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Eifel-Schnee

Eifel-Schnee

Titel: Eifel-Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Stoff zu übernehmen. Und darin waren sie Klasse. Sie trafen sich niemals richtig, sie machten Stipvisitendeals. Sie fuhren ihre Karren auf einem Wirtschaftsweg oder einer Nebenstraße aneinander vorbei, machten die Fenster auf und kriegten das Zeug in den Wagen geschmissen.«
    »Und das Geld.«
    »Das Geld läuft immer getrennt. Das kriegt man dann, wenn man sich zum nächsten Mal trifft. Und man kriegt es auf die gleiche Tour. So kannst du niemals was nachweisen, die Bullen könnten hundert Meter entfernt stehen, sie hätten keinen Beweis.«
    »Und du hast auch keine Ahnung, wer ihnen Stoff brachte, was das war und woher es kam?«
    »Nichts«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Man sieht sich, Mann«, meinte er dann und sprang die Treppe hinauf.
    Ich fuhr heim. Rodenstock war dabei, Holz aus der Garage zu schleppen. »Es zieht an«, erklärte er, »es wird wirklich kalt. Wir haben minus acht. Wie war es?«
    »Viel Gefühl«, sagte ich. »Ole, Betty und Mario waren eine Familie, und sie meinten es verdammt ernst.«
    Rodenstock ging vor mir her durch den Flur und legte den Arm voll Holz auf den Korb neben dem Ofen.
    »Etwas macht mir Kummer, Baumeister«, murmelte er. »Du hast den Humor verloren. Ständig sieht man deinen Zeigefinger. Du dozierst über Drogen wie ein Oberlehrer. Du bist wie ein beschissener Pädagoge, der die Nation belehren will.«
    »Ist das wirklich so schlimm?«
    »Noch viel schlimmer«, muffelte er.
    »Ich bin Alkoholiker, Rodenstock, ein blütenreiner Suffkopp. Ich habe ein Jahrzehnt meines Lebens versoffen, ich weiß nicht mehr, was damals war. Wenn es um Drogen geht, raste ich aus.«
    Er starrte mich an und lächelte dann. »Wie lange ist das her?«
    »Zehn Jahre. Aber es ist noch immer wie gestern. Tut mir leid. Komm her, ich habe rohen Schinken und einen uralten Gouda.«
    »Das ist gut«, nickte er. »Also riechst du, wenn jemand süchtig ist?«
    »Ja. Schwule riechen sich. Ich rieche Süchtige.«
    »Ist Mario süchtig?«
    »Mit Sicherheit nach dem Leben. Nicht nach irgendeinem Stoff.«
    »Du siehst jetzt, wozu es gut war«, murmelte er. »Wie schlimm ist denn Haschisch wirklich?«
    »Verdammt harmlos im Vergleich zu Alkohol. Das ist auch ein Punkt, der mich aufregt. Die braven Eltern fürchten Haschisch wie der Teufel das Weihwasser. Aber sie sind nicht bereit zu akzeptieren, daß die Suchtpotenz bei Alkohol tausendmal gefährlicher ist. Es gibt keinen Haschischtoten auf dieser Welt, aber allein 60.000 Alkoholtote pro Jahr in diesem kleinen Land.« Ich mußte grinsen. »Das war das Wort zum Sonntag.«
    Rodenstock hockte sich an den Küchentisch. »Ehe ich es vergesse, Dinah ist auf dem Weg hierher. Sie rief eben an und hatte nur eine einzige wütende Frage. Und die lautete: Recherchiert ihr etwa schon? Sie hat es im Fernsehen gesehen, sie wird viel Gas geben.« »Das ist gut«, sagte ich. »Das ist sehr gut.«

DRITTES KAPITEL
    »Würde denn jemand wie Ole, oder anders gefragt, würden Ole und Betty in jedem Fall versuchen, einen Ersatzmann für das Geschäft zu finden?« fragte ich Rodenstock.
    »In jedem Fall«, antwortete er. »Meiner Ansicht nach sind sie todsicher keine Bürokraten und wahrscheinlich alles andere als pingelig oder ordnungsliebend. Aber eines werden sie sich überlegt haben: es war durchaus nicht sicher, daß sie in Kanada bleiben konnten. Sie haben bestimmt damit gerechnet, daß etwas schiefgehen könnte. Beispielsweise bestand die Gefahr, daß sie keine Arbeitserlaubnis bekommen würden. Für diesen Fall mußten sie die Möglichkeit haben zurückzukehren, wenigstens für einen bestimmten Zeitraum. Sie mußten also einen Ersatzmann finden, um das Geschäft nach ihrer eventuellen Rückkehr sofort wieder übernehmen zu können. Ist doch logisch?«
    »Das ist sehr logisch«, sagte ich. »Aber selbst Mario scheint nicht zu wissen, wer der neue Dealer sein könnte.«
    »Das glaube ich nicht«, bemerkte Rodenstock kühl. »Das glaube ich absolut nicht. Zumindest hat er einen Verdacht.«
    »Nun gut, wir werden ihn sozusagen schluckweise weiter befragen.«
    Rodenstock säbelte sich eine Scheibe von dem hartgeräucherten Schinken ab. »Hast du dir überlegt, daß Mario vielleicht in Gefahr schweben könnte? Wenn das Motiv in Drogen zu suchen ist, dann ...«
    »Wir können doch nicht alle Jugendlichen, die Ahnung von der Szene haben, in Schutzhaft nehmen. Dann haben wir hier zwanzig Leute zu verpflegen und ersticken im Haschqualm.«
    »Wir müßten wissen, was meine Kollegen

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