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Ein Band aus Wasser

Ein Band aus Wasser

Titel: Ein Band aus Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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betrieben.
    » Daedalus ist sehr ehrgeizig«, bemerkte Jules. » Er glaubt, dass er – wir alle – bei Melitas Ritus reingelegt worden sind. Er will wiedergutmachen, was möglich ist, positiv verstärken, was er kann … Im Grunde genommen will er eine Art Gleichgewicht in unser aller Leben herstellen.«
    Claire blickte Jules einen Moment lang an. Dann beugte sie sich nach vorne und legte ihm sanft eine Hand auf die Wange. » Lieber, süßer, naiver Jules«, sagte sie mit honigsüßer Stimme. » Ich bin sicher, genau das ist es. Ich bin sicher, Daedalus versucht, ein Gleichgewicht in unser aller Leben herzustellen.« Sie zog ihre Hand zurück und verdrehte die Augen, während Jules unbehaglich dreinblickte. » Jungs – in seinem ganzen, langen, herrschsüchtigen, geizigen Leben hat Daedalus noch nie irgendwas für irgendjemand anderen getan, es sei denn, er hat auf die ein oder andere Weise davon profitiert.«
    Marcel beobachtete Jules, beobachtete die Emotionen in seinem Blick. Jules sah aus, als wolle er alles abstreiten, als würde ihm jedoch gerade klar werden, dass Daedalus’ Verhalten Claire recht gab, Mal um Mal.
    Claire aß inzwischen noch einen Donut. Sie hatte alle Zeit der Welt abzuwarten, bis Jules seiner Illusionen, einer nach der anderen, beraubt war.
    » Was, glaubst du, plant er?«, fragte Marcel schließlich.
    » Er will den Ritus neu kreieren. Warum, weiß ich nicht. Aber ich denke, wir sollten es herausfinden.« Sie warf Jules einen bedeutungsvollen Blick zu, doch er starrte nur vor sich hin und trank seinen Kaffee. » Vielleicht will er einfach nur mehr Macht. Vielleicht versucht er, Melita zurückzuholen. Vielleicht wird der Ritus unsere Unsterblichkeit aufheben und seine stärken. Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich hier jeden Tag wütender werde. Gestern habe ich versucht, zur Küste rüberzufahren, um ein paar Freunde zu besuchen. Ich bin bis Ocean Springs gekommen, dann hat sein Zauber Wirkung gezeigt und ich musste umdrehen.« Sie klang verbittert.
    » Ich will einfach nur, dass es aufhört«, sagte Marcel leise.
    » Euer Leben verdient es, gefeiert zu werden.« Trotz der kleinen Puderzuckerflecken auf seinen Lippen sah Jules ernst aus. » Jedes Leben sollte gefeiert werden. Euch wurde ein Geschenk gemacht – die Chance, euch über jeden Tag zu freuen, alles zu tun, was immer ihr wollt, um eurem Leben Bedeutung zu verleihen.«
    » Und los geht’s«, murmelte Claire.
    » Alle beide – alle beide seid ihr so sehr mit euch selbst beschäftigt«, fuhr Jules fort. » Warum macht ihr nicht irgendwas, um eurem Leben eine Richtung zu geben, statt rumzusitzen und Trübsal zu blasen?«
    » Waisenkinder in Afrika«, erwiderte Claire leise.
    » Überall auf der Welt gibt es Menschen, die Hilfe brauchen«, meinte Jules ernst.
    » Ich weiß«, fiel Marcel ein, der das Gefühl hatte, sich verteidigen zu müssen. » Ich habe mich hundert Jahre lang um die Armen in Irland gekümmert.«
    » Und, hat das deinem Leben keine Bedeutung verliehen?«, fragte Jules. » Hat es dir nicht ein gesundes Maß an Freude geschenkt zu wissen, dass du etwas an diesen desolaten Lebensumständen geändert hast?«
    » Es war okay.«
    Jules atmete tief aus. » Ihr habt die Möglichkeit bekommen, außergewöhnliche Leben zu leben. Hört auf, euer Leben zu verschwenden.« Abrupt stand er auf und legte etwas Trinkgeld auf den Tisch. Mit einem letzten rätselhaften Blick auf Claire bahnte er sich einen Weg durch die vollbesetzten Tische und betrat das Straßenpflaster.
    » Jules wie er leibt und lebt«, sagte Claire, die nicht im Mindesten von seiner Rede beeindruckt schien. » Ehrlich wie Scheiße. Trotzdem …« Ihre Augen folgten seinem breiten Rücken. » Er hat einen guten Charakter.« Ihre Stimme klang ungewöhnlich weich und liebevoll.
    Neugierig blickte Marcel sie an. » Was läuft da zwischen dir und ihm?« Seine Frage überraschte ihn selbst.
    Claire schien ebenfalls überrascht, dass Marcel sie so direkt darauf ansprach.
    » Ach, du weißt schon.« Sie machte eine vage Handbewegung und betrachtete die Menschenmenge, die Jules bereits verschluckt hatte. » Ich liebe ihn. Er erhört mich nicht. Und so weiter. Aber die Frage ist doch«, fuhr sie fort und sah Marcel listig an. » Was unternehmen wir wegen Daedalus?«
    » Was können wir denn unternehmen?«
    » Weißt du, mit wem wir sprechen sollten?«, fragte Claire. » Mit Axelle. Unsere liebe Axelle hat sich zu einer ziemlichen Powerfrau gemausert.«

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