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Eifel-Schnee

Eifel-Schnee

Titel: Eifel-Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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sieht.« Er hatte Tränen in der Stimme, aber er machte ein paar wirre Bewegungen mit beiden Händen und versuchte, sich wieder in die Gewalt zu bekommen.
    »Indianer heulen manchmal auch«, beruhigte ich. »Waren deine Eltern schon hier?«
    »Na sicher«, sagte er und putzte sich die Nase. »Mein Vater blieb die ganze Nacht. Und morgens kam meine Mutter. Ich habe sie weggeschickt.« Mario grinste matt. »Die heulen mehr als ich.«
    »Aber das ist doch ein gutes Gefühl, oder?«
    »Ja«, nickte er. »Das kommt wirklich gut. Oh, Trauben. Ich weiß nicht, normalerweise esse ich die Dinger gar nicht so gerne.«
    Ich nahm den Umschlag mit den Fotos des Holländers Paul aus der Tasche und reichte ihm den.
    »Schau dir die Galerie in Ruhe an, laß dir Zeit. Ich sage dir dann auch, wo es ist und wem das Haus gehört. Darf man hier rauchen?«
    Er lachte: »Natürlich nicht. Aber auf dem Gang haben sie nichts dagegen, weil ich hier der einzige Patient bin.«
    »Heißt das etwa, daß du auf den Gang rausspringst und qualmst?«
    »Na sicher«, nickte er. »Grundmann sagt, ich sollte in Zukunft jedes Verbotsschild übersehen. Er ist ein guter Typ.«
    Ich ging hinaus und ließ ihn für ein paar Züge aus der Pfeife mit den Fotos allein. Als ich zu ihm zurückkehrte, hielt er mir ein Foto hin: »Das ist Jan Meiler, der Kumpel aus Dreis. Wo ist das fotografiert?«
    »In der Straße, in der der Holländer Jörn van Straaten sein Antik-Geschäft hat. In s'Herzogenbosch. Du warst dort nie?«
    »Nein«, bestätigte er. »Was wollte Jan Melier da?«
    »Das weiß ich nicht.« Ich starrte auf das Foto des jungen Mannes. Er wirkte nichtssagend, er wäre mir sicherlich nicht aufgefallen. Ein wenig blaß, ein wenig dicklich, genormt in Jeans und einer Lederjacke, die üblichen sportlichen Treter von Adidas in grün-weiß. »Was ist er denn für ein Typ?«
    »Scharf auf Moos«, sagte Mario lapidar, »sonst nix. Nur scharf auf Geld. Eigentlich ist er klug, und er spielt verdammt gut Gitarre. Aber er ist so hinter dem Geld her, daß er glatt eine Melodie vergißt. Das könnte mir nicht passieren.«
    »Wenn ich dich fragen würde, ob Betty mit dem Dealen angefangen hat oder Ole – auf wen würdest du tippen?«
    »Auf Betty«, antwortete er sofort. »Außerdem weiß ich genau, daß Betty drauf gekommen ist.«
    »Und wie?«
    »Ziemlich einfach. Ole machte so mm. Mal hatte er was, mal hatte er nichts. Und er teilte immer, jedenfalls mit guten Kumpels. Bis dann Betty sagte, sie könnten das genauso gut geschäftsmäßig machen. Das war vor zwei Jahren, würde ich tippen. Betty war die praktische, die den Alltag organisierte.«
    »Noch eine Frage. Angenommen, jemand würde behaupten, Ole wäre im Sommer vergangenen Jahres bereit gewesen, Betty an die Staatsanwaltschaft auszuliefern. Würdest du das glauben?«
    Er sah mich an und hatte plötzlich Angst in den Augen. »Wie soll ich das verstehen?«
    »Das sollst du so verstehen, daß Ole gegen Straffreiheit den Kronzeugen machen und auch gegen Betty aussagen sollte. Angeblich, sagt sein Vater, hatte Ole sich darauf eingelassen.«
    Mario dachte darüber nach. »Kann ich mir nicht vorstellen«, sagte er rauh. »Ich meine, sie kriegte ein Kind von ihm. Sie wollten nach Kanada, und, wenn möglich, da bleiben. Sie hatten die Tickets. Was soll das dann? Ich kann mir höchstens vorstellen, daß das ein Trick von Ole war.«
    »Ein Trick?«
    »Ja, warum nicht? Vielleicht hat er das gesagt, damit der Vater ruhig ist.«
    »Noch eine verrückte Frage: Wenn du in eurem Haus etwas verstecken wolltest, sagen wir ein paar Päckchen Koks, wo würdest du das hintun?«
    Er war erneut verunsichert. »Wieso? Ich meine, Koks? Habe ich nichts mit am Hut. Wenn ich was verstecken müßte, dann in der Garage. In dem Chaos findet das kein Mensch. Und sowas vermutet man dort auch nicht, weil die Garage tagelang offensteht. Wieso Koks?«
    Junge, ich muß gehen. Ruf mich an, wenn du was brauchst. Ich komme wieder.«
    »Na sicher«, nickte er. Dann griff er schnell nach dem Telefon, da es klingelte. Er hörte zu und gab mir den Hörer. »Dein Kumpel.«
    Rodenstock sagte: »Ich rufe dich aus Trier an, ich dachte mir, daß du zu Mario gehst. Fahr zur Melanie nach Gerolstein. Sie wurde heute morgen vom Hausmeister tot aufgefunden. Es sieht nach Selbstmord aus, aber ich habe ein mieses Gefühl dabei. Alles andere später.« Er legte auf.
    »Ist was?« fragte Mario.
    »Nichts Besonderes«, log ich. »Mach's gut derweil.«
    Das

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