Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs
sich von einem Koch in der realen Welt wünscht: eine Mischung aus Kreativität, handwerklichen Fähigkeiten, Flexibilität, Reife, Eleganz auch unter Druck, Humor, Stärke und Durchhaltevermögen.
Erik Hopfinger hätte es um ein Haar nicht einmal in die zweite Sendung geschafft.
Ich und Rocco DiSpirito fungierten als Gastjuroren, Padma Lakshmi und Tom waren wie immer mit dabei. Die Aufgabe lautete, verschiedene angestaubte Klassiker der gutbürgerlichen Restaurantküche neu zu gestalten, darunter gebratene Shrimps, Lasagne, Pfeffersteak und Ente à l’orange. Die Teilnehmer losten die Gerichte untereinander aus. Erik zog das Soufflé.
Also, ein Soufflé kann auch unter besten Bedingungen ziemlich knifflig sein. Die meisten Köche lernen während der Ausbildung, wie man ein Soufflé zubereitet - und machen es dann nie wieder, es sei denn, sie werden Pâtissier.
Soufflés sind empfindlich und zeitaufwendig und auch nicht mehr so richtig in Mode, daher sieht man sie heutzutage kaum noch auf der Speisekarte. Und das heißt, dass nur wenige Köche in der Lage wären, ein Soufflé aus dem Stegreif und ohne Rezept zuzubereiten. Verdammt, selbst mit Rezept würden es die meisten versauen. Ich? Ich könnte es vielleicht. Aber auch nur, weil ich zu Beginn meiner Karriere im Rainbow Room sechs Monate lang fast nichts anderes getan habe (und das Ergebnis waren ziemlich ledrige, wenig beeindruckende Exemplare aus einer zementähnlichen Eischneemasse mit billigen Aromen). Selbst wenn man alles richtig macht, bevor man das Soufflé in den Ofen schiebt, gibt es immer noch zahlreiche Möglichkeiten, es zu ruinieren: Wenn man es zu früh herausholt, fällt es in sich zusammen. Zu spät? Es verbrennt und wird hohl. Versehentlich die Ofentür zugeschlagen? Vergessen, die Form richtig einzufetten und mit Zucker auszustreuen? Der Thermostat kaputt? Ungleiche Hitzeverteilung im Ofen? Oder steht das Ding einfach zu lange herum, während die Kamera richtig positioniert oder die glänzende Nase eines Jurymitglieds gepudert wird? Die Zubereitung steckt voller Risiken. Und in einem Wettbewerb wie Top Chef , in dem man unter Druck steht - und wo sogar Gerichte, die man in- und auswendig kann, aufgrund des Lampenfiebers nichts werden -, tja … in so einem Wettbewerb ist ein Soufflé ein Todesurteil.
Von meinem bequemen Jurysessel aus sah ich mit einem Gläschen Gin in der Hand zu, wie Erik den Eischnee schlug, und wusste, dass der arme Kerl direkt in sein Verderben rannte. Noch bevor er überhaupt anfing, sah er schon aus, als ob man ihm einen Fausthieb in die Magengrube verpasst hätte.
Rückblickend sagt er heute: »Es wirkt alles viel einfacher, wenn man sich Top Chef daheim auf der Couch mit einem Joint in der Hand ansieht.«
Was er zustande brachte, war nur bei sehr großzügiger Auslegung des Begriffs ein Soufflé. Serviert wurde es tatsächlich in einer Souffléform - und sollte wohl, ich kann es nur erahnen, eine luftigere Version von Maisbrot oder Maispudding sein. Aber wie ein Hund, der versucht, seinen Haufen mit Blättern oder Erde zuzuscharren, hatte Erik jeden erdenklichen Kniff aus dem Kochbuch der pseudomexikanischen Küche des amerikanischen Südwestens angewandt. Der Teller sah aus wie die letzte Einstellung aus einem bukakke -Video - das in einem Restaurant von Chili’s Bar & Grill aufgenommen wurde. Über den ganzen Teller war irgendeine Avocadosauce gesprenkelt. Dazu eine weitere zähe Flüssigkeit … doch am schlimmsten war, dass das »Soufflé« unter einem Berg frittierter Garnitur begraben worden war, die entweder das ganze Ding dazu gebracht hatte, in sich zusammenzufallen, oder ungeschickt verbergen sollte, dass es nie aufgegangen war. Ich betrachtete traurig das, was Erik da vor mich hingestellt hatte, und konnte es nur mit dem Werk eines Serienkillers vergleichen, der zum ersten Mal aktiv geworden war und hastig versuchte, sein Opfer unzulänglich mit Zweigen und Ästen zu bedecken - obwohl klar war, dass es vom nächsten Spaziergänger entdeckt werden würde.
Was Erik rettete, waren die Shrimps einer anderen Teilnehmerin. Erik hatte eine schwierige Aufgabe gründlich vermasselt, doch sie hatte es geschafft, ein ganz simples Gericht zu verhunzen. Ihr Versuch mit Shrimps umfasste drei grundlegende,
ganz einfache Elemente - die sie alle unentschuldbar ruinierte. Die Shrimps waren zu durch. Der »Flan« als Beilage war zu einer unappetitlichen, spermaähnlichen Substanz geronnen. Und dann hatte sie das Essen
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