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Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen

Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen

Titel: Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynda Curnyn
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mit einem Mal, dass unser Flugzeug am nächsten Tag abstürzen würde. Zumindest müsste ich mich dann nicht einer Zukunft als etwas modernere Mrs. Stevens stellen, die ein gut verheimlichtes Kreditkarten-Problem hat und eine gewisse Neigung, Kinder zum Schreien zu bringen. Denn in dem Moment, in dem ich die letzte Plastikmünze aus Kimberlys festem Griff befreite, brach sie in Tränen aus.
    Nachdem der letzte Gast verabschiedet worden war, versuchte ich verzweifelt, beim Aufräumen zu helfen, aber erfolglos. Als ich mit einem Stapel schmutzigen Geschirrs in die Küche trat, nahm Mrs. Stevens ihn mir ab und scheuchte mich ins Wohnzimmer. „Das müssen Sie nicht“, sagte sie. „Sie sind unser Gast.“
    Inzwischen war mir klar, dass das nur ein anderes Wort für
Fremde
war. Bei meiner Mutter gab es nur eine Möglichkeit, Anschluss an die Familie zu finden, und dazu musste man schon ein paar Töpfe schrubben. Oder sich mit den Kindern beschäftigen. Doch Kimberly war bereits wieder in die Wiege gelegt worden, die in einem freien Zimmer im oberen Stockwerk stand. Ich beschloss, ihrem Beispiel zu folgen, nachdem sowieso jedem egal zu sein schien, was ich tat.
    „Gehst du ins Bett?“ fragte Kirk überrascht, als ich ihn davon in Kenntnis setzte. Er kam gerade aus der Garage, in die er die Klappstühle zurückgebracht hatte, die er dort vorher für die Feier geholt hatte. „Es ist erst zehn. Das ist ziemlich früh für dich.“ Doch er musste etwas von meiner unendlichen Müdigkeit in meinen Augen entdeckt haben, denn er küsste mich wie ein kleines Kind auf die Stirn und sage: „Okay. Schlaf gut.“
    Nachdem ich Mr. Stevens und Kenneth im Wohnzimmer schnell gute Nacht gesagt hatte (sie blickten kaum von dem Spiel auf, das sie sich im Fernsehen ansahen), schaute ich schnell in der Küche vorbei, wo Kayla, Kate und Mrs. Stevens zusammen wie ein perfekt eingespieltes Team abwuschen, schrubbten und putzten.
    „Wenn Sie mich nicht mehr brauchen, dann gehe ich jetzt ins Bett“, sagte ich.
    „Gute Nacht“, antworteten sie unisono, wobei nur Kayla von dem Tisch aufsah, den sie abwischte, und mir zuzwinkerte.
    Also ging ich in das niedliche kleine Zimmer, zog Pyjamahose und T-Shirt an, räumte die Unmengen von Plüschtieren vom Bett und schlüpfte zwischen die kühlen Laken. Dort lag ich hellwach, lauschte den übelgelaunten Kommentaren von Mr. Stevens, Kirk und Kenneth, als die
Red Sox
ein weiteres Spiel verloren, und dem unerbittlichen Geplapper von Mrs. Stevens, die ihren Töchtern die ordnungsgemäße Aufbewahrung von Porzellangeschirr erklärte.
    Ich fühlte mich einsamer als jemals zuvor.
    Nach einer ruhelosen Nacht wachte ich am nächsten Morgen erschöpft auf. So erschöpft, dass ich nicht mal mehr versuchte, auf perfekte Freundin zu machen. Zum Glück hatten Kate und Kenneth die kleine Kimberly bereits früh am Morgen zusammengepackt, sodass ich mir keine Sorgen über weitere gefährliche Begegnungen mit einem Kleinkind machen musste. Während Mrs. Stevens mit Kayla in der Küche das Frühstück zubereitete, lungerte ich im Wohnzimmer herum und las die
Cosmopolitan
so, dass jeder das tief dekolletierte Modell auf dem Cover sehen und kommentieren konnte (was Mrs. Stevens garantiert getan hätte, wenn sie nicht viel zu sehr mit dem Frühstück beschäftigt gewesen wäre, um zu bemerken, dass ich ein Magazin mit Schlagzeilen wie „So bekommt man einen besseren Orgasmus“ oder „Heißer Sex – jetzt sofort!“ las). Und als wir schließlich alle in der Frühstücksecke, wie Mrs. Stevens es nannte, saßen (für mich sah es mehr nach einem Versteck aus), machte ich kein Geheimnis aus der Tatsache, dass ich Clinton gewählt hatte (denn wir kamen schließlich doch auf dieses Tabuthema, als Mr. Stevens versuchte, ihn für den Untergang der amerikanischen Familien verantwortlich zu machen. Ich glaube, der Grund dafür waren die noch etwas zu rohen Eier, die Mrs. Stevens gekocht hatte. Meines aß ich aus Furcht vor Salmonellen vorsichtshalber nicht).
    Mit einem Mal wollte Mrs. Stevens übers Wetter sprechen. „Sieht so aus, als ob es heute ein schöner Tag wird. Warum macht ihr Kinder keine Fahrradtour oder so etwas?“ (Ja, sie nannte uns wirklich „Kinder.“)
    Kayla sagte, sie wolle den Nachmittag mit ihrem Freund Lars verbringen, zwinkerte mir zu und erhob sich dann vom Tisch. Kirk war ganz begeistert vom Vorschlag seiner Mutter, packte meine Hand und zerrte mich vom Tisch weg, bevor ich noch ein weiteres

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