Eifel-Krieg
lebenslang verdammt weh.«
»Was soll das? Wie soll ich Ihnen helfen?«, fragte er und ließ den rechten Zeigefinger und den Mittelfinger auf der Tischplatte spazieren gehen. Er wirkte wie ein trotziges Kind. Er hatte ganz schmale Lippen, und es war deutlich, dass ihm die Sache überhaupt nicht in den Kram passte. Er hatte ein Problem, und dieses Problem hieß Baumeister. Er war nervös, seine hellen Augen waren ständig in Bewegung, und er konnte mich nicht anschauen. »Also, die Frau ist weg, sagen Sie. Davon habe ich aber keine Ahnung. Glauben Sie, ich bin so blöd und halte eine Staatsanwältin hier fest?«
»Wie blöd Sie genau sind, weiß ich nicht. Wir machen es so, dass wir beide herumgehen und jede Tür öffnen, auf die wir treffen. Einfach jede.«
»Unmöglich«, sagte er schnell. »Das geht überhaupt nicht, wir haben immer noch viele Gäste im Haus. Kommen Sie morgen wieder, dann sind die Gäste alle weg.«
»Bei Ihrem Intelligenzquotienten ist gespart worden. Wir gehen jetzt«, bestimmte ich. »Sie gehen vor mir her.«
»Und dann?«
»Dann öffnen wir Türen, mein Freund. Jede Tür. Und Sie halten jetzt den Mund und gehen vor mir her. Zuerst will ich in Weidemanns Appartement.«
»Ganz unmöglich«, sagte er schnell. »Die Frau Staatsanwältin ist nicht hier in der Anlage. Das wüsste ich!«
»Wir gehen jetzt«, sagte ich. »Dahin, wo Weidemann gewohnt hat.« Ich ging an die Tür zum Hof und drückte sie auf.
Er seufzte und kam zu mir. »Weidemanns Appartement ist da drüben!« Er zeigte quer über den großen Hof. »Er hatte aber das Appartement immer abgeschlossen, der Generalschlüssel hängt im Empfang. Die Herren von der Kriminalpolizei haben sich das längst schon alles angesehen.«
»Sie haben die Hosen voll, nicht wahr?«
»Ich weiß nicht, was hier läuft«, entgegnete er erstaunlich beherrscht.
»Sie kommen aus dieser Nummer nie mehr raus«, murmelte ich. »Vielleicht ist es Ihre letzte Nummer auf diesem Bauernhof. Also, zum Empfang.«
»Dann nach links«, sagte er. »Die fünfte Tür. Steht drüber.«
»Sie gehen vor mir her«, sagte ich. »Wenn Sie tricksen, schieße ich ihnen ins Kreuz, darauf können Sie Gift nehmen.« Das war eine dieser furchtbaren Übertreibungen, die ich immer schon gehasst hatte. Jetzt fiel sie mir nur auf, weil sie nach allem klang, was ich bei Typen wie Glaubrecht erwartete.
Er ging vor mir her.
»Waren Sie dabei, als Weidemann umgelegt wurde?«, fragte ich.
Er drehte sich empört zu mir um. »Ach, Sie haben doch keine Ahnung!«, stieß er hervor.
Ein Kunstschmied hatte das Wort
Empfang
in Rundeisen geformt und mit Lack übertüncht. Es war über der Tür an einer Eisenfahne festgemacht. Das wirkte ein wenig, als wäre es aus dem Mittelalter übernommen worden, wenngleich es das Wort damals noch nicht gegeben haben dürfte.
Glaubrecht öffnete die Tür, ging die drei Schritte bis zu einem hohen Tresen und sagte: »Den Generalschlüssel Weidemann, bitte.« Die junge Frau hinter dem Tresen reichte ihm einen Schlüsselbund, er sagte nichts, drehte sich um und ging wieder an mir vorbei zur Tür.
Wir querten den Hof, dann blieben wir plötzlich stehen, weil ein Streifenwagen mit hoher Geschwindigkeit und Blaulicht die Straße hochfegte, durch das Tor schoss, scharf an uns vorbeifuhr und den Hof an der anderen Seite zum Wald wieder verließ.
Dieses Manöver kannte ich bereits: Das Anwesen war jetzt im Rücken gesichert. Sollte jemand versuchen, von hier zu flüchten, hätte er nun die Seiten und damit die offenen Felder wählen müssen. Ein aussichtsloses Unterfangen.
Dann kam ein zweiter Streifenwagen mit Blaulicht und stellte sich unmittelbar neben die Einfahrt. Es folgten vier PKW, die gleich in den Hof fuhren. Beamte der Mordkommission stiegen aus, unter ihnen Kischkewitz und Holger Patt. Sie fackelten nicht lange, näherten sich freundlich den Gästen im Café und im Restaurant. Die Beamten würden sich Personalausweise zeigen lassen und Namen abgleichen.
»Meine Damen und Herren«, röhrte Kischkewitz freundlich. »Das ist eine von der Staatsanwaltschaft angeordnete Durchsuchung, die auch Ihrer Sicherheit dient. Sie können nach der kurzen Kontrolle selbstverständlich ungehindert zu ihren Fahrzeugen gehen und wegfahren, wenn Sie das möchten. Ich danke Ihnen für Ihr Verständnis.«
»Ach du Scheiße«, raunte Veit Glaubrecht. »Was soll das denn jetzt schon wieder?«
»Sie haben es doch gerne lebhaft, mein Freund«, erwiderte ich. »Sie
Weitere Kostenlose Bücher