Ein Ballnachtstraum
Sprünge.
Noch vor einer Stunde hätte Drake nicht geglaubt, dass dieses Gespräch je stattfinden könnte. „Hat sie?“
„Keine Ahnung“, antwortete Devon verdattert. „Frag sie doch.“
„Ich frage dich, du Trottel. Du behauptest doch, du hast etwas über sie in Erfahrung gebracht.“
Devon furchte die Stirn. „Das schon, aber nicht, dass sie eine Kurtisane ist. Das ist auch für mich eine neue Erkenntnis. Sie wirkte so anständig. Seit wann bist du darüber im Bilde?“
„Lieber Gott, steh mir bei!“
„Beten hilft dir in diesem Fall nicht weiter“, stellte Devon kopfschüttelnd fest. „Du kannst ihr nur verzeihen und vergessen, wer sie ist oder einmal war. Im Übrigen ist es doch nicht so, dass wir beide etwas gegen Kurtisanen einzuwenden hätten.“
Drake lächelte freudlos. „Weißt du, wogegen ich etwas einzuwenden habe?“
Devon hob abwehrend die Hände. „Wenn du mich schlägst, kann ich dir nicht berichten, was ich herausgefunden habe. Und das willst du doch wissen, oder?“
Drake stieß den Atem hörbar aus. Er glaubte, genug über Eloise zu wissen. Die Entdeckung, dass sie vor sechs Jahren einen anderen Mann geliebt hatte, behagte ihm ganz und gar nicht, so unsinnig das auch sein mochte. Sein männlicher Stolz hatte auch nichts damit zu tun. Und es störte ihn nicht im Geringsten, dass sie sich ihrer Familie gegenüber unbotmäßig verhalten und versucht hatte, ihm ihre Vergangenheit zu verschweigen. Schließlich war er sich darüber im Klaren, wie sehr das Fehlverhalten einer Frau von der Gesellschaft missbilligt wurde.
Er wollte auch beileibe kein Urteil über sie fällen. Er wollte sie beschützen. Er wünschte sich lediglich, sie würde genügend Vertrauen zu ihm haben, um ihm alles wahrheitsgetreu zu erzählen. Und falls er je entdecken sollte, dass mehr hinter ihrer Geschichte steckte, als sie bereit war, ihm zu enthüllen, hatte er keinen blassen Schimmer, wie er sich verhalten sollte. Er war in diese Affäre tiefer verstrickt, als er sich eingestehen wollte.
„Sag mir endlich, was du weißt“, herrschte er Devon an. „Und dann entscheide ich, was ich mit dir mache.“
25. KAPITEL
Nachdem die erste Verblüffung über dieses unerwartete Wiedersehen sich gelegt hatte, musterte Mildred die Freundin in mildem Befremden. „Eine Gouvernante und Gesellschafterin“, meinte sie schaudernd. „Was für ein grässliches Schicksal. Ich dachte, du bist längst mit einem Landjunker verheiratet und hast eine Stube voller niedlicher Kinder.“
„Tja, ich hätte mir auch nie träumen lassen, was aus dir geworden ist, Mildred.“ Sie hätte sich ebenfalls nicht träumen lassen, dass das Schicksal sie zum zweiten Mal durch einen Mann zusammenführte.
Mildred neigte sich ihr zu und flüsterte verschwörerisch: „Mildred Hammersmith gibt es nicht mehr. Sie hörte auf zu existieren, als wir uns damals voneinander verabschiedeten. Ich kehre nie wieder in mein Dorf zurück, was immer die Zukunft auch bringen mag. Und ehrlich gestanden, mein Leben ist nicht gerade unerträglich.“
Eloise nickte verständnisvoll. „Ich bin auch nicht mehr die, die ich einmal war.“
Mildred lachte erheitert. „Aber du hast dich nicht so gründlich verändert wie ich mich. Du bist immer noch ein wenig … nun ja, ein wenig scheu.“
„Ich kann dir versichern“, murmelte Eloise mit einem schelmischen Augenzwinkern, „so scheu wie früher bin ich längst nicht mehr.“ Wenn auch nur erst seit sehr kurzer Zeit, und sie traute ihren eigenen Ohren kaum, wie sie mit ihrem Sündenfall prahlte.
„Aha“, entgegnete Mildred ohne jeden Groll. „Du und Boscastle, ihr seid also ein Paar. Ich bin froh, dass du meine Rivalin bist, das kannst du mir glauben. Sonst hätte ich ihn unter Umständen umgebracht.“
Eloise seufzte wehmütig. Anscheinend war sie immer noch schüchtern genug, um in Verlegenheit zu geraten, wenn es galt, offen über ihr Privatleben zu sprechen. Es gab keine Rechtfertigung für ihren Leichtsinn, nur ihre Liebe. Es war gewiss frivol und dumm von ihr, sich in einen Mann zu verlieben, der ihr nichts anderes versprochen hatte als seine Leidenschaft und seinen vorübergehenden Schutz. Derlei Affären waren für eine Frau wie Maribella St. Ives nichts Besonderes. Aber solange Eloise auch leben mochte, wäre sie niemals fähig, ihr Herz und Leib voneinander zu trennen.
„Das Vernünftigste, was Ralph je in seinem armseligen Leben zuwege gebracht hat, war dich zu bitten, ihn zu heiraten“,
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