Eifel-Gold
Marsmännchen, also sehr klein, also winzig klein, also ...«
»... so winzig«, sagte Cosima ernsthaft, »daß du es vielleicht gar nicht siehst.«
»Sooo winzig«, sagte jetzt Elsa lächelnd, »daß du es vielleicht schon in der Hosentasche hast und es gar nicht merkst.«
»Aha«, sagte ich und überlegte, ob es eine Möglichkeit gab, an diesen Pfarrer heranzukommen.
»Du mußt die Tür ganz vorsichtig aufmachen«, befahl Nora.
»Das mache ich«, versprach ich.
Ich machte die Tür wirklich sehr vorsichtig auf, und natürlich sah ich zunächst nichts Besonderes, nichts fiel mir auf. Ich nahm das Telefon, setzte mich an den Schreibtisch und bat: »Laßt mich bitte eben telefonieren, dann spiele ich mit euch.«
Es wurde nichts daraus. Zuerst sah ich ein fuchsrotes Köpfchen, vielleicht vier Zentimeter im Durchmesser. Das beschnupperte meinen rechten Schuh. Dann folgte ein durchaus gut gefülltes Bäuchlein. Dann ein Hinterleib, der in seiner erbärmlichen Dürre zusammen mit einem erbärmlichen Schwanz den Eindruck machte, als bestehe das halbe Tier aus einer halbverhungerten Kanalratte.
»Das ist Momo«, erklärte Nora feierlich.
»Wir haben sie Momo genannt. Sie ist fünf Wochen alt«, sagte Cosima.
»Und Toms Vater«, sagte Elsa, »hat festgestellt, daß es ein Mädchen ist.«
»Ihr seid verrückt«, murmelte ich gerührt. »Hat sich ... ich meine, keine Spur von Krümel?«
Elsa schüttelte den Kopf.
»Und Momo ist wirklich ein Mädchen?« fragte ich.
»Du kannst ja den Schwanz hochheben und nachgucken«, schlug Cosima vor.
»Ich bin im Moment nicht dazu aufgelegt, Katzen die Schwänze zu heben. Ihr seid richtig klasse!« Ich nahm diese Mischung aus Ratte und fuchsiger Katze und stellte sie auf den Schreibtisch.
Plötzlich nahm die Natur ihren Lauf. Das reizende Kätzchen namens Momo, genau in der Mitte der ledernen Schreibtischunterlage postiert, hob anmutig den Schwanz, stellte die Hinterläufe leicht auseinander und kackte traumverloren vor sich hin. Sie hatte Durchfall, es stank gewaltig.
»Sie braucht eine Wurmkur«, stellte ich fest.
»Och, mein Schätzchen«, jubelte Cosima.
»Kann man so etwas kaufen?« fragte Elsa.
»Kann man. Aber du kannst auch Dr. Schneider in Gerolstein anrufen. Kann sein, daß der hier in der Gegend ist. Er hat so etwas immer bei sich, die Telefonnummer ist in der Kartei. Und wer räumt die Scheiße weg?«
»Ich«, sagte Nora heldenhaft.
»Das ist toll. Ich freue mich, daß sie mir nicht auf das Telefon geschissen hat. Wo ist Marker?«
»Konferiert mit diesem Oberstaatsanwalt und der ganzen Kommission.«
»Und Rodenstock?«
»Im Garten. Wenn du Kaffee willst, es ist noch etwas in der Küche. Gibt es Neues?«
»Ja.«
Die Katze namens Momo fing jetzt an, ihrem Instinkt nachzukommen und versuchte, ihre Exkremente zuzukratzen, was auf dem Schreibtisch schlecht möglich war. Es entstand eine Art stinkendes Chaos, und ich flüchtete. Das heißt, ich wollte flüchten. Doch plötzlich schrie Elsa fassungslos: »Krümel!«, und besagte Krümel kam durch die Tür geschlichen, maunzte laut, war verdammt mager und trug ihren Schwanz wie ein U-Boot sein Sehrohr.
»Das fasse ich nicht«, rief ich. »Krümel-Liebling! Wo warst du denn?«
Sie kam und maunzte und rieb ihren Körper an meinen Beinen. Dann roch sie die Bescherung auf dem Schreibtisch, und zu allem Unglück linste Momo über den Tischrand.
Ich wollte aufspringen, aber das mißlang. Krümel stieß einen hohen spitzen Schrei aus und knurrte wie der Goldwyn-Löwe. Momo fiel ihr exakt und laut jaulend vor die Füße. Krümel schlug einmal kräftig zu, reckte den Schwanz hoch und ging tödlich beleidigt hinaus.
»Das darf nicht wahr sein«, hauchte Nora.
»Und jetzt?« fragte Cosima. »Müssen wir Momo zurückbringen?«
»Ach Quatsch!« entschied ich. »Momo bleibt hier.«
Alle schrien hurra, und ich hatte Gelegenheit, mich zurückzuziehen, während Elsa nach dem Tierarzt telefonierte.
Langsam war es so, als hätte ich eine große Familie, und ich konnte nicht sagen, daß es mir mißfiel. Rodenstock hockte zusammen mit Unger und Bettina unter der Birke. Ich berichtete ihnen, was geschehen war, und Unger sah endlich eine Chance. »Ich finde heraus, was dieser Pater Leppich mit hundertsechzigtausend Mark gemacht hat.«
»Gut«, sagte ich. »Aber bitte, Umwege gehen, nicht verschrecken, niemanden verprellen und nicht mit dem Presseausweis wedeln.«
»Kann ich mit?« fragte Bettina.
Ich betete insgeheim
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