Eighteen Moons - Eine grenzenlose Liebe (German Edition)
»Nicht bevor sie die Jackson High bis auf die Grundmauern niedergebrannt hat.«
Die Eichen, die ihre Äste über die Straße spannten, sorgten für ein bisschen Kühlung, und der Wind, der durch die offenen Autoscheiben hereinkam, spielte mit den losen Strähnen um Lenas Gesicht.
»Ich glaube, Ridley hält es bei uns nicht mehr aus«, sagte sie. »Die ganze Familie spielt verrückt. Tante Del weiß manchmal nicht mehr, ob sie gerade erst gekommen ist oder ob sie gehen wollte.«
»Das ist doch nichts Neues.«
»Gestern hat sie Ryan irrtümlich für Reece gehalten.«
»Und Reece?«
»Sie ist auch völlig durcheinander. Manchmal schaut sie mich an und flippt aus, aber ich weiß nicht, ob deshalb, weil sie in meinem Gesicht etwas gelesen hat, oder deshalb, weil sie darin nichts mehr lesen kann.«
Schon zu normalen Zeiten war Ridleys Schwester Reece, die als Sybille in den Gesichtern anderer lesen konnte, ziemlich schräg. Aber was Lena erzählte, schien tatsächlich noch eine Steigerung zu sein.
»Du hast wenigstens deinen Onkel.«
»Ja und nein. Onkel Macon verschwindet jeden Tag in den Tunneln und schweigt sich darüber aus, was er dort unten treibt. Ich habe den Verdacht, er will es vor mir verheimlichen.«
»Wundert dich das? Er und Amma wollen nie, dass wir etwas erfahren.« Ich tat so, als würde mich das nicht im Mindesten beunruhigen, genauso wenig wie die Tatsache, dass die Reifen jetzt über noch mehr Heuschrecken rollten.
»Er ist schon seit ein paar Wochen wieder hier, und ich weiß immer noch nicht genau, was für eine Art Caster er ist. Ich weiß bloß, dass er Licht ist. Er spricht nicht darüber, mit niemandem.« Nicht einmal mit mir – das war es, was sie eigentlich damit sagen wollte.
»Vielleicht weiß er es selbst nicht.«
»Das glaube ich niemals.« Sie starrte aus dem Fenster und ich nahm ihre Hand. Uns beiden war so heiß, dass ich kaum spürte, wie sehr die Berührung brannte.
»Kannst du wenigstens mit deiner Großmutter darüber sprechen?«
»Gramma ist die meiste Zeit in Barbados und stellt Nachforschungen an.« Lena sprach nicht aus, was sie wirklich meinte. Ihre Familie suchte einen Weg, um die Ordnung wiederherzustellen – um die Hitze und die Heuschrecken zu vertreiben und was der Welt der Sterblichen sonst noch alles bevorstand. »Auf Ravenwood liegen mehr Bannsprüche als auf einem Caster-Gefängnis. Es ist so beengend, dass ich mich selbst schon wie ein Sträfling fühle; das Wort Hausarrest bekommt eine ganz neue Bedeutung für mich.« Lena schüttelte den Kopf. »Ich kann nur hoffen, dass wenigstens Ridley nicht mehr darunter leidet, jetzt wo sie eine Sterbliche ist.«
Ich sagte nichts, aber ich war mir ziemlich sicher, dass Ridley es trotzdem spürte, denn ich spürte es ja auch. Je näher wir Ravenwood kamen, desto stärker fühlte ich den Bann. Es war wie das Summen einer Starkstromleitung, wie ein dichter Nebel, der nichts mit dem Wetter zu tun hatte.
Es war das Knistern von Caster-Magie, Dunkler und Lichter.
Seit wir von der Weltenschranke zurückgekehrt waren, konnte ich es fühlen. Während ich auf die schmiedeeisernen Tore zufuhr, die die Grenzen von Ravenwood markierten, knisterte die Luft um uns herum beinahe so spannungsgeladen wie ein Gewittersturm.
Aber die Tore waren nicht die eigentliche Grenze. So verwahrlost der Garten von Ravenwood während Macons Abwesenheit auch gewesen war, jetzt war er der einzige Ort im ganzen County, der Zuflucht vor Hitze und Ungeziefer bot. Vielleicht war es ein Beweis für die Macht, über die Lenas Familie verfügte, denn als wir die Tore passierten, spürte ich, dass irgendeine Kraft von außen an uns zerrte, während Ravenwood uns in die andere Richtung zog.
Ravenwood behauptete sich tapfer – das sah man schon allein daran, dass das endlose Braun der Landschaft innerhalb der Umgrenzungsmauern von einem satten Grün abgelöst wurde und dass der Garten nicht kahl gefressen, sondern unberührt war. Macons Blumenbeete blühten in aller Pracht, die Bäume waren gestutzt und gepflegt, die weiten Rasenflächen, die sich vom Herrenhaus bis zum Santee-Fluss erstreckten, waren kurz geschnitten und ordentlich. Sogar die Wege waren mit neuem Kies geschottert. Aber die Welt draußen drängte gegen die Tore und stemmte sich gegen die Schutzmagie und Bannsprüche von Ravenwood. Wie Wellen, die im endlosen Rhythmus an die Felsen brandeten und doch höchstens ein paar Körner Sand mit sich forttragen können.
Aber auch Wellen
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