Eifel-Schnee
wissen, und ihnen eine Kopie schicken. Mehr nicht.«
»So ist das aber immer«, fluchte Rodenstock. »Oles Pajero steht übrigens in Köln in einer Garage, die von den drei kleinen Gaunern gemietet worden ist.«
»Kleine Gauner ist gut«, sagte ich. »Wir stehen im Grunde doch vor einem Scherbenhaufen. Ole und Betty wurden von drei Kölner Dealern getötet, die jetzt mit ihren Geständnissen rüberkommen und wahrscheinlich in zwei Wochen viermal widerrufen und vier neue Geständnisse erfinden. Die Mordkommission wird einen strahlenden Sieg verkünden.«
»So sieht es aus«, seufzte Rodenstock. »Jörn van Staaten, so wird man uns sagen, ist ein ganz anderer Fall, und Dieter Kremers auch. So läuft das hierzulande.«
»Haben wir uns etwa so abgehetzt, um jetzt aufzugeben?« fragte Dinah dumpf, und als niemand antwortete, sagte sie entschlossen: »Ich friere, ich gehe erst mal heiß baden.«
Die Klingel an der Eingangstür wimmerte. Sie wimmert immer, sie klingelt nie. Thomas Schwarz stand draußen. »Ich habe das Gewehr«, meldete er knapp, »es war ganz einfach. Es war in der rechten Hälfte der Scheune vergraben. Aber höchstens handtief. Es ist im Kofferraum, eingewickelt in eine Plastikfolie.«
»Das ist sehr gut«, sagte ich. »Hat dich jemand gesehen?«
»Vermutlich nicht. Munition war auch dabei. Sechs Schachteln, jeweils vierzehn Posten mit einer Ladung von je achtzig Gramm. Gewaltige Dinger.«
»Hol es rein«, meinte ich und erzählte: »Der Fall scheint zu Ende zu sein. Jemand hat mit einer Nadel in unseren Luftballon gestochen. Jetzt ist er geplatzt.«
Thomas starrte mich etwas verunsichert an, erwiderte aber nichts. Er ging zu seinem Auto und holte die lange Plastikhülle heraus. »Hat etwa jemand gestanden?«
»Ja.«
»Und? Taugt das Geständnis etwas?«
»Wahrscheinlich. Aber die dicken Fische gehen dabei nicht ins Netz.«
»So ist es doch immer«, murmelte er. »Was wundert dich das?«
»Ich glaube an Gerechtigkeit«, behauptete ich, aber ich kam mir dümmlich vor.
Rodenstock begutachtete die Schrotflinte. »Hat Mehren einen Jagdschein?«
»Weiß ich nicht«, sagte ich. »Die Bauern haben fast alle Gewehre, und niemand hat einen Jagdschein. Das ist hier so, und keiner regt sich darüber auf.«
»Wen wollte Ole töten?« fragte Rodenstock.
»Wahrscheinlich van Straaten«, antwortete ich. »Weil er mit Betty schlief.« Ich sagte das so dahin, und plötzlich wurde mir bewußt, daß das durchaus die Wahrheit sein konnte.
»Und warum schlief sie mit van Straaten?« fragte er weiter.
»Um ihre Liebe zu retten, sagt Dinah.«
»Ist völlig verrückt«, nickte er. »Könnte aber sein.«
Die Türglocke wimmerte wieder, und ich war erleichtert, daß ich aufstehen und verschwinden konnte. Diesmal war es Emma, die mit roter Erkältungsnase in einem viel zu vornehmen Outfit im Schnee stand und etwas verlegen griente.
»Heh«, grüßte ich. »Endlich mal ein richtig schöner Besuch. Komm rein.« Ich marschierte vor ihr her in die Küche und sagte wie ein Zeremonienmeister: »Die niederländische Abordnung.«
»Ach, wie?« stammelte Rodenstock sehr laut, dann wurde er rot.
»Wir gehen besser rüber ins Arbeitszimmer«, meinte ich und lotste Thomas Schwarz aus der Gefahrenzone.
»Warum sind die beiden denn getötet worden?« fragte er.
»Weil sie angeblich einer Kölner Dealergruppe Kunden abgenommen haben. Aber das ist reine Idiotie, das ist nie passiert. Es wird nur schwierig sein, etwas anderes zu beweisen. Wie geht es deiner Uli?«
»Sie hat sich entschlossen, eine wirkliche Grippe zu kriegen und liegt flach. Deshalb muß ich auch jetzt nach Hause.«
»Dann grüß schön«, sagte ich, »und knutsch sie von mir. Und danke für deine Hilfe.«
»Was tut man nicht alles«, sagte er und machte sich davon.
Dinah hockte in dem fast kochenden Wasser und war hell entzückt, daß Emma eingetroffen war.
»Paß auf, das wird eine richtige Liebesgeschichte. Glaubst du, er wird nach Holland zu ihr ziehen? Oder zieht sie zu ihm an die Mosel?«
Ich wollte wütend werden, wollte losbrüllen, daß das doch jetzt wahrlich nicht unser Problem sei, aber dann mußte ich lachen. Dinah bat mich, ihr den Rücken zu waschen, was ich ausgiebig befolgte. Selbstverständlich nutzte sie meine unbegrenzte Hilfsbereitschaft aus und schlug gleich darauf andere Flächen zur Säuberung vor. Ich zierte mich nicht.
Später fragte sie mich, ob ich denn für die nahe Zukunft einen Plan hätte, und ich antwortete, alles
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