal Stephan auftreiben«, stellt Swensen fest, marschiert wortlos am rauchenden Polizeirat vorbei und klettert über die Einzäunung des Kirchengrundstücks. Wenig später hat er Stephan Mielke in der Menschenmenge ausgemacht und eilt zu ihm hinüber.
    »Colditz hat mir gesteckt, dass du die Akte der vermissten Frau aus Husum auf den Tisch hattest?«, fragt Swensen.
    »Und? Was ist das Problem?«
    »Wäre gut, wenn du dir das Gesicht der Leiche ansehen könntest. Ich hab da so ’ne vage Ahnung.«
    »Ich hab ’ne bessere Idee«, entgegnet der Oberkommissar. »Die Kollegen von der Streife müssten alle ein Foto von der Frau im Wagen haben.«
    Ohne Swensens Antwort abzuwarten, winkt er den Streifenpolizisten Richter, der noch immer an der Kirchenpforte steht, heran und erklärt ihm den Sachverhalt. Der Mann läuft zum Streifenwagen hinüber. Swensen folgt ihm, kann durch die Frontscheibe sehen, wie er das Armaturenbrett durchwühlt und fündig wird. Mit dem Foto in der Hand steigt er aus dem Wagen. Der Hauptkommissar greift hastig danach. Eine blonde Frau, längliches Gesicht, dezent geschminkt, lächelt vom Hochglanzpapier. Ein kurzer Blick genügt, um aus Swensens Verdacht eine Gewissheit zu machen: Das ist eindeutig die Frau, die oben vor der Kirchentür liegt.
     
    Stephan Mielke sitzt angespannt hinter dem Lenkrad und drückt aufs Gaspedal. Der digitale Tacho zeigt 140 Stundenkilometer. Die Scheinwerfer des Dienstwagens schneiden eine milchig graue Schneise in die Dunkelheit, an den Rändern stürzen die farblosen Bäume am Seitenfenster vorbei. Swensen blickt in die Nacht, ohne wirklich zu sehen. In ihm läuft sein eigener Film. Er sieht, wie das Foto von der vermissten Frau von Hand zu Hand geht, sieht die Kollegen, die unentschlossen um die Leiche herumstehen. Wenig später rauscht Polizeirat Püchel heran, dass selbst seine Rauchwolke ihm nicht mehr folgen kann. Stakkatohaft sprudeln ihm die gewohnten Worthülsen aus dem Mund: »Ich muss euch doch nicht darauf hinweisen, das wir Ergebnisse brauchen, jetzt und nicht erst morgen. Ich mag mir gar nicht ausmalen was ist, wenn die Presse von dem neuen Fall Wind bekommt. Sechs Monate, die dritte ermordete Frau! Hier läuft ein durchgeknallter Killer herum, der Probleme mit der Kirche haben muss. Da muss es doch irgendwelche Hinweise geben. Dreht jeden Stein um, wir müssen endlich handfeste Spuren finden!«
    »Heinz! Möchtest du jetzt wieder selbst ermitteln?«, blockt Colditz süffisant ab.
    »Du weißt genau, worauf ich hinaus will, Jean-Claude!«
    »Du nervst nur unnötig, Heinz! Wir wissen schon, dass die Frau Franziska Giese heißt und bei Libo in Husum gearbeitet hat, obwohl sie keine Papiere dabei hat. Und das alles nach noch nicht mal zwei Stunden, schneller geht’s nun wirklich nicht.«
     
    »Ich fahr zuerst bei der Fliegerhorstkaserne vorbei«, holt Mielkes Stimme den Hauptkommissar aus seinen Gedanken zurück. Er realisiert die Geschwindigkeit, mit der sie unterwegs sind und die seine inneren Bilder mit sich fortreißt.
    »Wieso willst du dort zuerst hin?«, fragt Swensen und bittet: »Und kannst du ein bisschen langsamer fahren?«
    »Ich glaube, dieser Feldwebel müsste Bereitschaft haben«, überlegt der Oberkommissar und geht vom Gas. »Doch ja, ich bin mir jetzt ziemlich sicher. Mein Anruf bei dem Mann ist zwar schon etwas her, aber er hat mir damals seinen Dienstplan gegeben, damit ich ihn sofort erreichen kann, wenn es Neuigkeiten von seiner Frau gibt.«
    Links huscht die hell erleuchtete Messehalle vorbei. Mielke steuert den Dienstwagen auf die Ausfahrt, biegt auf die Flensburger Chaussee, fährt die Straße

Weitere Kostenlose Bücher