Ein amerikanischer Thriller
Illinois kriegst und das FBI
verläßt, werden deine Nettoeinnahmen in den nächsten Jahren
die Pension, die du aufgegeben hast, mehr als wettmachen.
Er fotografierte zwei Listen »politischer Ausgaben«. Morty
hatte die Doughnut-Spenden mit den Anmerkungen »Ein-
fach«, »Schokolade« und »Zuckerguß« versehen.
Er hörte das Geräusch eines Schlüssels im Schloß. Er sah,
wie drei Meter vor ihm die Tür aufging.
Faye Katzenbach schleppte Lebensmitteleinkäufe in die
Wohnung. Sie sah ihn und schüttelte den Kopf, als ob er
das traurigste Wesen auf Erden wäre.
»So seid ihr Leute nur gewöhnliche Einbrecher?«
Als Littell an ihr vorbeirannte, warf er die Stehlampe um.
Im FBI-Büro herrschte mittägliche Stille – nur ein paar Agen-
ten, die Telegramme abhefteten. Littell fand eine Notiz auf
seinem Schreibtisch:
»K. Boyd hat angerufen. Schaut auf dem Weg nach Florida
vorbei. Pump Room, 19 Uhr?«
Kemper – ja!
56
Chick Leahy trat zu ihm und wedelte mit einem Packen
Durchschläge.
»Ich brauche die ganze Katzenbach-Akte, einschließlich
der Fotografien, bis zum 11. Dezember. Mr. Tolson kommt
auf einer Inspektionsreise vorbei und hat eine Übersicht über
die CPUSA angefordert.«
»Wird erledigt.«
»Gut. Mitsamt allen Dokumenten?«
»Einigen. Mrs. Katzenbach hat mich erwischt, bevor ich
fertig war.«
»Jesus. Hat sie –?«
»Sie hat die Polizei nicht angerufen, weil sie wußte, wer
ich war und was ich tat. Sehen Sie, Mr. Leahy, fast alle
Kommunisten wissen, was ein ›Black-bag‹-Job ist.«
Leahy seufzte. »Spucken Sie’s schon aus, Ward. Ich
werd’s ablehnen, aber wenn Sie’s gesagt haben, geht’s Ih-
nen besser.«
»Gut. Ich will gegen Gangster eingesetzt werden. Ich
möchte zum Top-Hoodlum-Programm versetzt werden.«
»Nein«, sagte Leahy. »Unser THP-Kontingent ist voll.
Und als Leitender Sonderagent halte ich Sie für die von
mir als wichtig eingestufte politische Überwachungsarbeit
für besonders geeignet. Mr. Hoover hält die Kommunisten
für gefährlicher als die Mafia, und ich muß sagen, daß ich
diese seine Einschätzung teile.«
Sie starrten einander an. Littell gab als erster auf – Leahy
wäre sonst den ganzen Tag vor ihm stehengeblieben.
Leahy ging in sein Büro zurück. Littell zog die Tür des
Kämmerchens hinter sich zu und nahm sich seine Jurabücher
57
vor. Doch die Bürgerrechtsparagraphen blieben unbeachtet
– von Erinnerungen an Kemper Boyd verdrängt.
Ende ’53: Sie stellen einen Kidnapper in L. A. Der Mann
zieht eine Waffe; er zittert so sehr, daß er seine fallen läßt.
Ein paar Burschen vom LAPD lachen ihn aus. Kemper fri-
siert den Bericht, so daß er der Held ist.
Sie protestieren dagegen, daß Tom Agees Pension seiner
Frau, diesem Flittchen, zuerkannt wird. Kemper redet so
lange auf Mr. Hoover ein, bis er daraus einen Fonds für
die überlebende Tochter macht; nun hat Helen ein sicheres
Einkommen.
Sie nehmen Big Pete Bondurant fest. Er begeht den Schnit-
zer: Pete auf französisch zu veräppeln. Bondurant sprengt
die Handschellen und will ihm an die Gurgel.
Er rennt um sein Leben. Big Pete lacht. Kemper bringt
Bondurant dazu, den Mund zu halten – mit Restaurantessen
im Gefängnis.
Kemper hatte ihn wegen seiner Ängstlichkeit nie verur-
teilt. Kemper hatte stets gesagt: »Wir sind beide zum FBI
gegangen, um nicht in den Krieg zu müssen, wer will da
richten?« Kemper zeigte ihm, wie man einbricht – eine gute
Therapie gegen die Angst.
Kemper sagte: »Du bist mein priesterlicher Polizistenbeicht-
vater. Dafür höre ich mir auch deine Beichte an, nur habe
ich die schlimmeren Geheimnisse und mache daher immer
das bessere Geschäft.«
Littell klappte das Gesetzbuch zu. Bürgerrechte waren
stinklangweilig.
58
Der Pump Room war voll. Eine Brise kam vom See herauf
– und schien die Leute ins Innere zu fegen.
Littell sicherte sich eine der hinteren Nischen. Der Ober-
kellner nahm die Bestellung entgegen: zwei Martini, ohne
Eis. Das Restaurant war wunderschön: Die Negerkel ner und
das Publikum, das auf den Beginn des Sinfoniekonzertes
wartete, strahlten eine heiter-festliche Atmosphäre aus.
Die Drinks wurden serviert. Boyd kam durch die
Hotelhalle.
Littell lachte: »Sag nicht, daß du hier wohnst.«
»Mein Flugzeug geht erst um zwei Uhr früh, und ich
muß die Beine ein bißchen ausstrecken können. Tag, Ward.«
»Tag, Kemper. Auf deine Reise?«
Boyd hob sein Glas. »Auf meine Tochter
Weitere Kostenlose Bücher