Ein amerikanischer Thriller
Tropics« bringen.
Pete beobachtete die Tür. Jeder Twist brachte ihm Barb
näher.
Er hatte sie vor zwei Stunden in L. A. angerufen. Ihr
mitgeteilt, die Sache sei geplatzt. Sie solle nach Ensenada
fahren und sich im »Playa Rosada« verstecken.
Sie sagte, das ginge klar. »Das zwischen uns geht aber
weiter, nicht wahr?«
»Ja«, sagte er.
Es war heiß in der Bar. New Orleans hatte das Patent
auf Hitze. Gewitter zogen auf und waren vorüber, ehe man
hinschauen konnte.
Boyd kam herein. Pete schraubte den Schalldämpfer
auf die Magnum und legte die Waffe neben sich auf
den Sitz.
Boyd hatte das Tonbandgerät im Koffer. Er hielt eine
.45er Automatic gegen sein Bein gepreßt.
Er setzte sich Pete gegenüber und stellte den Koffer auf
den Boden.
»Nimm das Gerät raus. Es läuft auf Batterien, das Band
ist bereits eingelegt, du brauchst nur anzuschalten.«
Boyd schüttelte den Kopf. »Leg die Waffe auf den Tisch.«
Pete gehorchte. »Jetzt nimm die Patronen raus.«
Pete gehorchte. Boyd nahm das Magazin aus seiner Waffe
und wickelte beide Waffen ins Tischtuch.
Er sah schmutzig und abgezehrt aus. Ein ungepflegter
Kemper Boyd – das war eine Premiere.
Pete zog eine .38er aus dem Gürtel. »Wir halten alles
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streng getrennt, Kemper. Das hat mit unseren anderen Ge-
schichten nichts zu tun.«
»Ist mir egal.«
»Nicht, wenn du das Band gehört hast.«
Sie hatten eine ganze Reihe von Nischen für sich. Wenn
es zum Schlimmsten kam, konnte er ihn immer noch um-
bringen und sich durch die Hintertür verdrücken.
»Du hast die Grenze überschritten, Pete. Du hast gewußt,
daß es eine Grenze gibt, und du hast sie überschritten.«
Pete hob die Schultern. »Wir haben Jack nicht gescha-
det, und Bobby ist zu gerissen, um das Gesetz ins Spiel zu
bringen. Jetzt hat sich die Sache erledigt, und wir können
wieder zur Tagesordnung übergehen.«
»Und einander vertrauen?«
»Warum nicht. Abgesehen von Jack hatten wir nie
Differenzen.«
»Meinst du wirklich, daß es so einfach ist?«
»Ich denke, man kann es so einfach sehen.«
Boyd öffnete den Koffer. Pete stellte das Gerät auf den
Tisch und drückte die »Play«-Taste.
»Am ehesten viel eicht Kemper Boyd«, sagte Jack Kennedy,
»aber bei dem wird mir immer etwas unbehaglich zumute.«
»Wer ist Kemper Boyd?« fragte Barb Jahelka.
Jack: »Ein Anwalt aus dem Justizministerium.«
Jack: »Ein Mensch, dessen größtes Unglück im Leben ist:
daß er kein Kennedy ist.«
Jack: »Er war in Yale, hat sich an mich gehängt und –«
Boyd zitterte. Boyd war gepflegt, und Boyd geriet aus
dem Gleichgewicht.
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Jack: »… hat jedenfalls die Frau, mit der er liiert war,
verstoßen, um sich bei mir … einzuschmeicheln.«
Jack: »Bei mir lebt er irgendeine widerliche Phantasie aus –«
Boyd hämmerte mit blanken Fäusten auf das Tonband-
gerät. Die Spulen bogen sich und brachen und splitterten.
Pete ließ ihn sich die Hände blutig schlagen.
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(Meridian, 13. 5. 62)
Das Flugzeug landete und schlitterte unruhig über die Roll-
bahn. Kemper hielt sich am Vordersitz fest.
Der Kopf tat ihm weh. Die Hände schmerzten. Er hatte
dreißig Stunden nicht geschlafen.
Kemper verließ das Flugzeug und ging zum Wagen. Durch
die Bandagen an seinen Händen drang Blut.
Pete hatte ihm die Rachepläne ausgeredet. Die Erpressung
sei von Anfang an von Ward Littell aufgezogen worden.
Er fuhr zum Motel. Nach gut dreißig Stunden Schnaps
und Dexedrin verschwamm ihm die Straße vor den Augen.
Der Parkplatz war besetzt. Er stel te den Wagen in zweiter
Reihe neben Flash Elordes Chevy ab.
Die Sonne brannte doppelt so heiß wie sonst. Claires
inständiges »Bitte, Dad!« war ihm immer noch im Ohr.
Er ging zu seinem Zimmer. Die Tür wurde aufgerissen.
Ein Mann zerrte ihn rein. Ein Mann trat ihm die Beine
weg. Ein Mann warf ihn nieder und fesselte ihm, während er
bäuchlings auf dem Boden lag, die Hände auf den Rücken.
»Wir haben Drogen gefunden«, sagte ein Mann.
»Und illegale Waffen«, sagte ein Mann.
»Lenny Sands hat sich gestern abend in New York um-
gebracht«, sagte ein Mann. »Er hat sich ein billiges Hotel-
zimmer genommen, sich die Pulsadern aufgeschnitten und
auf die Wand über seinem Bett in blutigen Buchstaben ›Ich
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bin homosexuell‹ geschrieben. Die Spüle und das Klo waren
vol er verbrannter Tonbandreste, und offensichtlich stammten
die Aufnahmen von einer Abhöraktion, die Wanze war in
der Familiensuite
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