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Ein amerikanischer Thriller

Ein amerikanischer Thriller

Titel: Ein amerikanischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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werden soll.«
    »Zum Beispiel?«
    »West Virginia. Was antworte ich einem Minenarbeiter,
    der mir sagt: ›Junge, ich habe gehört, daß dein Daddy einer
    der reichsten Männer Amerikas ist, und du hast keinen Tag
    in deinem Leben arbeiten müssen.‹«
    Kemper lächelte. »Sie sagen: ›Das stimmt.‹ Und ein er-
    grauter Charakterdarsteller, den wir in die Menge schmug-
    geln, ergänzt: ›Und Junge, da hast du nicht das Geringste
    verpaßt.‹«
    Jack brüllte vor Lachen. Kemper fiel ein: Giancana und
    Trafficante kontrollierten große Teile West Virginias.
    »Ich kenne da ein paar Leute, die Ihnen vielleicht behilf-
    lich sein könnten.«
    »Dann sorgen Sie dafür, daß ich denen einen Riesengefal en
    schulde, damit ich endlich mein genetisch vorbestimmtes
    Schicksal als korrupter irischer Politiker erfüllen kann.«
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    Kemper lachte. »Sie sind nach wie vor nervös. Und Sie
    sagten, Sie hätten etwas mit mir zu besprechen, was auf
    etwas Ernsthaftes hindeutete.«
    Jack schaukelte mit dem Stuhl vor und zurück und wischte
    sich ein Flöckchen Kunstschnee vom Pullover.
    »Wir haben über Mr. Hoover nachgedacht. Wir denken,
    daß er über Lauras Abstammung Bescheid weiß.«
    Der Advocatus Diaboli schaltete sich automatisch ein.
    »Das weiß er seit Jahren. Er weiß, daß ich mit Laura liiert
    bin, und hat mir von ihrer Abstammung erzählt, ehe Sie
    es taten.«
    Bobbys Kinder tollten durchs Zimmer. Jack scheuchte
    sie raus und trat die Tür zu.
    »Die widerliche voyeuristische Schwuchtel.«
    Kemper improvisierte. »Er weiß auch al es über Ihre Vater-
    schaftszahlungen und kennt die meisten ihrer längerfristigen
    Affären. Jack, Ihr bester Schutz gegen Hoover bin ich. Er
    mag mich und vertraut mir und will nichts als seinen Job
    behalten, wenn Sie gewählt werden.«
    Jack hob eine Zigarrenschachtel ans Kinn. »Dad überlegt
    ernsthaft, ob Sie nicht von Hoover geschickt worden sind,
    um uns auszuhorchen.«
    »Ihr Vater ist alles andere als dumm.«
    » Wie bitte? «
    »Hoover hat mich ertappt, als ich bei der Untersuchung
    eines Autodiebstahls was abgezweigt habe und mich vorzeitig
    in Pension geschickt. Ich habe daraufhin beschlossen, mich
    beim McClellan-Ausschuß zu bewerben, doch Hoover hat
    mich nicht aus den Augen gelassen. Er hat erfahren, daß
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    ich mich mit Laura treffe, und verlangte Informationen über
    Sie. Ich lehnte rundweg ab, woraufhin Hoover mir andeutete,
    daß ich ihm noch was schulde.«
    Jack nickte. Er schien überzeugt.
    »Dad hat Sie in Manhattan von einem Privatdetektiv
    überwachen lassen. Der Typ sagte, daß Sie eine Suite im
    St. Regis haben.«
    Kemper zwinkerte ihm zu. »Ihr Lebensstil färbt ab, Jack.
    Ich habe eine Pension, ein Gehalt und Dividenden, und ich
    werbe um eine teure Frau.«
    »Sie sind sehr oft in Florida.«
    »Hoover läßt mich castrofreundliche Gruppen ausspionie-
    ren. Das ist der ›Gefallen‹, den ich ihm schulde.«
    »Darum wollen Sie unbedingt Kuba zu einem Wahl-
    kampfthema machen.«
    »Richtig. Ich halte Castro für eine gottverdammte Be-
    drohung und meine, Sie sollten ihm gegenüber einen harten
    Kurs einschlagen.«
    Jack zündete sich eine Zigarre an. Er wirkte erleichtert.
    »Ich werde Dad sagen, daß alles in Ordnung ist. Aber er
    will, daß Sie was versprechen.«
    »Das wäre?«
    »Daß Sie Laura nicht so bald heiraten werden. Er fürchtet,
    das könnte die Reporter neugierig machen.«
    Kemper überreichte ihm den Ring. »Bewahren Sie den für
    mich auf. Ich wol te Laura heute abend um ihre Hand bitten,
    aber ich werde wohl warten müssen, bis Sie gewählt sind.«
    Jack steckte den Ring in die Tasche. »Danke. Heißt das,
    daß Sie ohne Weihnachtsgeschenk dastehen?«
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    »Ich besorg’ was in New York.«
    »Dort unter dem Baum liegt eine Smaragdnadel. Laura
    steht Grün besonders gut, und Jackie wird sie nicht vermissen.«
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    (South Bend, 25. 12. 59)
    Littell stieg aus dem Zug und sah sich nach Verfolgern um.
    Die ankommenden und abfahrenden Passagiere wirkten
    normal – nur Kids vom Notre Dame College und besorgte
    Eltern. Einige der Cheerleader bibberten vor Kälte – in ihren
    kurzen Röckchen bei minus zehn Grad ins Freie gehetzt.
    Die Menge zerstreute sich. Niemand lungerte auf dem
    Bahnsteig herum, niemand hängte sich an ihn dran. Mit
    einem Wort: Das Phantom sah Gespenster.
    Daß er immer wieder Verfolger hinter sich erblickte, war
    wahrscheinlich auf seinen Alkoholkonsum zurückzuführen.
    Das Klicken in seinem Telefon auf

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