Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein amerikanischer Thriller

Ein amerikanischer Thriller

Titel: Ein amerikanischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
Vom Netzwerk:
Abtreibungen hinter sich und wol te
    keine vierte. Meine Filmstarmutter hat mich verleugnet,
    aber mein Vater genießt es, mich einmal im Jahr der legi-
    timen Familie vorzuführen. Die Jungs mögen mich, weil
    ich provokativ bin, und finden mich scharf, weil sie mich
    nicht ficken können, denn ich bin ja ihre Halbschwester.
    Die Mädchen hassen mich, weil ich für sie so etwas wie
    eine verschlüsselte Botschaft ihres Vaters bin, daß Män-
    ner herumficken können, Frauen aber nicht. Verstehen Sie,
    Mr. Boyd? Ich habe eine Familie. Mein Vater unterstützt
    mich. Mein Vater hat die Familie über mich aufgeklärt,
    als Jack mich von einer Harvard-Party nach Hause brachte,
    ohne zu ahnen, daß er damit nur die ihm zugedachte Rolle
    in dem kleinen, gemeinen Intrigenspiel erfüllte, das ich mir
    ausgedacht hatte, um in die Familie reinzukommen. Stellen
    Sie sich die Überraschung vor, als Daddy ihm sagte: ›Jack,
    die kannst du nicht ficken, sie ist deine Halbschwester.‹
    244
    Der kleine Bobby, zwanzig und frömmlerischer, hat das
    mitgekriegt und herumerzählt. Mein Vater dachte, was
    soll’s, jetzt wissen’s eh alle, und hat mich zum Dinner
    eingeladen. Mrs. Kennedy reagierte recht verschreckt. Unser
    ›über einschüchternd gute Beziehungen verfügende‹ Freund
    Lenny Sands gab Jack Sprechunterricht für seinen ersten
    Kongreßwahlkampf und war zum Abendessen da. Er sorgte
    dafür, daß Rose keine Szene machte, und seitdem haben
    wir keine Geheimnisse voreinander. Ich habe eine Familie ,
    Mr. Boyd. Mein Vater ist böse und besitzgierig und rück-
    sichtslos und bereit, jeden zu vernichten, der die Kinder,
    zu denen er sich bekennt, auch nur schief ansieht. Und ich
    hasse alles an ihm, außer dem Geld, das er mir gibt, und
    der Tatsache, daß er wahrscheinlich auch jeden vernichten
    würde, der versuchen sollte, mir weh zu tun.«
    Autos hupten, lang und schrill. Laura wies auf einen
    Taxistand. »Da lauern sie wie die Aasgeier. Sie hupen am
    lautesten, wenn ich Rachmaninoff spiele.«
    Kemper zog die Waffe aus dem Halfter. Er legte auf das
    Schild »Nur für Taxis« an.
    Er stützte den Arm auf der Brüstung ab und feuerte.
    Zwei Schüsse trennten das Schild vom Mast. Außer einem
    dumpfen Schlaggeräusch war durch den Schal dämpfer nichts
    zu hören – Pete war ein guter Waffenlieferant.
    Laura jubelte. Die Taxifahrer deuteten nach oben, wild
    gestikulierend, erschreckt und verdutzt.
    »Ich mag dein Haar«, sagte Kemper.
    Laura löste es aus dem Band. Es flatterte im Wind.
    245
    Sie redeten. Er erzählte ihr, wie sich das Boyd-Vermögen
    in nichts aufgelöst hatte. Sie erzählte ihm, wie sie aus dem
    Juillard-Konservatorium geflogen war und als Dame der
    Gesellschaft versagte.
    Sie bezeichnete sich als musikalische Dilettantin. Er be-
    zeichnete sich als ehrgeiziger Bul e. Sie ließ auf eigene Kosten
    ihre Chopin-Darbietungen auf Platte aufnehmen. Er schickte
    den von ihm festgenommenen Dieben Weihnachtskarten.
    Er sagte, daß er Jack mochte, aber Bobby nicht ausste-
    hen konnte. Sie verglich Bobby mit tiefstem Beethoven und
    Jack mit glattestem Mozart. Sie bezeichnete Lenny Sands
    als ihren einzigen wahren Freund und kam nicht mehr auf
    seinen Verrat zu sprechen. Er sagte, daß er vor seiner Tochter
    Claire keine Geheimnisse habe.
    Der »Advocatus Diaboli« schaltete sich automatisch ein.
    Er wußte exakt, was er wann sagen und was er auslassen
    mußte.
    Er bezeichnete Mr. Hoover als rachsüchtige alte Schwuch-
    tel. Er stellte sich als liberalen Pragmatiker dar, der dem
    Kennedy-Stern verfallen war. Sie kam nochmals auf Waisen
    zu sprechen. Er beschrieb die Freundschaft der drei Töchter.
    Susan Littel war besserwisserisch und schril . Helen Agee
    mutig und ungestüm. Seine eigene Tochter Claire zu ver-
    schlossen, als daß man bereits hätte wissen können, woran
    man war.
    Er erzählte ihr von seiner Freundschaft mit Ward. Er
    gestand ihr seine Sehnsucht nach einem jüngeren Bruder
    ein, und daß das FBI ihm einen geschenkt hatte. Er sagte,
    daß Ward Bobby verehrte. Sie sagte, daß Bobby das Böse
    246
    in Onkel Joe spürte und Gangster jagte, um sich die Last
    des väterlichen Erbes erträglicher zu machen.
    Er spielte auf den eigenen verlorenen Bruder an. Er sagte,
    der Verlust bringe ihn dazu, Ward in eigenartige Richtungen
    zu drängen.
    Sie redeten bis zur physischen Erschöpfung. Laura rief das
    »21« an und ließ ein Dinner hochschicken. Chateaubriand
    und Wein machten sie schläfrig.
    Über

Weitere Kostenlose Bücher