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Ein Band aus Wasser

Ein Band aus Wasser

Titel: Ein Band aus Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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zurück, Kind«, sagte sie. » Ich habe dir doch gesagt, dass du nicht eher wiederkommen sollst, bis …«
    » Ich habe alles, was auf der Liste steht«, unterbrach ich sie. Ihre dunklen Augen blinzelten, was ich als Überraschung interpretierte.
    » Alles?«
    » Ja.« Ich tippte auf die Tragetasche aus Segeltuch, die über meiner Schulter hing.
    Ein paar Sekunden starrte sie mich einfach nur an. Ich hielt ihrem Blick stand und sah nichts als ihre Augen, schwarz wie die von Axelle.
    » Dann komm hier entlang.« Mit einer Hand hielt sie den Perlenvorhang zur Seite. Das Herz klopfte mir bis zum Hals, als ich um die Theke herumlief, an ihr vorbei und in den schwarzen Raum dahinter.
    Es handelte sich um einen Flur, kurz und nicht beleuchtet, wie eine Höhle. Ganz schwach konnte ich den Umriss einer Tür auf der linken Seite ausmachen. Schon etwas hysterisch dachte ich, dass dieses Labyrinth aus Räumen Ähnlichkeit hatte mit den magischen Zelten aus Harry Potter, die von außen ganz klein und normal aussahen, sich im Inneren jedoch unendlich lang – immer weiter und weiter – ausdehnten. Schon jetzt schien es mir, als könne das kleine Haus, das ich betreten hatte, unmöglich all diese Zimmer in sich bergen.
    » Hier herein.« In dem Raum gab es nicht einfach nur kein Licht, die Wände schienen vielmehr jedes Licht zu ersticken. Der Gedanke an die Wärme und die Sonne draußen kam mir wie eine ferne Erinnerung vor.
    Meine Kehle war staubtrocken. Ich konnte nicht schlucken. Ich fühlte eine übersteigerte Wachsamkeit, als würde ich ein Gruselkabinett auf dem Jahrmarkt besuchen, immer auf der Hut vor dem, was mir da entgegengesprungen kommen könnte. Doch in Wahrheit hatte ich mich in eine gefährliche Situation begeben, und wenn es jetzt schiefging, würde ich mich vielleicht nicht mehr retten können.
    Wie schön, dass ich so positiv denken konnte! Komm schon, verdräng es einfach.
    » Zeig mir, was du hast.«
    Beim Klang von Carmelas Stimme musste ich blinzeln. Meine Augen weiteten sich, um so viel Licht wie möglich hereinzulassen. Ich vernahm ein schwaches Ratschen. Über einem Streichholz flackerte eine Flamme auf, die zittrig tanzte. Ich sah, wie Carmelas gebräunte Hand schwarze Kerzen anzündete, drei, um genau zu sein, die in einem geschwungenen Kandelaber standen.
    Das flackernde Kerzenlicht erhellte einen höchstens zehn Quadratmeter großen Raum. Die Wände waren nicht, wie ich vermutet hatte, schwarz gestrichen, sondern in einem dunklen Ochsenblut-Rot. Wie aus dem Nichts fiel mir plötzlich ein, dass die kleinen Operationszimmer von Ärzten auf alten Kriegsschiffen früher immer komplett rot gestrichen waren, damit die Männer ihr Blut nicht sehen konnten und keine Angst bekamen.
    Na toll. Danke dafür.
    Wieder versuchte ich erfolglos zu schlucken und begann dann, die gewünschten Gegenstände aus meiner Tasche zu ziehen: Drei verzweigte Äste einer Trauerweide. Roter Staub von einem alten Backstein, den ich gegen den Bürgersteig gerieben hatte. Kleine Stücke ungeschliffenen Silbers, die ich im Botanika gekauft hatte. Einen harten, gepressten braunen Zuckerwürfel aus einer Weinschänke in der Magazine Street. Die Tüte mit Daedalus’ Haar. Und noch ein paar pulverisierte Sassafrasblätter aus dem Botanika.
    Ich legte die Zutaten vor sie hin und Carmela betrachtete sie prüfend.
    » Wofür ist das ganze Zeug?«, fragte ich.
    Sie sah zu mir auf und ihre Augen leuchteten wie die einer Katze. » Das Silber brauche ich, weil ich gerade eine Kette anfertige und dachte, es würde hübsch aussehen. Der braune Zucker schmeckt sehr gut im Kaffee – du musst ihn mit einem Löffel abkratzen. Die gemahlenen Sassafrasblätter bezeichnet man als Filé-Pulver, man streut es vor dem Essen auf den Okra-Eintopf. Der Backsteinstaub ist für verschiedene Zauber von Nutzen und die Weidenzweige waren nur Spaß, um zu sehen, ob du dir wirklich die Mühe machst, sie zu suchen.«
    Ich starrte sie an.
    » Aber das hier, das ist sehr interessant«, sagte sie und nahm die Plastiktüte mit den wenigen silbernen Haaren. » Ich hätte nicht gedacht, dass du das tatsächlich hinkriegst, mein Kind.« Sie sah mich anerkennend an, als würde sie mich aufgrund dieser Zutat erst richtig ernst nehmen.
    » Klär mich doch noch ein bisschen darüber auf, was genau du tun willst.« Ihr Englisch war grammatikalisch korrekt, doch sie hatte einen Akzent, der weder französisch klang noch wie irgendetwas anderes.
    » Ich will ihm … seine Kraft

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