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Ein Band aus Wasser

Ein Band aus Wasser

Titel: Ein Band aus Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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beste Po-Boys -Roastbeef aller Zeiten.«
    » Klingt toll«, begann ich, doch in diesem Moment lief direkt vor uns ein kleines Mädchen auf die Straße, das einem Welpen hinterherrannte. Ich schnappte nach Luft. Die Zeit schien sich zu verlangsamen, jede Sekunde ungefähr dreißig Sekunden zu brauchen, um zu verstreichen. Alles geschah gleichzeitig, und erst später, als ich den Vorfall noch einmal in Gedanken durchspielte, begriff ich, was ungefähr passiert sein musste.
    » Aaaaaah!«, schrie Kevin und riss das Lenkrad herum, doch er war nicht schnell genug. Das vielleicht vierjährige Mädchen erstarrte vor Angst und fixierte uns. Auf dem Bürgersteig schrie jemand, und ich glaube, eine zweite Person stürzte auf die Straße. Wie aus dem Nichts fielen mir Worte ein, die ich wiederholte, ohne nach ihrem Sinn zu fragen. Ohne zu wissen, warum, formte ich einen Pfeil mit meinen Händen und riss sie dann wieder auseinander, als wollte ich Luft zwischen das Auto und das kleine Mädchen bringen.
    Im nächsten Moment wurde sie nach hinten gefegt, weg von der Straße, gegen den Bordstein, wo sie mit einem Purzelbaum aufkam. Der Welpe wurde auf die entgegengesetzte Seite geschleudert und gab ein erschrockenes, hohes Jaulen von sich. Ein Erwachsener ging neben dem Kind in die Knie und nahm es in seine starken Arme. Es begann zu heulen.
    » Oh mein Gott«, rief ich, während ich die Szene beobachtete. » Das war knapp!« Plötzlich begriff ich, dass sich das Auto immer noch bewegte und auf den Straßenrand zusteuerte. » Kevin?«
    Kevins Kopf war seitlich auf seine Schulter gekippt. Seine Hände waren vom Lenkrad gerutscht, die Augen geschlossen. Der Wagen holperte über den Bordstein. Ich packte das Lenkrad genau in dem Moment, als wir in den Hydranten an der Ecke krachten.
    Bumm! Ich wurde nach vorne geschleudert. Mein Sicherheitsgurt blockierte und riss mich zurück in den Sitz. Hin- und hergeworfen, kam ich mir vor wie ein Dummy in einem Crashtest. Mein Blick suchte Kevin. Er sah aus wie tot.
    » Kevin! Kevin!« Ich packte ihn bei der Schulter und schüttelte ihn. Er blinzelte betäubt.
    Dann – es war wie im Film – hörte ich ein lautes, reißendes Geräusch. Eine Wasserfontäne schoss aus dem kaputten Hydranten ungefähr sechs Meter in die Höhe und fiel schwer auf die Motorhaube und das Dach unseres Wagens.
    » Waa…?«, murmelte Kevin. Er blinzelte erneut, blickte sich wie in Trance um und schien langsam mein banges Gesicht zu registrieren, den Anblick seines Autos, das schräg über den Bordstein gebrettert war, das herunterplatschende Wasser.
    » Was ist passiert?«, fragte er mit angstvoller Stimme. Er war grau im Gesicht.
    » Was ist los mit dir? Bist du okay?« Ich war kurz vorm Durchdrehen, als ich sah, dass seine Lippen schon bläulich angelaufen waren. Ich ergriff seine Hand. Eiskalt.
    Menschen scharten sich um unser Auto. Zu beiden Seiten öffneten sich die Türen.
    » Miss, sind Sie okay?« Eine freundliche braune Hand streckte sich mir entgegen, um mir herauszuhelfen. Auch auf der anderen Seite halfen die Leute Kevin beim Aussteigen, doch er sank gegen einen Mann, der ihn rasch auf den Rasen neben den Bordstein legte.
    » Kevin! Das ist mein Freund!«, rief ich und lief eilig zu ihm hinüber. Dann fiel mir ein, dass ich ja ein Handy hatte. So schnell ich konnte, wählte ich die 911 und begann dann, auf die besonnene Person am anderen Ende einzubrabbeln.
    » Setz dich, Liebes«, sagte eine Frau und zog mich sachte am Arm. Ich ließ mich auf den Boden sinken, nur ein paar Augenblicke bevor meine Knie nachgegeben hätten.
    Jemand nahm mir das Handy aus der Hand. Während ich Kevin über die feuchte Stirn strich und sanft seinen Kopf tätschelte, hörte ich eine Stimme mit starkem Südstaatenakzent sagen: » Ich weiß nicht, was passiert ist. Dieses Mädchen und ihr Freund haben gerade einen Hydranten umgenietet. Mhm.« Ich hörte, wie er ihnen eine Adresse nannte.
    » Rufen Sie einen Krankenwagen!«, rief ich eindringlich, denn Kevin schien nicht wieder zu sich zu kommen.
    » Das Mädchen will einen Krankenwagen«, wiederholte der Mann. » Und ich muss sagen, ihr Freund sieht wirklich nicht so prickelnd aus.«
    Danach drangen nur noch bruchstückhafte Szenen in mein Bewusstsein vor. Das kleine Mädchen, das wir beinahe überfahren hätten, war so weit in Ordnung, es hatte sich nur den Ellbogen aufgeschürft. Dem Welpen ging es gut. Fast die ganze Vorderseite von Kevins Auto war wie eine Ziehharmonika

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