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Eifel-Kreuz

Eifel-Kreuz

Titel: Eifel-Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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ist
abartig.«
    Â»War Sven denn an dem Kreuzigungsthema besonders interessiert?«
    Â»Eindeutig nein. Sagen Sie mal, für welches Blatt schreiben
Sie eigentlich?«
    Â»Für das Nachrichtenmagazin aus Hamburg. Aber es ist
absolut nicht sicher, dass die Geschichte überhaupt gedruckt wird. In jedem
Fall kann ich Ihnen versichern, dass ich Sie nicht zitieren werde. Ich stehe
nicht unter dem Druck der Zeitungsschreiber, mir geht es mehr um Hintergründe.
Und im Moment suche ich einen Schlüssel in das Leben des Sven Dillinger.«
    Er überlegte eine Weile, nickte dann nur.
    Zum ersten Mal bemerkte ich eine gewisse Starre in seinen
Augen. Es schien so, als sei er gar nicht da, als sei er mit anderen Dingen
beschäftigt.
    Â»Was war Sven für ein Mensch?«, fragte ich weiter.
    Er lächelte schmal und antwortete: »Ein Alphatier.«
    Â»Für einen Kirchenmann ist das eine etwas seltsame Auskunft«,
sagte ich.
    Nun grinste er. »Mag sein. Aber Sven ist … er war ein
Typ, der immer das Sagen hatte. Es geschah ganz selbstverständlich, dass er zum
Anführer gemacht wurde. Und natürlich genoss er das.«
    Â»Bei welchen Themen wurde er Anführer? Bei so Sachen wie
der Gestaltung der Schülerzeitung?«
    Â»Nein, nein. Bei schlichtweg allen Themen. Er war ja körperlich
nicht der Kräftigste. Aber er brachte die stärksten Typen dazu, sich ihm
unterzuordnen. Alexander Wienholt zum Beispiel. Der Alex ist ein Zweimetermann,
der noch nicht so richtig begriffen hat, dass er mit einem begeisterten
Händedruck eine Hand zerquetschen kann. Der hatte zunächst was gegen Sven. Ich
weiß nicht, warum, vielleicht spielte ein Mädchen eine Rolle. Auf jeden Fall
flog Sven in der großen Pause plötzlich quer über den Schulhof. Alex hatte mal
eben zugelangt. Sven sagte kein Wort, Alex auch nicht. Vierundzwanzig Stunden
später sehe ich die beiden zusammen auf dem Pausenhof stehen, Alex lauschte
Svens Worten und wirkte wie ein friedvoller Dackel. Was ich damit sagen will:
Sven hat jeden auf seine Seite gezogen, jeden, den er wollte.«
    Â»Bezieht sich das auch auf Mädchen?«
    Â»Durchaus. Allerdings mit nicht ganz komplikationsfreien Begleiterscheinungen.
Es gab Zickenkriege noch und nöcher, zum Teil unerträglich. Wenn Sie vor einer
Klasse stehen und eine Antwort auf die Frage erwarten, warum im alten Palästina
die Frauen in der Sippe eine große Macht besaßen, und wenn dann eine Schülerin
sich meldet und sagt: ›Ich finde Tanjas Antwort von eben richtig mies
bürgerlich und beschissen‹, dann stehen Sie ziemlich dumm herum, wenn Sie das
ernst nehmen, weil Sie nicht wissen, dass zwischen den beiden Damen gerade ein
heftiger Krieg tobt.«
    Â»Hatte Sven denn eine feste Freundin?«
    Er sah mich konzentriert an, ohne mich wirklich wahrzunehmen.
Schließlich zuckte er zusammen und fragte: »Entschuldigung, aber wo war ich
gerade?«
    Â»Bei der Frage, ob Sven eine Freundin hatte.«
    Â»In dem Sinne, dass er mit einem Mädchen fest ging,
nicht. Aber er hatte eine Favoritin. Und es war typisch für ihn, dass er diese
junge Frau seine Schwachstelle nannte. Das wiederum hatte zur Folge, dass sich
die junge Dame für eine Woche krankschreiben ließ. Sie war tödlich beleidigt.«
    Â»Sagen Sie, ging das so weit, dass er mit den Mädchen
schlief?«
    Er schüttelte sich leicht. »Das weiß ich nicht, aber ich
nehme es an.«
    Â»Was bringt Sie zu der Annahme?«
    Â»Na ja, Sven war so ungeheuer lebenslustig, so lebensbejahend.
Die Ehelosigkeit katholischer Priester bezeichnete er als eine nervtötende
Idiotie. Er nannte sie die entscheidende Fehlhaltung in der Entwicklung der
Gesellschaft.«
    Â»Mit solchen Bemerkungen ist er nicht von der Schule geflogen?«
    Â»Nein. Die Lehrer mochten ihn. Wir waren uns alle einig,
er sei krass, aber er müsse sich nur die Hörner abstoßen. Nun ja, in Wahrheit
ist das nicht der eigentliche Grund, weshalb er nicht … weshalb er nicht
verstoßen wurde.«
    Â»Und was war der Grund?«
    Â»Sein Vater unterstützt die Schule mit großen Summen.
Geld stinkt bekanntlich nicht.«
    Â»Was verstehen Sie unter einer großen Summe?«
    Â»Man munkelt von einem sechsstelligen Betrag. Jedes
Jahr.«
    Â»Wusste Sven davon?«
    Â»Ich denke, ja. Warum auch nicht?«
    Â»Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sven Teil einer Clique
war. Wie

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