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Eifel-Kreuz

Eifel-Kreuz

Titel: Eifel-Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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waren das nichts anderes als Gespräche einer kleinen Unternehmerin
mit ihrem Majordomus. ›Was ist in Bonn los? Wie geht es zu Hause?‹ Gegenfrage
von Herbert: ›Wo treibt ihr euch herum?‹ Antwort grundsätzlich keine. Herbert
hat nie gewusst, wo die beiden sich aufhielten, ob in Polen oder in der Eifel.
Das heißt, wir können die zeitlichen Lücken nicht schließen.«
    Â»Einbahnstraße. Wir kommen nicht weiter«, stellte Rodenstock
fest.
    Â»Und Julia Dillinger?«, fragte Emma.
    Â»Du lieber Himmel, sie ist allein in meinem Haus. Ich habe
sie vollkommen vergessen«, antwortete ich. Mir fiel etwas ein. »Sie ist ja ein
bisschen anders als die anderen«, sagte ich langsam. »Sie beschreibt nicht
alles mit Friede, Freude, Eierkuchen. Zum Beispiel meint sie, dass Gabriele
Sikorski Sven Unglück brachte. Sie ist die Einzige, die den Stress mit den
Eltern auf den Punkt bringt und sagt, ihre Mutter labert nur rum und mit dem
Vater kann man gar nicht reden. Auf ihre Weise ist sie genauso strikt wie
Dickie Monschan, die sofort offenlegte, sie sei von ihrem Vater missbraucht
worden, außerdem sei er Alkoholiker. Das hilft uns aber nicht weiter. Wir
könnten noch mit Marlene Lüttich, Sarah Schmidt oder Karsten Bleibtreu reden,
die kennen wir noch nicht. Allerdings wage ich zu bezweifeln, dass wir Neues
erfahren. Wir müssen jetzt die Entscheidung treffen, ob wir auf die Gangsterseite
wechseln und unser Recherchenfeld neu aufrollen. Wenn wir das tun, dann aber
bitte nicht allein, denn das wird kein Spaß.«
    Â»Eine schöne Rede«, sagte Rodenstock. »Bring doch Julia
einmal her, vielleicht gelingt es Emma, noch mehr aus ihr herauszuholen.«
    Â»Ich fahre mit dir«, nickte Emma.
    Â»Gut. Dann nehme ich mir zwei Stunden am Teich«, entschied
ich.

    Â 
    Julia saß in einem Plastiksessel im Garten und
wurde augenscheinlich nervös, als sie Emma hinter mir auftauchen sah. Obwohl
sie sie am Abend vorher schon kennengelernt hatte und kein schlechtes Bild von
ihr haben konnte, zog sie die Schultern hoch, ihre Hände begannen ein nervöses
Spiel und sie sah Emma gar nicht an, sie war bemüht, so zu tun, als sei sie
nicht da.
    Â»Meine Freundin Emma kennst du schon«, sagte ich. »Ich
muss vermutlich für eine längere Zeit fort, aber du kannst bei Emma in Heyroth
absteigen. Dort ist es wie hier, nichts wird sich ändern, keiner dich
belästigen.«
    Â»Ja, ja«, sagte sie tonlos. Ihr Gesicht blieb ohne
Ausdruck.
    Ruhig sagte Emma: »Du hast deinen Bruder verloren, jetzt hast
du Angst. Man kann etwas gegen diese Angst tun.«
    Â»Und was, bitte?« Das kam ruppig und trotzig daher.
    Â»Man kann über die Angst reden«, sagte Emma. »Die Angst
verliert sich vielleicht nicht gleich beim ersten Mal, aber vielleicht beim
dritten oder vierten Mal.«
    Nach einer langen Pause setzte sie hinzu: »Komm mit nach
Heyroth, du bekommst ein Zimmer für dich allein und kannst schweigen, solange
du willst.«
    Â»Ich habe noch Clarissas Klamotten«, entgegnete sie und
sah mich an.
    Â»Kein Problem. Behalte sie.«
    Es dauerte erneut eine Weile, bis sie seufzte: »Also
gut.«
    Kurz darauf stiegen die beiden in Emmas Auto und fuhren
fort. Irgendwie fühlte ich mich besser, jetzt, da ich Julia in Emmas Obhut
wusste. Emma war der große menschliche Faktor in unserer Familie.
    Ich trug den Plastiksessel unter die Linde und starrte
auf den Teich. Doch ich hatte keine Ruhe. Ich stand wieder auf und stellte den
Gartenschlauch an, der mit einem beruhigenden Plätschern meinen Fischen etwas
Sauerstoff gab. Sie kamen sofort und begannen zu spielen, schwammen aufgeregt
in den Wasserstrahl, machten blitzschnelle Kehrtwendungen, um erneut den Strahl
zu kreuzen. So machte das Leben Spaß, so konnte es weitergehen.
    Der Riesenschachtelhalm schickte vier große Triebe in den
Dschungel aus wildem Reis und langblättrigen Gräsern. Mitten darin hatte sich
eine Schlangenwurz breitgemacht und trieb ihre lanzettförmigen Blätter steil
nach oben. An einem dieser Blätter klebte die Hülle einer Libellenlarve.
Wahrscheinlich war es ihr ehemaliger Bewohner, der jetzt seine aufgeregten
Flüge dicht vor meinen Augen vollführte und dabei wie ein Hubschrauber in der
Luft stillstand, um sich genau zu begucken, was diese großen Menschen denn Besonderes
an sich haben. Gänzlich furchtlos schoss die Libelle bis auf

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