Eifel-Kreuz
Frankreich, sich
Jobs als Saisonarbeiter in den Weinbergen suchen. Sie fallen raus, sie haben
nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen nichts mit dem Fall zu tun.«
»Wie, um Gottes willen, konnte Dillinger damit leben, direkt
oder indirekt den Tod seines Sohnes mit verantwortet zu haben? Wie konnte er
das zulassen?«
»Das ist nicht erwiesen. Kischkewitz sagt, Pater Rufus und
Dillinger haben geduldet, dass die Polen sich darum kümmerten, dass die Leute
im roten Porsche schwiegen. Ob ihnen klar war, dass das zu einem Mord führen
würde und dass der eine Insasse Dillingers Sohn war, weià man nicht. Vielleicht
hatten sie wirklich keine Ahnung. Sie waren völlig darauf fixiert, die Polen
aufs Kreuz zu legen. Na ja, jetzt ist Dillinger am Ende, physisch, denn er wird
nie wieder vollständig auf die Beine kommen, wie auch psychisch. Und sowieso
den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringen.«
»Was ist eigentlich mit dem Gymnasium?«
»Was soll damit sein? Das wird weiterlaufen wie eh und
je. Die Leitung hat eine Verlautbarung herausgegeben, dass die Schule nichts
von den Machenschaften Pater Rufusâ gewusst hat. Das ist wahrscheinlich glatt
gelogen, aber jetzt geht es vor allem darum, alles so schnell wie möglich vergessen
zu machen. Noli me tangere, sagen die
Lateiner, rühr mich nicht an. Um aber zu deinem Problem zurückzukommen â wir
haben es also mit zwei Tätergruppen zu tun: einmal mit der, die Sven und
Gabriele erschossen hat und Sven kreuzigte. Und dann mit der, die Dillinger und
Rufus angegriffen hat. Alle wurden aber nach meiner Ãberzeugung von den gleichen
Auftraggebern losgeschickt, einmal mehr oder weniger auf Geheià Dillingers und
Pater Rufusâ, das zweite Mal natürlich nicht.«
Ich seufzte. »Gönnen wir uns eine Pause. Bis später.«
Ich hockte mich in den Schatten der Linde, rauchte eine
Pfeife, dachte über das nach, was mir in diesem Fall wirklich fehlte, fand es
nicht, dachte an Maria, versuchte, mich in Sven Dillinger hineinzuversetzen,
scheiterte, weil ich viel zu fahrig und sprunghaft in meinen Gedanken war. Ich
hatte das Gefühl, etwas zu übersehen, obwohl es klar und einfach vor mir lag.
Ich musste etwas unternehmen, mich bewegen, mich ablenken.
Was konnte ich noch tun? Genau das, was ich schon längst hatte machen wollen:
Wandas Verstecke suchen.
Ich rief die Kreisverwaltung an und verlangte nach Manfred
Simon. Er herrschte über eine Internetbörse. Die Seiten listeten sämtliche
alten Gebäude im Kreisgebiet auf, die leer und zum Verkauf standen, aber deren
Restaurierung richtige Schmuckstücke hervorbringen konnte. Ziel war es, einer
Verödung der Dörfer, die mit dem Niedergang der Landwirtschaft eingesetzt
hatte, entgegenzuwirken.
»Ich habe ein Problem«, sagte ich. »Ich suche nach Kellerräumen,
die sich Jugendliche zu ihrem Treffpunkt auserkoren haben könnten. Es handelt
sich nicht um Rauschgiftsüchtige oder Dealer, es geht eigentlich um ganz
normale Jugendliche, die sich einen Raum mit einfachsten Mitteln gemütlich
einrichten, um sich dort zu treffen, miteinander ein Bier zu trinken und zu
quatschen.«
»Du lieber Himmel! Wir haben sechzig leer stehende Gebäude
ausgewiesen. Alte, kleine Katen, manchmal auch Bauernhäuser mit Nebengebäuden.«
»Ich suche Häuser, die man betreten kann, ohne vom Dorf
aus gesehen zu werden.«
»Das heiÃt Gebäude, die an der Peripherie liegen, die einen
Zugang übers Feld oder vom Wald aus haben.« Er lachte. »Sie recherchieren
diesen Fall der Kreuzigung, nicht wahr?«
»Genau. Und ich erzähle Ihnen jetzt was: Eine Frau ist einige
Tage versteckt worden, die Gründe sind unwichtig. Sie weià nicht, wo sie war,
aber sie beschreibt, dass sie in einem Kellerraum saà und dass vor dem Haus
eine Gasse vorbeiführte. Sie wurde nachts dorthin gebracht, in einem Auto mit
einem auffälligen Motor, einem Porsche.«
»Ach du meine Güte, eigentlich haben wir heute kaum mehr
Gassen in den Dörfern. Allenfalls Durchgänge zwischen Häusern, die nie
asphaltiert worden sind. Ich fürchte, ich kann Ihnen kaum weiterhelfen. Bei den
Objekten, die über unser Portal angeboten werden, wohnen oft genug die
derzeitigen Besitzer nebenan. In der Regel alte Leute, die Erinnerungen mit
ihren Häusern verbinden. Denen würde doch sofort auffallen, wenn sich jemand
Zugang zu ihrem
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