Ein amerikanischer Thriller
schließen, daß hier ein Komplott vorliegt,
das sein Ziel erreichte, obwohl es im letzten Augenblick
zu Auseinandersetzungen kam. Sie werden den Toten über-
prüfen und versuchen, gegen mögliche Helfershelfer einen
Verschwörungsfall aufzubauen.«
Pete zündete sich eine Zigarette an und hustete. »Du sprichst
von ›Fliehen‹, als ob es ein Klacks wäre, zu entkommen.«
Littell sprach langsam. »Von jeder größeren, für eine
Autokolonne in Frage kommenden Hauptstraße gehen Sei-
tenstraßen ab, über die man in zwei Minuten den Freeway
erreicht. Unsere vorgesehenen Schützen feuern von hinten.
Sie werden insgesamt zwei Schuß abgeben – die zunächst wie
eine Fehlzündung oder wie Feuerwerkskörper klingen. Die
Leute vom Geheimdienst werden nicht genau erkennen, wo-
her die Schüsse stammen. Sie befinden sich noch in der
Reaktionsphase, wenn mehrere Schüsse – von unserem fal-
schen Schützen und seinem Wächter – zu hören sind. Sie
werden das Gebäude stürmen und einen Toten finden. Sie
sind abgelenkt und werden mindestens eine Minute oder so
verschenken. Alle unsere Männer haben Zeit, ihre Wagen
zu erreichen und wegzufahren.«
»Wunderschön«, sagte Kemper.
Pete rieb sich die Augen. »Ich mag den rechtsextremen
Spinner nicht. So weit zu gehen und dann nichts zu tun,
was der Sache helfen könnte.«
Littell schlug auf den Tisch. » Nein . Trafficante und Gi-
ancana wollen einen Rechten. Sie meinen, sie könnten einen
Waffenstillstand mit Castro schließen, und wenn sie das
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wollen, müssen wir mitspielen. Und sie haben euch das Leben
geschenkt, denkt dran.«
Kemper schenkte sich einen neuen Drink ein. Er hatte
immer noch blutunterlaufene Augen vom Chloroform.
»Meine Männer sollen schießen. Sie haben genug Haß
auf ihn und sind ausgezeichnete Schützen.«
»Einverstanden«, sagte Pete.
Littell nickte. »Sie bekommen jeder 25.000 Dollar, und
was vom Rest des Geldes nicht für Spesen draufgeht, teilen
wir durch drei.«
Kemper lächelte. »Meine Männer stehen politisch ziemlich
weit rechts. Daß wir einen Rechtsextremen zum Sündenbock
machen, brauchen sie nicht unbedingt zu erfahren.«
Pete mixte sich einen Cocktail: zwei Aspirin und Wild
Turkey. »Wir müssen mehr Einzelheiten über die Route
herauskriegen.«
»Dafür bist du zuständig«, sagte Littell. »Du hast die
besten Kontakte zur Polizei von Miami.«
»Ich kümmere mich darum. Und sobald ich irgendeine
zuverlässige Information habe, arbeite ich die exakte Logistik
aus.«
Kemper hustete. »Entscheidend ist der Sündenbock. Wenn
wir den mal haben, ist die Sache gelaufen.«
Littell schüttelte den Kopf. »Nein. Entscheidend ist, daß
es uns gelingt, eine umfassende Untersuchung durch das
FBI zu verhindern.«
Pete und Kemper sahen ihn erstaunt an. So weit hatten
sie nicht gedacht.
Littell sprach betont langsam. »Ich gehe davon aus, daß
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Mr. Hoover damit rechnet. Er hat in Gott weiß wie vielen
Gangstertreffs Wanzen einbauen lassen und mir mitgeteilt,
daß er jede Menge Kennedy-Haß mitgeschnitten hat. Das
hat er dem Geheimdienst verschwiegen, sonst würden sie
nicht bis Ende des Jahres Präsidentenkonvois planen.«
Kemper nickte. »Hoover will, daß es geschieht. Es ge-
schieht, das ist ihm recht, und er kriegt den Auftrag, den
Vorfall zu untersuchen. Wir brauchen einen Insider, damit
Hoover die Nachforschungen verdunkelt oder einfach kurzen
Prozeß macht.«
Pete nickte. »Wir brauchen einen Sündenbock mit
FBI-Kontakten.«
»Dougie Frank Lockhart«, sagte Kemper.
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(Miami, 27. 9. 63)
Er war gern allein, um darüber nachzudenken. Boyd sagte,
daß es ihm genauso ging.
Pete stellte sich Bourbon und Aspirin zurecht. Er drehte
die Klimaanlage an. Sein Kopfweh ging ein wenig weg, und
er rechnete sich seine Chancen aus.
Die Chance, daß es ihnen gelang, Haarschopf-Jack um-
zulegen. Die Chance, daß Santo ihn und Kemper umlegen
ließ, Abmachung hin oder her.
Sämtliche Chancen waren unsicher. Das Wohnzimmer
glich auf fatale Art einer Krankenstube.
Littell war von Dougie Frank begeistert. Der Arsch war
ultrarechts und mit dem FBI verbandelt.
»Der ist ideal«, sagte Littel . »Wenn Mr. Hoover gezwungen
wird, Nachforschungen anzustellen, wird er Lockhart und
dessen mögliche Komplizen umgehend abschirmen. Tut er
das nicht, riskiert er, daß die rassistische Politik des FBI
öffentlich bekannt wird.«
Lockhart hatte sich nach Puckett, Mississippi,
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