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Ein Ami in Tirol

Ein Ami in Tirol

Titel: Ein Ami in Tirol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Steingruber
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Weg. Während der Fahrt plapperte Barbara unentwegt. Als man das Dorf erreicht hatte, bat James seine Chauffeuse, doch ein Stückchen vor dem Gasthof zu halten. Nach den Gründen fragte sie nicht lang und breit, sondern wartete, bis er nach einer Viertelstunde mit zwei Koffern zurückkehrte. Dass sein gebräuntes Gesicht ein wenig blasser war als gewöhnlich, fiel ihr nicht weiter auf.
    Dann warf er einen Blick in den Seitenspiegel.
    »Bitte, fahren Sie rasch«, haspelte er hervor, denn auf der Dorfstraße zeigte sich eine Frauengestalt. Dass diese dem Amerikaner die geballten Fäuste nachzeigte, sah die Mutzenbergerin nicht. Sie war viel zu sehr mit ihrem neuen Glück beschäftigt, das, wie ein Blitz aus heiterem Himmel, in ihr stilles Leben eingeschlagen hatte.
    *
    Auf dem Palauerhof hatte man vergeblich auf den smarten Gast gewartet. Schließlich brachte Eva den hervorragend gelungenen Braten auf den Tisch.
    »Wo er nur geblieben sein mag?«, sinnierte Linda.
    »Ich hätt am End etwas sagen sollen«, warf sich Eva vor. »Vielleicht ist er zum Ochsenwirt gegangen?«
    »Wenn er kein deutsches Geld hat?«, fragte Linda zweifelnd.
    »Also, so viel Kredit wird er gewiss dort haben«, meinte der Palauer. »Er ist ja schließlich kein dahergelaufener Vagabund, sondern ein reicher Amerikaner. «
    »So wird es sein«, sagte Eva. »Noch jemand einen Knödel?«
    »Ja, ich!«, krähte Emerenz. »Schad, dass ich mir die Arbeit mit dem Salat umsonst gemacht hab'.«
    »Salat gehört gründlich gewaschen«, verwahrte sich Eva.
    »Aber ich bring mich wegen einer Schnecke nicht um«, grantelte die Magd, an deren seltsames Aussehen man sich mittlerweile gewöhnt hatte. Nun aber, nach dem Essen, war der Lippenstift verschmiert und reichte beinahe bis zum Kinngrübchen herab.
    »Wasch du dir bloß später dein Gesicht«, ordnete die Hofbäuerin an. »Du siehst grauenhaft aus, Emerenz.«
    »Aber ich hab' eine verborgene Schönheit!«, beharrte sie. »Hat er gesagt, der Mister Brown.« Dabei zerteilte sie mit der Gabel ihren Knödel und schob ein Trumm nach dem anderen in den Mund.
    Man aß schweigend weiter, und jeder mochte wohl seinen eigenen Gedanken nachgehangen haben. Schließlich hob der Bauer mit einem knappen Tischgebet die Tafel auf. Das war seit Jahren so üblich auf dem Hof.
    Während Emerenz das Geschirr abwusch, trat Eva vor das Haus. Im Stall stimmte seit ein paar Tagen mit einer Kuh etwas nicht. Eva wollte nach ihr ausschauen. Wenn sich die Sache bis heute noch nicht gebessert hatte, würde man morgen den Tierarzt kommen lassen mussen.
    Sie hatte den Stall noch nicht erreicht, als sie den Kleinbus der Metzgerin zum Hof fahren sah. Verwundert über diesen ungewöhnlichen Besuch machte sie kehrt. Doch nicht die dicke Barbara entstieg dem Gefährt. Nein, es war Mr. Brown, der wenig später mit zwei Koffern zum Haus wuchtete, während Barbara davonbrauste, dass hinter ihrem Auto der Staub wirbelte.
    »Oh!«, sagte Brown. Eine leichte Röte flammte über sein Gesicht, als er Eva erblickte. »Nette Menschen gibt es hier, Miss Eva!«, rief er dann und schien sich gleich wieder gefangen zu haben. »Diese reizende Dame hat mich heute, sozusagen von der Straße weg, zum Mittagessen eingeladen.«
    »Das ist aber wirklich nett«, bemerkte Eva.
    »Ja, und dann hat sie mich gefahren, damit ich endlich mein Gepäck holen kann. Ich bin - wie sagt man - übergewältigt!«
    Eva hätte, angesichts seiner komischen Aussprache - beinahe gelacht. Nur mit Mühe konnte sie sich das verkneifen.
    Nun erschien es ihr verständlich, dass er nicht gekommen war, denn sie wusste, dass die Mutzenbergerin niemanden so schnell entließ, wenn sie dessen einmal habhaft geworden war.
    »Ich glaube, diese dicke Frau ist verliebt in mir.«
    »In mich!«
    »Waas - in Sie auch? Aber, Miss Eva!«
    »Nein, nicht in mich. Es heißt nur so. Es heißt: verliebt in mich und nicht verliebt in mir.«
    »Ich verstehe«, sagte er und lachte schallend. »Die deutsche Sprache ist wirklich eine sehr schwere Sprache.«
    »Kommen S' denn mit den Koffern zurecht, Mr. Brown?«
    »Sagen Sie doch einfach James zu mir!«, bat er und strahlte Eva an. »Das ist doch viel einfacher.«
    »Also gut«, gab sie nach. »Einfacher ist es wirklich als dieses ewige Mister vorn dran.«
    »Es geht schon«, sagte er nun. »Die dicke Lady - wie heißt sie doch ...«
    »Frau Mutzenberger!«
    »Also - Frau Mutzenberger hat mich nämlich für heute Nachmittag eingeladen. Und da muss ich mich doch

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