Eifel-Jagd
einzigen
wasserdichten Beweis, aber ich konnte nicht mehr ruhig schlafen.«
Eine Weile herrschte Schweigen. Ich beobachtete den Rauch des
Feuers, der durch ein Loch in der Betondecke kräuselte. Das Knistern des Holzes
im Feuer schuf eine eigentümlich intime Spannung, als säÃen wir auf einem
anderen Planeten. Und tatsächlich saÃen wir wohl auf einem anderen Planeten und
lieÃen uns vom Eifelwald beschützen. Ich stellte mir vor, was Andreas Ballmann
alles durchgestanden hatte, und meine Hochachtung vor ihm wuchs. Im Grunde
hatte er nicht damit rechnen können, Mitstreiter zu finden, im Grunde war er
dazu verdammt gewesen, irgendwann versetzt zu werden und im Statistischen Landesamt
vor sich hinzuträumen.
»Haben Sie denn ... hast du denn die Cherie noch einmal
getroffen?« fragte Rodenstock.
Ballmann nahm einen längeren dünnen Ast und stocherte damit im
Feuer herum, dann nickte er bedächtig. »Habe ich. Und ich sage auch ganz offen,
daà zwischen Cherie und mir etwas war. Zumindest baute sich etwas auf. Sie
vertraute mir, und ich stand vor dem Problem, sie nicht hinters Licht führen zu
wollen. Aber erst einmal zu Cosima Steinicke. Das ist eine Powerfrau, die
nichts mehr im Leben überraschen kann. Sie ist erst siebenundfünfzig, wurde
aber in den Vorruhestand versetzt, obwohl sie das nicht wollte. Der Grund war
wohl, daà Kleve sie loswerden wollte. Sie neigte auf Einsatzbesprechungen zum
Widerspruch, und Kleve bezeichnete sie als renitent, aufsässig und nicht fähig
zur Teamarbeit. Jetzt hockt sie zu Hause. Ich habe ihr nicht eine Sekunde etwas
vorgemacht, ich habe meine Situation dargestellt, wie sie wirklich ist, und sie
gefragt, ob sie mir Auskunft geben will über einen bestimmten C 22-Fall:
Julius Berner. Ihre Reaktion verblüffte mich. Sie lachte schallend, und ihr
erster Kommentar lautete: Ogottogott, das gröÃte Fettnäpfchen Düsseldorfs. Da
wuÃte ich: Hier bin ich richtig ...«
»Tut mir leid«, fiel ihm Rodenstock hastig ins Wort. »Meine
Gefährtin ist Kriminalpolizistin, und zur Zeit ist sie in Düsseldorf unterwegs.
Sie muà das wissen, ich meine das mit der Cosima Steinicke. Kann ich die Adresse
und die Telefonnummer durchgeben?«
»Sicher«, sagte Ballmann ruhig.
Rodenstock nahm das Handy, und nach einer Weile sagte er: »Gut,
daà ich dich erwische. Du bist ja wahrscheinlich noch in Düsseldorf. Da gibt es
eine Kollegin ...« â »Ja? Wie bitte? Du weiÃt schon von Cosima Steinicke?«
â »Wie kannst du das?« â »Aha, aha. Dann ist gut. Komm heim.« Er unterbrach die
Verbindung und strahlte mich an: »Sie hat sich die Adressen der Pensionäre
organisiert und stieà selbst auf Cosima Steinicke. Jetzt kommt sie erst einmal
nach Hause.« Er wandte sich an Ballmann. »Entschuldige, aber das muÃte
abgeklärt werden.«
»Schon in Ordnung.« Andreas Ballmann machte einen gelösten
Eindruck. Es schien so, als sei er froh, sich endlich und eindeutig auf eine
Seite geschlagen zu haben. »Um die Sache etwas abzukürzen, ich erfuhr von
Cosima Steinicke, daà Julius Berner ein C 22-Fall war, seitdem Kleve bei
uns im LKA angefangen hatte. Kleve hatte Berner diesen Sonderstatus gegeben, um
den aus der Feuerlinie herauszukriegen. Er trug dem Innenminister Nordrhein-Westfalens
Berner als Informanten an. Kleve sagte, er werde Berner höchstpersönlich
steuern und dafür sorgen, daà Berner regelmäÃig und pünktlich seine Steuern
zahle. Der Minister war begeistert. Damit war Berner für den Rest seines Lebens
ein absolutes Tabu.«
»Und Kleve war der mächtigste Mann im LKA«, sagte Rodenstock
sinnierend.
»Genau. Denn er sicherte seine Position noch ab â mit einem
kinderleichten Trick: Kleve machte Berner zum Undercover Nummer eins.«
»GroÃer Gott!« hauchte Stefan Hommes. »Dieser Engländer ist
wirklich ein Schwein.«
»Na ja«, milderte Ballmann ab, »so einfach darfst du dir die
Sache nicht machen, denn Berner zog mit, Berner ist zweiter Mann in dem Team.
Praktisch sind sie unangreifbar. Wenn wir im Wirtschaftsbereich schwierige
Fälle hatten, setzte Kleve Berner ein. Und die Regel war, daà beide zusammen
die Fälle knackten. Hemmungslos gingen die beiden das nicht an. Sie sorgten in
jedem Fall dafür, daà sie Berners Spuren verwischen konnten. Berner trat nie
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