Eifel-Wasser
ja Schwanitz Breidenbach geholfen, Messerich zu töten und zur Wildschweinsuhle zu bringen? Schwanitz nämlich schließt eine Lücke: Er ist stark, er ist jemand, der Messerich mühelos transportieren konnte. Richtig? Na ja, macht nicht solche trüben Gesichter.« Sie lachte.
Über Rodenstocks Gesicht zog ein breites Grinsen. »Darf ich vorstellen: Meine Frau!« Er war mächtig stolz. Während er in all den Jahren unser Advokat des Teufels gewesen war, übernahm diese Rolle immer häufiger seine Emma. Und Emma warnte mal wieder bestürzend deutlich: Glaubt den Menschen auch dann nicht, wenn ihr sie sympathisch findet und ihre Aussagen logisch nachvollziehbar sind. Glaubt ihnen erst, wenn sie Beweise bringen.
»Wir fahren«, sagte ich erschöpft.
Wir winkten den beiden zum Abschied zu.
Oben auf der Höhe zwischen Heyroth und Brück fragte Vera: »Sagst du mir jetzt, was da vorhin in dir war?«
»Kann ich«, nickte ich. »Ich hatte plötzlich Angst, dass du gehen wirst. Einfach so. Eben liegst du noch in meinem Bett, dann bist du von einer Sekunde zur anderen fort.«
»Ach, Baumeister, Liebling«, murmelte sie und legte den Kopf an meine Schulter.
Wir verbrachten einen, wie die klassischen Musiker sagen, anschwellenden Abend. Mein Hund Cisco hatte ebenso wenig Zugang zu uns wie meine Kater. Die Bande blieb draußen, es war eine laue Nacht.
Am nächsten Morgen um sieben Uhr fand ich die Küche bereits besetzt. Emma und Rodenstock waren zurückgekehrt, hatten sich reingeschlichen und wirkten einsilbig.
Rodenstock saß am Tisch und blätterte teilnahmslos in der Tageszeitung. Eines war sicher: Er las nicht.
Emma stand an der Spüle und drehte einen Schwamm endlos in einem dreckigen Topf herum. Auch das war sicher: Sie säuberte nicht.
»Hätten die Hoheiten die Güte, mich zu bemerken?«, fragte ich. »Würden die Durchlauchtigsten mir möglicherweise einen guten Tag wünschen? He, was ist los?«
»Nichts«, muffelte Rodenstock.
»Ha!« Emma drehte sich zu ihm und starrte ihn böse an. »Natürlich ist da was los. Plötzlich sagt mir Rodenstock, in dieser entsetzlichen Wohnung an der Mosel, ich soll das Haus allein bauen. Für ihn sei es zu spät. In einem Alter, in dem andere auf einer Pflegestation vegetieren, soll man sich kein neues Haus kaufen.«
»Ist doch so«, knurrte Rodenstock.
»So eine – wie heißt der Ausdruck bei euch? – so eine Knalltüte!«, schrie Emma.
»Haltet die Luft an. Erst prügelt ihr euch darum, wer das Häuschen bezahlen darf, und jetzt soll es gleich eine Pflegestation werden!«
»Richtig, ganz richtig!«, keifte Emma. »So was!«
»Du hältst den Mund, Prinzessin Unschuld. Wenn Rodenstock sich nach Pflegestation fühlt, dann fühlt er sich beschissen. Hast du ihn mal nach seinem Befinden gefragt?« Es war gut, dass kein Geschirr auf dem Tisch stand. »Ihr seid vollkommen irre!« Ich brüllte, um mir einen guten Abgang zu verschaffen. Und ich knallte die Tür ordentlich hinter mir zu.
Das war dumm, denn jetzt kam ich nicht mehr an einen frischen Morgenkaffee. Ich ging ins Schlafzimmer und beschritt die Honigtour. »Stern meines Lebens, Stern meines Morgens! Ich streichle dich, ich lobpreise dich, ich möchte, dass du mir einen Kaffee holst.«
»Was machst du für ein Theater?«, fragte Vera. »Ich hol mir selbst auch einen.«
»Rodenstock und Emma haben einen rostigen Nagel in ihrer Beziehungskiste und der quietscht zurzeit ziemlich laut.«
»Das macht nichts, Kaffee geht vor«, stellte sie fest und entschwand.
Nach etwa zehn Minuten kehrte sie tatsächlich mit zwei Bechern Kaffee zurück, die sie auf ihrem Nachttisch deponierte, was eigentlich immer ein gutes Zeichen war. Aber sie ließ mich nicht an den Kaffee ran, sondern setzte sich sehr aufrecht auf das Bett und hielt mir einen Vortrag.
»Baumeister, es stimmt doch, dass wir im Wesentlichen nur ein Leben haben, nicht wahr? Was jenseits ist, wissen wir nicht, da zu wenige Leutchen von dort zurückkommen und es keine verlässlichen Aussagen über diese Landschaft gibt. Wenn wir also nur ein Leben haben, dann sollten wir die Krache – oder die Krachs? – möglichst kurz gestalten, nicht wahr? Ich habe Rodenstock gesagt, dass ich ihn für einen großen Dummkopf halte, was keine Auszeichnung ist, weil es sehr viele davon gibt. Und Emma habe ich gesagt, dass sie auch ein Dummkopf ist, wenn auch ein etwas kleinerer, weil sie nicht begreift, dass er manchmal depressive Ausrutscher hat, und weil Schimpfen keine Lösung
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