Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifler Zorn

Eifler Zorn

Titel: Eifler Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
Vom Netzwerk:
jetzt nicht zugeben zu müssen, dass er recht
hatte.
    »Warte, Ina. Ich hab noch
was, das für dich interessant sein könnte.«
    »Inwiefern? Hat es etwas mit
dem Fall zu tun?«
    »Kann sein.«
    »Was?«
    »Arno Kobler hat gestern
Abend im ›Lenz‹ eine Frau nicht ganz so höflich behandelt, wie man das
eigentlich erwartet.«
    »Sandra war im ›Lenz‹?«
    »Nein. Nicht Sandra. Ich
sagte eine Frau, nicht seine Frau. Ich kenne sie
nicht, aber sie schien Arno zu kennen. Sogar ziemlich gut, wie es aussah.«
    »Was hat er gemacht?«
    »Ich hatte sie auf ein Bier
eingeladen, und das schien ihm, als er auftauchte, gar nicht zu gefallen. Ich
glaube, wenn sie ihn nicht zurückgehalten hätte, hätte ich jetzt ein blaues
Auge.«
    »Warum warst du da?«
    »Weil ich Lust auf ein
bisschen Musik, auf ein Bier und ein paar Leute hatte.« Er holte tief Luft. »Es
ist meine Sache, warum ich wo hingehe.«
    Ich entschied, den Vorwurf
zu überhören. »Was hat er mit ihr gemacht, dass du sagst ›nicht ganz so
höflich‹?«
    »Er ist ziemlich ruppig mit
ihr umgegangen.«
    »Hat er sie geschlagen?«
    »Nein. Nicht in meiner
Gegenwart.«
    Gegen meinen Willen musste
ich lächeln. Ich wusste, dass Steffen, ohne zu zögern, auf Arno Kobler
losgegangen wäre und ihn aus dem Verkehr gezogen hätte, wenn er gewalttätig
geworden wäre.
    »Kannst du die Frau
beschreiben?«
    »Du weißt, wie das Licht im
›Lenz‹ ist. Schwierig, ihr Alter zu schätzen. So Mitte, Ende dreißig
vielleicht. Nicht sehr groß. Dunkle Haare. Lang, bis zur Mitte des Rückens. Sie
hatte ein nettes Gesicht, sah aber traurig aus. Bis Arno auftauchte. Da blühte
sie auf.«
    »Du hast aber genau
hingesehen.«
    »Ich hab ihr ein Bier
spendiert.«
    »Weißt du, wie sie heißt?«
    »Bianca.«
    »Und weiter?«
    »Nichts weiter. Ihren
Nachnamen hat sie nicht erwähnt.«
    »In Ordnung.« Den brauchte
ich nicht unbedingt, die Beschreibung in Verbindung mit dem Vornamen reichte.
Es musste sich um die Baggerführerin handeln. Das »Lenz« befand sich in der
Nähe der Baustelle, und auch der traurige Gesichtsausdruck passte. Ich notierte
den Namen auf einem Notizzettel und setzte ein dickes Ausrufezeichen dahinter.
    »Sie hat sich dann nicht
weiter um mich gekümmert.«
    »Bist du gegangen?«
    »Nein. Sie ist mit ihm
raus.«
    »Ist sie wiedergekommen?«
    »Ja.«
    »Allein?«
    »Ich habe Arno nicht mehr
gesehen.«
    »Wie lange war sie weg?«
    »Ich schätze, zwanzig
Minuten.« Sehr wenig Zeit, um jemanden umzubringen, ihm die Hände abzutrennen
und in vorzeigbarem Zustand wieder in der Öffentlichkeit zu erscheinen.
    »Ist dir etwas aufgefallen
an ihr?«
    »Ich glaube, sie hatte
geweint. Aber sie sah wütend aus.«
    »Hatte sie Verletzungen?«
    »Keine, die mir ins Auge
gesprungen wären. Aber sie rieb ihren Arm und fasste sich mehrmals an die
Seite. Getanzt hat sie auch nicht, solange ich da war. Ich bin vor ihr weg.«
    »Hast du noch einmal mit ihr
gesprochen?«
    »Nein. Sie machte nicht den
Eindruck, als ob sie Lust auf eine Unterhaltung hätte. Außerdem hab ich Claudia
getroffen.«
    Ich merkte, wie es mir einen
Stich gab, und ärgerte mich zum zweiten Mal an diesem Tag über meine Gefühle
Steffen gegenüber. Claudia war seine zurzeit beziehungslose Exfreundin. Und die
ging mich nichts an. Ich hatte mich von ihm getrennt. Es gab Gründe dafür. Gute
Gründe. Jetzt konnte er tun und lassen, was er wollte. Sich mit so vielen
Frauen an einem Tag treffen, wie er kriegen konnte. »Danke für die Infos. Ich
muss jetzt weiter«, sagte ich deshalb nur knapp und wollte erneut auflegen.
    »Und noch was, Ina.«
    »Ja?«
    »Wir dürfen die Sache mit
den Feuerstellen im Wald nicht aus den Augen verlieren. Ich schlage vor, wir
treffen uns morgen und überlegen, wie wir weiter vorgehen.«
    »Ja. Machen wir.«
    Er ließ nicht locker.
»Wann?« Ich seufzte.
    »Um neun direkt. Ich melde
mich, sollte etwas dazwischenkommen.« Ich legte auf und versuchte, mich auf
meinen Job zu konzentrieren. Es gelang mir nicht. »Ach Scheiße«, murmelte ich
und wählte meine eigene Nummer. Ich hoffte, Henrike an den Apparat zu bekommen,
wurde aber vom Anspringen des Anrufbeantworters enttäuscht. Keine Henrike. Ich
merkte, wie sich Wut in mir ausbreitete. Das ging so nicht. Selbst wenn ich von
meinem Ärger den Anteil abzog, den Steffen in mir verursacht hatte, blieb für
Henrikes Verhalten noch genügend übrig.
    Die Armbanduhr meines
Großvaters, die ich aus Sentimentalität noch immer nicht hatte

Weitere Kostenlose Bücher