Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen
Art, wie Mrs. Stevens die Hand ihres Mannes abgeschüttelt hatte, als er ihr beim Aufstehen helfen wollte. Vielleicht hatten sie
jegliche
Form von Intimität verbannt.
Ich verdrängte den Gedanken, und während ich auf Kirk wartete, betrachtete ich sein Zimmer. Wie das von Kate wirkte es wie ein Schrein für den jungen Kirk. Football-Trophäen und Bierkrüge, die er während seiner Zeit im College aus verschiedenen Pubs gesammelt hatte, standen in einem Regal. Ich entdeckte sogar ein paar Spielzeugautos. Es war rührend, all diese Artefakte aus Kirks Kindheit zu sehen. Ich stand auf und studierte die Fotocollage, die an der Wand hing. Eine Fotocollage aus sechs Fotos, auf denen jeweils Kirk und Susan zu sehen waren.
„Was zum Teufel?“ sagte ich laut.
„Was ist denn los?“ Kirk band sich gerade die Krawatte und drehte sich zu mir um.
„Warum sind hier überall Bilder von Susan? Du hast doch gar nicht zu Hause gewohnt, als du mit ihr zusammen warst! Und was ist das mit diesem Familienfoto? Was zum Teufel soll das?“
„So ist meine Mutter eben. Sie hat die ganzen Fotos aufgehängt. Ich glaube, sie wollte einfach, dass Susan sich bei uns wohl fühlte. Mach doch keine große Sache draus. Die Fotos sind alt, Noodles. Wahrscheinlich ist sie einfach noch nicht dazu gekommen, sie abzuhängen.“
Das glaubte ich kaum. Und ich glaubte noch weniger, dass jemals ein Foto von mir in diesem herrschaftlichen alten Haus hängen würde, als ich mit Kirk ins Wohnzimmer kam und sah, wie seine Mutter bei meinem Anblick die Augen aufriss.
„Ach du meine Güte, Angela, wollen Sie
das
anziehen?“
Ich blickte Kirk an, der mich plötzlich musterte, als suche er nach einem Fehler in meiner Kleidung.
„Ich meine, es ist ein hübsches Kleid. Aber für die Kirche? Ihre Arme sind ja vollkommen nackt! Und Ihre
Schultern
!“ Sie sah mich an, als wären meine Brustwarzen ebenfalls zu sehen gewesen.
Ich betrachtete ihr Blumenkleid mit den halblangen Ärmeln, das ziemlich züchtig bis zum Hals zugeknöpft war, und fühlte mich auf einmal wie eine Stripperin bei
Jimmy’s Topless
– nicht, dass ich jemals dort gewesen wäre.
„Was ist los?“ fragte Kate, als sie in einem elfenbeinfarbenen Rock und einem passenden Blazer, ins Zimmer trat. Ihr Mann folgte ihr in einem dunkelblauen Anzug. Er trug Kimberly, die in meterlange Seide gehüllt war.
Selbst Kayla, die Exhibitionistin, hatte sich für einen geschmackvollen braunen Hosenanzug entschieden.
„Sie sieht gut aus, Mom“, sagte Kirk.
„Stimmt. Die Kirche ist heute auch nicht mehr so streng“, meinte Kate.
„Nun, aber
ich“
, beharrte Mrs. Stevens. Sie lief zum Schrank in der Halle und kam mit etwas zurück, das aussah, wie eine riesige Spitzendecke. „Hier, legen Sie das um.“ Sie drapierte den Schal um meine skandalösen Schultern und verdeckte mein hundertfünfzig Dollar teures Kleid mit einem Stück Stoff, das vermutlich neunundneunzig Cents pro Meter gekostet hatte. Und was noch schlimmer war, es roch nach Mottenkugeln. Ich nieste zweimal hintereinander.
„Sehen Sie? Sie haben sich erkältet, Angela. Sie sollten sich warm halten“, sagte Mrs. Stevens.
Kirk seufzte, warf mir einen entschuldigenden Blick zu und wandte sich dann wieder an seine Mutter. „Wo ist Dad?“
„Im Auto“, antwortete sie und schnappte ihre Handtasche vom Tisch. „Los, los, lasst uns gehen!“
Wir kamen eine halbe Stunde zu früh an, womit Mr. Stevens ganz glücklich war, denn er wollte vor der Kirche noch Fotos machen. Raten Sie mal, wer fotografierte? Als es Zeit für die Zeremonie war, wurde mir die Nikon aus der Hand genommen, und Kenneth reichte mir eine Digitalkamera. Er sah mich bittend an und fragte, ob ich nicht netterweise die Taufe filmen könnte. Es machte mir nichts aus, wirklich nicht, denn als Videofilmer hatte ich wenigstens das Recht auf einen Platz, den ich sonst vielleicht nicht hätte einnehmen dürfen, nämlich direkt neben Kirk, der mit seiner Familie am Taufbecken stand. Außerdem fand ich es ganz angenehm, die Familie Stevens über das Display zu betrachten. Irgendwie trennte mich das von ihnen, und mit einem Mal merkte ich, dass ich genau das wollte. Am liebsten wäre ich mehrere hundert Meilen von ihnen entfernt gewesen.
Deswegen überraschte es mich auch, wie seltsam gerührt ich war, als der Priester die Worte sprach, die die kleine Kimberly in die römisch-katholische Glaubensgemeinschaft aufnahm. Und mit so etwas wie Ehrfurcht sah ich, wie das
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