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Ein amerikanischer Thriller

Ein amerikanischer Thriller

Titel: Ein amerikanischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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Hoover wußte,
    daß Bobby Untersuchungsbeamte brauchte.
    Kemper wagte die logische Schlußfolgerung Mr. Hoover
    hört Capitol Hill ab, den Sitz des amerikanischen Kon-
    gresses. Er weiß, daß du die Affäre mit Sally in ihrem
    Büro beendet hast – um eine große öffentliche Szene zu
    vermeiden. Er hat einen Hinweis bekommen, daß Jack
    Kennedy dasselbe beabsichtigte – und dafür gesorgt, daß
    du Zeuge warst.
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    Das machte Sinn. Das paßte genau zu Hoover.
    Mr. Hoover traut dir nicht unbedingt zu, einen Draht zu
    Bobby zu finden. Also sorgte er dafür, daß du und Jack, als
    Bettkumpane von Sally, einander begegnen.
    Der Regen fühlte sich gut an. Blitze erleuchteten die Kup-
    pel des Kapitols von hinten. Er hätte ewig hier stehenbleiben
    und es mit der ganzen Welt aufnehmen können.
    Kemper vernahm Schritte hinter sich. Er wußte sofort,
    wer es war.
    »Mr. Boyd?«
    Er wandte sich um. John Kennedy knöpfte sich den
    Mantel zu.
    »Senator.«
    »Nennen Sie mich Jack.«
    »Gern, Jack.«
    Kennedy fröstelte. »Wieso, zum Teufel, bleiben wir hier
    stehen?«
    »Wir können in die Mayflower Bar hinüberlaufen, wenn
    das hier ein bißchen nachläßt.«
    »Ich glaube, das sollten wir tun. Sally hat mir von Ihnen
    erzählt. Sie hat mir immer gesagt, ich solle mich bemühen,
    genau wie Sie, meinen Akzent loszuwerden, und war daher
    überrascht, als ich Sie reden hörte.«
    Kemper gab den schleppenden Tonfall auf. »Südstaatler
    sind die besten Polizisten. Wenn die Leute hören, daß man
    wie eine Landpomeranze daherschwatzt, wird man unter-
    schätzt und kriegt Dinge raus, die der andere verheimlichen
    wollte. Ich bin davon ausgegangen, daß Ihr Bruder das weiß,
    und habe mich entsprechend verhalten. Da Sie ebenfal s dem
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    McClellan-Ausschuß angehören, hielt ich es für besser, bei
    dem Akzent zu bleiben.«
    Kennedy lachte. »Ihr Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben.«
    »Danke. Und machen Sie sich wegen Sally keine Sorgen.
    Sie mag Männer, wie wir Frauen mögen, und ihr gebrochenes
    Herz ist bald geheilt.«
    »Ich wußte, daß Sie sich’s denken konnten. Sally hat mir
    erzählt, Sie hätten genauso mit ihr Schluß gemacht.«
    Kemper lächelte. »Sie können gelegentlich auf sie zurück-
    kommen. Sal y weiß einen Nachmittag in einem guten Hotel
    zu schätzen.«
    »Ich werd’s mir merken. Ein Mann mit meinen Ambitionen
    muß darauf achten, nirgendwo hängenzubleiben.«
    Kemper trat dichter an »Jack« heran. Er konnte Mr. Hoover
    förmlich grinsen sehen.
    »Ich kenne eine ganze Menge Frauen, die wissen, wie
    man die Dinge auseinanderhält.«
    Kennedy lächelte und schubste ihn in den Regen. »Gönnen
    wir uns einen Drink und reden miteinander. Ich habe eine
    Stunde totzuschlagen, bevor ich meine Frau treffe.«
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    3

    Ward J. Littell
    (Chicago, 30. 11. 58)
    Ein »Black-bag«-Job – das FBI auf dem Kriegspfad gegen
    ein Kommunistennest.
    Littell zwängte das Schnappschloß mit einem Lineal auf.
    Er hatte schweißnasse Hände – Apartment-Einbrüche waren
    riskant.
    Die Nachbarn konnten Geräusche hören. Der Lärm im
    Hausflur dämpfte hingegen die Schritte von Eintretenden.
    Er zog die Tür hinter sich zu. Nahm das Wohnzim-
    mer wahr: armselige Möbel, Bücherregale, Protestplakate
    der Gewerkschaftsbewegung. Das typische Zuhause eines
    Angehörigen der CPUSA, der Kommunistischen Partei der
    USA. Die Dokumente waren bestimmt im Eßzimmerschrank.
    Und da waren sie. An der Wand die üblichen Fotos: trau-
    rige alte »Freiheit-für-die-Rosenbergs«-Bilder.
    Mitleiderregend.
    Er hatte Morton Katzenbach monatelang observiert. Er
    hatte sich jede Menge linker Invektiven angehört. Eines
    wußte er sicher: Morty bedeutete keine Gefahr für Amerika.
    Die kommunistische Zel e traf sich bei Mortys Doughnut-
    Stand. Ihr »Hochverrat« bestand darin, streikende Automo-
    bilarbeiter mit Doughnuts zu erquicken.
    Littell zog die Minox heraus und fotografierte »Doku-
    mente«. Er verschoß drei Filme beim Fotografieren von
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    Spendenquittungslisten – die alle ein monatliches Minus
    von fünfzig Dollar aufwiesen.
    Die Arbeit war langweilig und beschissen. Und er dachte
    jedesmal dasselbe.
    Du bist 45. Du bist ein erstklassiger Abhörspezialist. Du
    bist ein ehemaliger Jesuitenschüler mit abgeschlossenem Jura-
    studium, dem zur Pensionierung zwei Jahre und zwei Monate
    fehlen. Du hast eine Ex-Frau, die üppigen Unterhalt kassiert,
    und eine Tochter am Notre-Dame-College. Wenn du deine
    Zulassung als Rechtsanwalt in

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