Eifel-Schnee
Häuschen lassen«, polterte er. »Mein Sohn hatte es mit Rauschgift, und Kremers war der Einzige, der ihm wirklich half. So einfach ist das.«
»Das glaube ich Ihnen«, sagte Rodenstock gelassen. »Wir wollen ja auch nur wissen, wie Kremers bezahlte.«
»Grundstück und Haus in bar. Hier auf diesen Tisch«, sagte er barsch. »Der Mann hat seine Sparkonten geplündert.«
»In deutscher Mark, holländischen Gulden oder in US-Dollar?« fragte Rodenstock.
»In deutscher Mark. Aber was soll das? Ist Kremers etwa nicht sauber?«
»Doch, doch«, gab Rodenstock hastig zurück. »Wie geht es Ihrem Sohn?«
»Er hat das Schwerste hinter sich«, sagte er.
»Sie sind sicher froh, daß die Melanie ...« Ich fragte nicht weiter, das war geschmacklos.
»Stimmt, ich bin froh. Hat sich rausgestellt, daß es Selbstmord war. Sie hat wohl verstanden, daß ihre Chancen gleich Null waren.«
»Das ist richtig«, nickte ich. »Das war es auch schon. Auf Wiedersehen.«
Plötzlich wurde er unsicher. »Habe ich etwa was Falsches gesagt?«
»Nicht im geringsten«, versicherte Rodenstock. »Nicht im geringsten.«
NEUNTES KAPITEL
Emma war mittlerweile auch ausgeflogen, und Rodenstock und ich starrten uns etwas dümmlich an. Sie hatte auf einen Zettel geschrieben: Bin mit dem Taxi zu Dinah!
»Was will sie da?« fragte Rodenstock.
»Vielleicht war ihr langweilig«, antwortete ich.
Als gegen Abend statt zwei Frauen drei zurückkamen, mußte ich diese Ansicht korrigieren. Dinah stürmte in das Haus und jubelte: »Wir haben die beste Karte unseres Lebens gezogen.«
Hinter ihr war Emma und nickte: »So könnte es klappen.«
Dann folgte eine dritte Frau, und ich war so verwirrt, daß ich anfangs dachte, ich leide unter Halluzinationen. »Das ist ja Betty«, sagte ich verblüfft.
»Nicht Betty«, stellte Emma richtig. »Ihre jüngere Schwester Monika. Neunzehn Jahre. Und sie weiß ziemlich viel. Wir dachten, wir spielen sie an van Straaten heran. Sie soll wie die Möhre vorm Esel wirken.«
»Das klappt nie«, sagte ich erregt.
»Der ist viel zu clever«, brummelte Rodenstock.
»Da bin ich nicht sicher«, strahlte Emma. »Wir sollten es versuchen. Denkt dran, beide Leichen waren bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Vielleicht ist zusammen mit Ole eine andere Frau umgekommen?«
»Aber sie ist blond, nicht rothaarig wie Betty«, wandte ich ein. Dann betrachtete ich dieses hübsche, ja fast schöne Wesen eingehend und merkte, wie verwirrt sie war. »Sie müssen denken, wir sind verrückt«, sagte ich und reichte Monika die Hand. »Ich bin Baumeister. Und das ist mein Freund Rodenstock.«
»Das ist ja sehr höflich«, tönte Dinah spitz. »Wir haben die Idee des Jahrhunderts und machen sie Monika schmackhaft. Und dann hockt ihr hier wie die Spießer und macht die Idee und Monika madig.«
Rodenstock sah Emma an. »Wie stellst du dir das vor?« fragte er.
»Oh, wir streuen eine Zeitungsmeldung«, strahlte sie im Zustand vollkommener Unschuld. »Und dann servieren wir Monika in s'Hertogenbosch.«
»Ist der Beschiß denn nicht zu gewaltig?« fragte ich zaghaft.
»Gewaltig ist er schon«, nickte Dinah, »aber auch schön. Wer könnte sie herrichten?«
»Jutta Näckel aus Kelberg«, sagte ich. »Die hat das drauf.«
»Was wissen Sie denn über die Geschichte?« fragte ich Monika.
»Du kannst sie duzen, das macht es familiärer«, schlug Dinah vor.
Monika Sandner trug weinrote Leggins aus einem plüschartigen Stoff. Darüber einen dicken irischen Rollkragenpullover. Sie war wirklich eine schöne Frau, und sie war es vor allem, weil sie nicht den Hauch von Schminke benutzte.
»Betty war ... sie war so eine Art Vorbild für mich. Wenn sie ganz gut und wenn sie ganz schlecht drauf war, erzählte sie mir von Ole und von ihrer Art zu leben. Wie das in der Scheune so lief. Was sie taten, wen sie kannten und trafen und so.«
»Ole war wirklich ihre große Liebe?« fragte ich.
Sie nickte.
»Warum hat sie dann mit diesem Holländer geschlafen?«
»Sie sagte, das sei ihre Eintrittskarte. Ole hatte keinen Beruf, sie hatten beide keine abgeschlossene Ausbildung. Irgendwie ist sie an den Holländer gekommen. Sie haben ihn getroffen. Und er hat sie dann angerufen und sie gefragt, ob sie nicht Lust hätte, für ihn zu arbeiten. Na sicher, hat sie gesagt, aber sie wußte ja noch nicht, worauf das hinauslief. Aber das war Betty schon egal. Sie wollte viel Geld verdienen, um dann mit Ole abzuhauen. Nach Kanada. Ich glaube, es war ihr egal, was sie
Weitere Kostenlose Bücher