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Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen

Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen

Titel: Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynda Curnyn
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notwendig erachtete, in keine Tasche der Welt passen würde.
    Da waren die zwei Jeans, ohne die ich keinesfalls verreisen konnte – die
bootcut
-Jeans, die so cool zu meinen Espadrilles mit Absatz aussah (und ich
musste
meine Espadrilles mit Absatz mitnehmen), und die schmal geschnittene Jeans, die perfekt zu Turnschuhen passte (und ich konnte doch nicht ohne Turnschuhe aufs Land fahren, oder?). Dann die vier T-Shirts – zwei kurzärmlige für tagsüber, ein langärmliges für den Fall, dass es abends kühl wurde, und ein Tanktop, falls es heiß wurde. Zwei Paar Shorts (falls es zu warm für Jeans war), zwei Paar Caprihosen (für den Fall, dass es heiß war, Shorts aber nicht angebracht waren) und ein dickes Sweatshirt (falls es zu kalt für alles andere war). Meine Jeansjacke, weil sie zu allem passte. Mein schönes neues Kleid natürlich. Meine Pumps (für das Kleid), meine Riemchensandalen (nur für den Fall, dass ich keine Lust auf die Espadrilles hatte). Pyjamahose (bestimmt würden Kirks Eltern es nicht toll finden, wenn ich in Kirks Boxershorts herumlief) und noch ein (weicheres) T-Shirt zum Schlafen. Unterwäsche (eine Menge davon, denn ich konnte nie im Voraus entscheiden, ob ich Tangas oder normale Slips tragen wollte). BHs, Toilettenartikel, Make-up, Bürsten und Fön (ich ging nicht davon aus, dass die Familie Stevens eine Haarstylingausrüstung mit genügend Volt hatte, um meine Kräusellocken zu bändigen).
    Dann war da noch das Geschenk, das ich in Luftpolsterfolie einwickelte, die Justin „zufällig“ zu Hause hatte.
    Oh, und dann noch das nötige Lesematerial, das mit mir überallhin reiste, aus Angst, dass ich irgendwann alleine war, wach und nur in Gesellschaft meiner angstvollen Gedanken (was oft der Fall war. Kirk schlief normalerweise vor mir ein): drei Zeitschriften, zwei Bücher mit Monologen (auch wenn ich in letzter Zeit nicht mehr beim Vorsprechen war, las ich doch immer wieder die Szenen nach, die ich früher auswendig gelernt hatte und ganz gut spielen konnte, wenn man mich ließ) und eine etwas abgegriffene Ausgabe von Fodor’s Boston aus dem Jahr 1986 (für den Fall, dass wir da hinfuhren), die Justin für fünfzig Cents auf dem Flohmarkt gekauft und mir gerne ausgeliehen hatte.
    Ich meine, mal im Ernst, wie sollte ich das alles im Handgepäck unterbringen? Ich beobachtete (ein wenig schuldbewusst), wie Kirk zögernd meinen (schweren) Koffer in den Flur zerrte und neben seine Tasche stellte. „Himmel, Angie, es sind doch nur drei Tage.“ Er schüttelte den Kopf und starrte auf meinen Koffer, der seine Tasche auf zwergenhafte Größe schrumpfen ließ. „Na ja, ist ja egal. Hast du schon gegessen?“
    „Nein, noch nicht.“ Mir fiel jetzt erst auf, dass ich wegen des Packstresses seit dem Lunch nicht mal mehr einen Cracker zu mir genommen hatte.
    Kirk schaute auf die Küchenuhr, die zeigte, dass es fast zehn war (das Packen hatte länger als erwartet gedauert) und damit gut eine Stunde nach der Zeit, zu der normale Menschen (also Kirk) aßen. „Ich habe noch was Indisches übrig. Es steht im Kühlschrank, falls du es essen willst“, bot er mir an, wobei sein Ton deutlich machte, dass zehn Uhr nicht die richtige Zeit war, um ein Currygericht zu verdauen.
    Mein Magen knurrte. „Klingt wunderbar.“ Ich ignorierte seinen verächtlichen Blick, als ich zum Kühlschrank lief.
    „Ich muss nur noch schnell meine Arbeit beenden.“ Er eilte ins Schlafzimmer zu seinem geliebten Laptop.
    Nachdem ich entdeckt hatte, dass Kirk
Chicken Tikka Masala
in einer Tüte im Kühlschrank stehen hatte, wäre mir auch egal gewesen, wenn er und sein Laptop sich in Luft aufgelöst hätten. Ich liebte
Chicken Tikka Masala
. Ich
ernährte
mich praktisch davon, was nicht schwer war, seit ich nur ein paar Häuser von der 6. Straße East lebte, der berüchtigten Indian-Food-Row. Natürlich hatte Kirk das
Chicken Masala
in seiner Nähe geholt, und
Murray Hill Indian
konnte es nicht im Entferntesten mit dem Essen in der Indian-Food-Row aufnehmen. Doch so, wie mein Magen knurrte, als ich den Teller in die Mikrowelle stellte, hätte ich ohne Bedenken einfach alles gegessen.
    Zwei Minuten später saß ich mit meinem Teller auf Kirks Sofa und stellte die Zehn-Uhr-Nachrichten an. Eigentlich schaute ich mir nicht oft die Nachrichten an. Ich bekam genug Informationen durch die Schlagzeilen, die ich über die Schultern der Leute in der U-Bahn las, oder durch den Radiosender NPR, den Justin ohne Unterbrechung in

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