Eighteen Moons - Eine grenzenlose Liebe (German Edition)
ständig auftaucht. Das Rad des Schicksals. Auch Tante Prue hat davon gesprochen, als ich in ihrem Zimmer eingeschlafen bin, und davor schon Amma. Es muss etwas mit dem Achtzehnten Mond zu tun haben, sonst hätte meine Mutter es nicht erwähnt.«
Lena stand auf und streckte die Hand aus. »Komm.«
»Was hast du vor?«
»Ridley soll ihre Probleme alleine lösen. Gehen wir.«
»Wohin?«
»Deine Probleme lösen.«
Im Niemandsland
9.10.
Anscheinend dachte Lena, die Lösung all meiner Probleme wäre in der Stadtbibliothek von Gatlin zu finden, denn fünf Minuten später waren wir dort. Ein Maschendrahtzaun umzog das Gebäude, das jetzt einer riesigen Baustelle glich. Die fehlende Dachhälfte war mit großen blauen Plastikplanen abgedeckt. Neben der Tür lagen die Reste des Teppichs, der den Betonfußboden bedeckt hatte; was das Feuer nicht zerstört hatte, dem hatte das Löschwasser den Rest gegeben. Wir stiegen über verkohlte Bretter und gingen hinein.
Ein Bereich der Bibliothek war mit Kunststoffplanen vom Rest abgetrennt; es war der Teil, in dem es gebrannt hatte. Ich wollte gar nicht wissen, wie es dort aussah. Die Seite, auf der wir uns befanden, war schon niederschmetternd genug. Die Regalreihen waren verschwunden, stattdessen standen überall Kisten voller Bücher, die aussahen, als hätte man sie sortiert.
Die völlig zerstörten. Die teilweise zerstörten. Die, die noch zu retten waren.
Nur der Kasten mit den Karteikarten war unversehrt. Dieses Ding würden wir wohl niemals loswerden.
»Tante Marian! Bist du da?« Ich ging an den Kisten entlang und erwartete beinahe, Marian in Strümpfen herumlaufen zu sehen, mit einem aufgeschlagenen Buch in der Hand.
Stattdessen stieß ich auf Dad. Er saß auf einer Kiste hinter einem der wenigen verbliebenen Regale und unterhielt sich angeregt mit einer Frau.
Ich traute meinen Augen nicht.
Lena trat schnell vor mich, damit die beiden nicht bemerkten, dass ich aussah, als würde ich gleich kotzen. »Mrs English! Was machen Sie denn hier? Und Mr Wate! Ich wusste gar nicht, dass Sie sich kennen.« Sie brachte es sogar fertig, ein bisschen zu lächeln, als wenn es ein toller Zufall wäre, die beiden hier zu treffen.
Ich glotzte mir fast die Augen aus.
Was zum Teufel macht er hier mit ihr?
Falls mein Vater verlegen war, ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken. Er war aufgeregt, ja sogar fröhlich, was noch schlimmer war. »Habt ihr gewusst, dass Lilian beinahe so viel über die Geschichte unseres Landes weiß wie Ethans Mutter?«
Lilian. Meine Mutter. Was faselte er da?
Mrs English blickte von den Büchern hoch, die um sie herum auf dem Boden verstreut lagen. Eine Sekunde lang verengten sich ihre Pupillen wie die einer Katze. Beide Pupillen, auch die des Glasauges.
L, hast du das gesehen?
Was gesehen?
Zu spät. Vor uns saß wieder unsere Englischlehrerin, die mit ihrem Glasauge blinzelte, während sie mit ihrem gesunden Auge meinem Vater zusah. Ihr Haar war eine graue Unfrisur, die gut zu dem unförmigen grauen Pullover passte, den sie über ihrem unförmigen grauen Kleid trug. Sie war die strengste Lehrerin der Jackson High, wenn man das Niemandsland nicht kannte, das sich die meisten Schüler zunutze machten – ihr Glasauge nämlich, die Seite, auf der sie nichts sah. Ich hätte mir niemals vorstellen können, dass sie auch außerhalb des Klassenzimmers existierte. Aber da saß sie und hatte meinen Vater in Beschlag genommen. Mir war schlecht.
Mein Vater redete einfach weiter. »Sie hilft mir bei meinen Recherchen zu meinem Buch, Der Achtzehnte Mond . Ich habe dir ja davon erzählt.« Mit einem breiten Grinsen sagte er zu Mrs English: »Die jungen Leute heute hören kein Wort mehr von dem, was wir sagen. Die Hälfte meiner Studenten hat iPod-Stöpsel im Ohr oder telefoniert mit ihren Handys. Sie könnten genauso gut taub sein.«
Mrs English blickte ihn befremdet an und lachte. Ich hatte sie nie zuvor lachen hören. Dabei war es nicht das Lachen selbst, das mich so beunruhigte. Es war die Tatsache, dass Mrs English über die Witze meines Vaters lachte. Das war beunruhigend und auch irgendwie ätzend.
»Du übertreibst, Mitchell.«
Mitchell?
So heißt dein Vater, Ethan. Nur keine Panik.
»Lilian sagt, man könne den Achtzehnten Mond auch als literarisches Motiv verstehen. Die Phasen des Mondes entsprechen dabei …«
»War nett, Sie zu treffen, Ma’am.« Ich hielt es nicht mehr aus, dem Gefasel meines Vaters über den Achtzehnten Mond zu lauschen
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