Ein amerikanischer Thriller
foltern. Kemper sah zum
Fenster hinaus und genoß den Anblick.
Kubanische Mädchen warfen ihnen Handküsse zu. Aus
Autoradios drang Mambomusik. Nichtstuer mampften bier-
getränkte Melonenschnitten.
Fulo beendete ein Gespräch über Funk. »Das war Wilfredo.
Er meint, daß Don Juan etwas über eine Rauschgiftlieferung
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weiß und daß wir uns vielleicht mit ihm in Verbindung
setzen sollten.«
Don Juan Pimentel hatte einen tuberkulösen Husten. Sein
Zimmer war vollgestopft mit umgearbeiteten Barbie- und
Ken-Puppen.
Sie blieben im Türrahmen stehen. Don Juan roch nach
Mentholsalbe.
»Du kannst vor Mr. Boyd offen reden«, sagte Fulo. »Er
ist ein großer Freund unserer Sache.«
Néstor hob eine nackte Barbie hoch. Die Puppe trug eine
Jackie-Kennedy-Perücke und hatte ein winziges Fitzelchen
schwarzes Kraushaar in der Schamgegend.
Don Juan hustete. »Fünfundzwanzig Dollar für die
Geschichte, fünfzig Dollar für die Geschichte und die
Adresse.«
Néstor ließ die Puppe fallen und bekreuzigte sich. Fulo
übergab Don Juan zwei Zwanziger und einen Zehner.
Er steckte das Geld in die Brusttasche. »Die Adresse lautet
4980 Balustrol. Dort wohnen vier Männer vom kubanischen
Geheimdienst. Sie haben schreckliche Angst, daß eure In-
vasion gelingt und daß ihnen die Unterstützung von der
Insel entzogen wird. Sie haben im Haus einen Riesenvorrat
an abgepackten Portionen angelegt, die sie verkaufen wol-
len, um schnell zu Geld zu kommen, um ihren Widerstand
gegen eure Invasion, wie heißt das gleich, zu finanzieren.
Sie haben ein Pfund Heroin, das sie in diesen ganz kleinen
Mengen verkaufen wollen, wo sich das, wie heißt das gleich,
am meisten rentiert.«
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Kemper lächelte. »Wird das Haus bewacht?«
»Das weiß ich nicht.«
»Wem wollen die den Stoff verkaufen?«
»Jedenfal s nicht an Kubaner. Ich würde sagen an Negritos
und an arme Weiße.«
Kemper stupste Fulo. »Ist Mr. Pimentel ein zuverlässiger
Informant?«
»Ja. Schon.«
»Ist er ein entschiedener Castro-Gegner?«
»Ja. Schon.«
»Bist du sicher, daß er uns unter keinen Umständen ver-
raten würde?«
»Nun … das ist schwer zu …«
Don Juan spuckte auf den Boden. »Sie sind ein Feig-
ling, daß Sie mich das nicht ins Gesicht zu fragen
wagen.«
Kemper versetzte ihm einen Handkantenschlag. Don Juan
warf ein Puppenregal um und ging, nach Luft schnappend,
zu Boden.
Néstor warf ihm ein Kissen aufs Gesicht. Kemper zog
die .45er und drückte aus nächster Nähe ab.
Der Schal dämpfer schluckte das Geräusch. Blutgetränkte
Federn wehten durch den Raum.
Néstor und Fulo wirkten schockiert. »Erklär ich später«,
sagte Kemper.
REBELLEN RETTEN KUBA!
HEIMTÜCKISCHE KOMMUNISTEN VERKAUFEN
VERGIFTETES RAUSCHGIFT!
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MASSENMORD DURCH HEROIN! DROGENSCHIE-
BER CASTRO FREUT SICH!
VERZWEIFELTER DIKTATOR IM EXIL! ZAHL DER
DROGENTOTEN STEIGT!
Kemper schrieb die Schlagzeilen in Druckbuchstaben auf
einen Dienstplan. Während Tiger Kab um ihn herumwir-
belte – die Mitternachtsschicht fing gerade an.
Auf den Umschlag schrieb er:
PB,
sorg dafür, daß Lenny Sands Hush-Hush-Artikel zu den
beigefügten Schlagzeilen schreibt. Sag ihm, er soll sich
beeilen und sich die Hintergrundinformationen nächs-
te Woche aus den Zeitungen von Miami besorgen und,
wenn nötig, mich anrufen. Vorausgesetzt natürlich, daß
die Invasion läuft, wobei wir, meinem Gefühl nach, dem
Stichtag ganz nahe sind. Ich kann meinen Plan noch
nicht in allen Einzelheiten erläutern, aber ich glaube, du
wirst etwas damit anfangen können. Sollte Lenny meine
Anweisungen zu verwirrend finden, sag ihm, er sol meine
Schlagzeilen einfach in seinem unnachahmlichen Hush-
Hush-Stil ausschmücken.
Ich weiß, daß du dich irgendwo in Nicaragua oder
Guatemala herumtreibst, und hoffe, daß dich diese Mappe
irgendwie erreicht. Und versuch, WJL als Kollegen zu
akzeptieren. Friedliche Koexistenz muß nicht unbedingt
Appeasement bedeuten.
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Kemper beschriftete den Umschlag: C. ROGERS/NÄCHS-
TER FLUG/DRINGEND. Fulo und Néstor gingen an ihm
vorbei, sie wirkten verdattert – er hatte ihnen nie erklärt,
warum er Don Juan getötet hatte.
Santo Junior hatte einen Zierhai namens Batista. Sie wa-
ren nach Tampa gefahren und hatten ihm Don Juan ins
Becken geworfen.
Kemper zog das Telefon ins Herrenklo. Er hatte das, was
er sagen wollte, dreimal geübt, komplett mit Pausen und
Zwischenbemerkungen.
Er rief Bobbys Sekretärin an.
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