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Ein amerikanischer Thriller

Ein amerikanischer Thriller

Titel: Ein amerikanischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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nicht einmal anmaßend über sie, denn ganz plötzlich,
    wenn Sie am wenigsten darauf gefaßt sind, fallen sie Ihnen
    in den Rücken.«
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    »Haben Sie das schon einmal selbst erlebt?«
    »Ja.«
    »Ist Ihnen das selbst passiert?«
    »Nein.«
    »Weil man nicht verleugnen kann, was man nicht
    anerkennt.«
    Laura zog ein Zigarettenetui heraus. »Ich habe zu rau-
    chen angefangen, weil fast alle Schwestern rauchen. Sie
    hatten alle solche Etuis, also hat mir Mr. Kennedy eins
    geschenkt.«
    »Mr. Kennedy?«
    »Oder Joe. Oder Onkel Joe.«
    Kemper lächelte. »Mein Vater machte Bankrott und hat
    sich umgebracht. Er hat mir 91 Dollar hinterlassen und die
    Pistole, mit der er es getan hat.«
    »Onkel Joe wird mir einiges mehr hinterlassen.«
    »Wieviel kriegen Sie jetzt?«
    »Hunderttausend Dollar im Jahr plus Spesen.«
    »Haben Sie Ihre Wohnung absichtlich wie die Suite der
    Kennedys im Carlyle eingerichtet?«
    »Ja.«
    »Sie ist wunderschön. Manchmal glaube ich, ich könnte
    ewig in Hotelsuiten leben.«
    Sie ließ ihn stehen. Sie machte auf dem Absatz kehrt und
    entschwand durch einen Flur von Museumsausmaß.
    Kemper ließ fünf Minuten verstreichen. Die Wohnung
    war riesig und still – er kannte sich nicht aus.
    Er hielt sich links und verirrte sich. Drei Korridore brach-
    ten ihn jedesmal zur selben Anrichte zurück; die vier Türen
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    zum Eßzimmer führten ihn im Kreis herum. Er ging durch
    Flure, eine Bibliothek, Seitenflügel –
    Verkehrslärm gab ihm die Orientierung zurück. Auf der
    Terrasse hinter dem Konzertflügel hörte er Schritte.
    Er ging hinüber. Die Terrasse war zweimal so groß wie
    seine Küche.
    Laura stand gegen die Brüstung gelehnt. Ein Windstoß
    spielte mit ihrem Bademantel.
    »Hat Jack es Ihnen gesagt?« sagte sie.
    »Nein. Das hab ich selber rausgekriegt.«
    »Sie lügen. Außer den Kennedys und einem Freund in
    Chicago weiß niemand Bescheid. Hat Mr. Hoover es Ihnen
    gesagt? Bobby behauptet, er wisse von nichts, aber das habe
    ich ihm nie abgenommen.«
    Kemper schüttelte den Kopf. »Mr. Hoover hat keine Ah-
    nung. Lenny Sands hat es einem FBI-Mann aus Chicago
    gesagt, der mit mir befreundet ist.«
    Laura zündete sich eine Zigarette an. Kemper schützte
    die Streichholzflamme mit seinen Händen.
    »Ich hätte nie gedacht, daß Lenny es einer Menschenseele
    erzählt.«
    »Ihm blieb kaum etwas anderes übrig. Fal s das ein Trost –«
    » Nein , ich will nichts wissen. Lenny kennt böse Menschen,
    und böse Menschen bringen einen dazu, Dinge zu sagen, die
    man gar nicht sagen will.«
    Kemper berührte ihren Arm. »Bitte verraten Sie Lenny
    nicht, daß Sie mir begegnet sind.«
    »Wieso, Mr. Boyd?«
    »Weil er über einschüchternd gute Beziehungen verfügt.«
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    »Nein, Sie verstehen nicht. Ich will wissen, was Sie her-
    geführt hat.«
    »Ich bin Ihnen bei Joe Kennedys Party begegnet. Ich bin
    sicher, daß Sie sich den Rest denken können.«
    »Das ist keine Antwort.«
    »Ich konnte nicht gut Jack oder Bobby um Ihre Telefon-
    nummer bitten.«
    »Wieso nicht?«
    »Weil auch ich über einschüchternd gute Beziehungen
    verfüge.«
    Laura erschauerte. Kemper legte ihr sein Jackett um die
    Schultern.
    Sie deutete auf sein Pistolenhalfter. »Bobby hat mir gesagt,
    daß die Leute vom McClel an-Ausschuß keine Waffen tragen.«
    »Ich bin nicht im Dienst.«
    »Haben Sie gedacht, ich sei derart gelangweilt und trä-
    ge, daß Sie einfach bei mir klingeln und mich verführen
    könnten?«
    »Nein, ich habe gedacht, ich könnte Sie vorher zum Abend-
    essen ausführen.«
    Laura lachte und verschluckte sich am Rauch. »Ist Kemper
    der Mädchenname Ihrer Mutter?«
    »Ja.«
    »Lebt sie noch?«
    »Sie ist ’49 in einem Altersheim gestorben.«
    »Was haben Sie mit der Waffe getan, die Ihr Vater Ihnen
    hinterlassen hat.«
    »Ich habe Sie einem Kommilitonen verkauft.«
    »Trägt er sie?«
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    »Er ist auf Iwo Jima gefallen.«
    Laura ließ die Zigarette in die Kaffeetasse fallen. »Ich
    kenne derart viele Waisenkinder.«
    »Ich auch. In gewissem Sinne gehören Sie ja dazu.«
    » Nein . Das ist nicht wahr. Das sagen Sie nur, weil Sie
    sich einschmeicheln wollen.«
    »Ich glaube, daß das so ziemlich auf dasselbe hinausläuft.«
    Sie hüllte sich in sein Jackett. Die Ärmel flatterten im
    Wind hin und her.
    »Schlagfertigkeit ist das eine, Mr. Boyd. Wahrheit das
    andere. Wahr ist, daß mein Finanzmogulvater meine Film-
    starmutter gefickt und geschwängert hat. Meine Filmstar-
    mutter hatte bereits drei

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