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Ein Alptraum für Dollar

Ein Alptraum für Dollar

Titel: Ein Alptraum für Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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Atlantik abkommandiert. Einer davon, Frederick Fleet, steht im »Krähennest« oben am Mastkorb.
    23.39 sichtet er eine dunkle Form vor dem Bug und läutet die Alarmglocke zur Brücke hinab:
    »Eis voraus! Eisberg hart voraus!«
    »Kurs backbord! Äußerste Kraft zurück!« ruft der Erste Offizier.
    An lächerlichen zwei Sekunden hat es gefehlt — und die Titanic wäre noch vorbei gefahren!
    Doch um 23.40 wird sie vom Eis gerammt und auf 90 Meter Länge aufgeschlitzt. Eine klaffende Wunde. An Bord merkt es fast niemand. Die meisten Passagiere schlafen schon. Nach etwa einer Minute kommt der
    Kapitän auf die Brücke und erkundigt sich — so fast nebenbei:
    »Was war das?«
    »Ein Eisberg, Sir.«
    Für geübte Seemannsohren ist jetzt auch ein dumpfes Krachen und Bersten zu hören: Das Wasser schießt durch die Schiffswand in den Kesselraum.
    »Maschinen stop!«
    Es ist 23 Uhr 45. Die Titanic hat noch genau 2 Stunden und 35 Minuten zu leben.
    Der Untergang der Titanic, die 1517 Opfer — die Panik, der Sturm auf die Rettungsboote, die Kapelle, die für die Passagiere in Abendkleidung Choräle spielt... all das ist tausendmal erzählt worden — und davon soll hier nicht noch einmal die Rede sein. Vor allem, weil das alles überhaupt nicht stimmt. Es gab bis zu den letzten 10 Minuten überhaupt keine Panik an Bord, auch keinen Sturm auf die Rettungsboote, die fast alle halbleer abgefiert wurden. Die meisten Passagiere fröstelten am Bootsdeck in Decken gehüllt, und das Orchester spielte keine Choräle, sondern Ragtime. Nein, diese Bilder und Szenen gefielen nur später den Filmautoren viel besser als die Ruhe, die Gelassenheit und die Zuversicht der Passagiere, die es bis zum letzten Augenblick nicht wahrhaben wollten, daß die Titanic sinken könnte.
    Der Kapitän und seine Mannschaft verbreiteten auch eine optimistische Stimmung — und dies, obwohl sie bereits kurz nach Mitternacht alle genau wußten, daß sich das Schiff nur noch höchstens zwei Stunden an der Oberfläche würde halten können.
    Aber auch sie machten sich keine großen Sorgen. Zwei Stunden — das ist eine lange Zeit, und alle Schiffe, die sich in der Nähe befanden, würden sofort Kurs auf die Titanic nehmen, rechtzeitig eintreffen, und alle Menschen an Bord retten können... Erst Viertel nach Mitternacht, also 35 Minuten nach der Kollision mit dem Eis, geht Kapitän Smith endlich in den Telegraphenraum und bittet den Ersten Funker Phillips, SOS zu funken. Dieses Notrufsignal wurde erst einige Wochen zuvor in Berlin internationalvereinbart. SOS... »Save our Souls« …---…
    Aber noch ist das andere Notrufzeichen üblich — CQD »Come Quick Danger«.
    Phillips setzt sich an die Morsetaste und sendet nun bis kurz vor Untergang den Code der Titanic »MGY« und CQD-SOS. Rettet unsere Seelen — Kommt schnell, Gefahr... MGY …---…
    Warum hat Kapitän Smith so lange gewartet, bis er befahl, SOS zu funken? Vielleicht, weil er schon kurz vor Mitternacht von der Kommandobrücke aus ein Schiff in einigen Meilen Entfernung gesichtet hatte — und davon überzeugt war, daß es in höchstens einer Stunde bei seinem sinkenden Riesendampfer sein würde? Jedenfalls gab es für ihn offensichtlich zuerst Wichtigeres anzuordnen:
    »Boote klarmachen! — Passagiere alarmieren! — Alle Mann an Deck!«
    Ja, der Untergang der Titanic wird zwar eine materielle Katastrophe und eine schimpfliche Blamage für die White Star Line sein — aber es wird keine Opfer geben! Mehrere Schiffe erhalten die Notrufzeichen der Titanic: die >Carpathia<, die >Birma<, die >Frankfurt<. Aber alle waren viel zu weit entfernt, um noch vor dem Untergang eintreffen zu können. Nur die >Californian< hätte die Menschen an Bord der Titanic alle retten können. Doch der Funker schlief schon, und Kapitän Stanley Lord, wie auch einige Männer seiner Mannschaft, hielten die Notraketen der Titanic... für eine Sternschnuppe! Oder für Feuerwerk!
    War nun die >Californian< jenes Schiff, dessen Lichter die Besatzung der Titanic und die Insassen der ersten Rettungsboote narrten?
    Die rätselhaften Positionslichter, die auf der Titanic so viel Hoffnung verbreitet hatten, befanden sich nach allen Zeugenaussagen in etwa 6 Meilen Entfernung. Kapitän Lord der >Californian< beschwor aber später vor der Untersuchungskommission, sein Schiff hätte sich 20 Meilen von der Titanic entfernt befunden. Und auch aus diesem Grund waren die Notraketen nicht richtig als solche zu erkennen.
    Gut — aber

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