Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen
ein Blick auf Kirks Gesicht ließ mich sofort wieder quicklebendig werden. Seinen hübschen, zusammengezogenen Augenbrauen nach zu urteilen, war er eifersüchtig. Eifersüchtig!
„Was zum Teufel war das denn?“
Sehr, sehr eifersüchtig.
„Och, nichts.“ Ich winkte nonchalant mit der Hand ab und schmiegte mich wieder an ihn. „Das war Josh. Du erinnerst dich doch an Josh, oder?“
Kirk und Josh hatten sich vor über einem Jahr kennen gelernt. Ich hatte Miss Julie im gleichnamigen Stück in einer Off-Off-Broadway-Show gespielt, damals, als ich noch glaubte, dass obskure Charakterrollen mich tatsächlich weiterbringen würden. Auch wenn Josh zu dieser Zeit bereits sein Vorhaben, selbst Schauspieler zu werden, aufgegeben hatte, kam er trotzdem immer zu meinen Auftritten. Zumindest wenn es mir gelungen war, eine spannendere Rolle zu bekommen als, sagen wir mal, als Statist in einer Menschenmenge zu stehen. Josh war zu dieser Zeit schon mit Emily zusammen, hatte sie aber nicht mitgebracht – ich vermute mal, dass ihre Beziehung noch zu neu war, um sie gleich mit einer Ex-Freundin zu konfrontieren. Ich hatte ihn Kirk lediglich als „einen Freund“ vorgestellt, aber Monate später erwähnt, dass Josh und ich mal ein Paar gewesen waren.
Damals hatte Kirk das ganz locker genommen, doch nun, nachdem mich mein Ex-Freund sehr spät abends angerufen hatte, hatte sich das Blatt gewendet …
„Was wollte er?“
„Oh, er möchte mit mir am Montagabend essen gehen.“
Sehen Sie? Keine Lüge.
„Treffen wir uns nicht normalerweise montagabends?“
„Ach je, hatten wir was geplant?“ fragte ich mit Unschuldsmiene.
Genau das ist die Crux bei Beziehungen. Dass Treffen einfach vorausgesetzt werden. Nur weil ich montagabends oft mir Kirk zusammen war, glaubte er, davon ausgehen zu können, dass das immer so bleiben würde. Doch nachdem ich praktisch vier von sieben Tagen in Kirks Wohnung verbrachte, konnte
ich
da nicht genauso gut davon ausgehen, dass daraus irgendwann sieben von sieben Tage werden würden? Nein, davon durfte ich nicht ausgehen. Und deswegen sollte Kirk es nicht anders ergehen.
„Du gehst also mit deinem Ex-Freund essen.“ Kirk blickte mich ungläubig an.
„Oh, es ist nicht so mit Josh“, sagte ich. „Wir sind nur Freunde. Sehr enge Freunde.“
Und dann, bevor mein zufriedenes Lächeln mich verraten konnte, legte ich meine Wange auf Kirks nackte Brust und tat so, als ob ich mich wieder auf die Sendung konzentrierte.
Aber wem wollte ich was vormachen? Mein Herz raste wie wild wegen meines Triumphs. Kirk war eifersüchtig! Das hatte doch etwas zu bedeuten, oder nicht?
6. KAPITEL
L iebe heißt, keine Übernachtungstasche mehr packen zu müssen.
Es bedeutete letztendlich, dass ich mich durch einen Abend mit Josh quälen musste. Nicht, dass er kein guter Freund von mir war – das war er. Oder war er zumindest gewesen, vor Emily. Aber ich hatte mit ihm einfach lieber telefonischen Kontakt oder per E-Mail. Das lag wohl daran, dass ich ihn so … besser handhaben konnte.
„Hey, Angie, wie geht es dir?“ fragte er, als er vor dem
Holy Basil
, einem thailändischen Restaurant im East Village, auf das wir uns nach langer Diskussion geeinigt hatten, auf mich zukam. Josh versuchte mich immer zu überreden, in die Upper East Side zu kommen, wo er inzwischen mit Emily wohnte. Aber selbst wenn ich Grace sehen wollte, die in der Upper West Side wohnt, wagte ich mich höchstens mal bis nach Midtown.
Trotz seiner Abneigung gegen Zahnseide sah Josh spektakulär gepflegt aus. Er trug einen navyblauen Nadelstreifenanzug, eine knallrosa Krawatte (die, wie ich vermute, ausdrücken sollte, dass er trotz seines langweiligen Achtstundenjobs noch immer eine wilde Seite an sich hatte) und die Nickelbrille.
Wir umarmten uns zur Begrüßung. Oder besser, Josh umarmte mich, während ich ihm nur einen schnellen Kuss auf die Wange geben wollte. Was aber damit endete, dass ich seinen Hals küsste. Ein unterdrücktes Stöhnen. So sehr ich mich auch bemühte, irgendwie tat ich immer etwas, das Josh davon überzeugte, dass ich ihn noch immer „wollte“. So ist das, wenn man einen Mann verlässt, bevor er dich verlassen kann, auch wenn wir beide wussten, dass die Beziehung vorbei war.
Als er sich nach der Umarmung wieder aufrichtete, starrte Josh mich an, den Kopf hielt er so, wie damals auf seinem Bewerbungsfoto als Schauspieler: Kinn nach unten (was die Aufmerksamkeit auf sein Grübchen lenkte), die blaue Augen nach
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