Ein Boss zum Träumen
lächelte etwas gequält. „Bist du mit der Antwort zufrieden?“
Sie verschränkte die Arme. „Warum würdest du das ablehnen?“
„Ich glaube nicht, dass das ein gutes Vorbild für Emma wäre.“
„Ist das der einzige Grund?“ Sie sollte besser den Mund halten. Warum reizte sie ihn bis zum Äußersten?
Er legte den Kopf schief. „Was willst du hören, Shana? Dass ich eifersüchtig wäre?“
„Nein.“
„Wärst du denn eifersüchtig, wenn eine Frau bei mir übernachten würde?“
„Natürlich nicht.“
„Wo liegt denn das Problem?“
Er war nähergetreten, stand nur noch wenige Zentimeter von ihr entfernt und schaute ihr in die Augen, als ob er all ihre geheimen Wünsche lesen könnte. Und tatsächlich – plötzlich wünschte sie sich nichts sehnlicher als ihn. Am liebsten hätte sie ihn an seinem Hemd gepackt, ihn an sich gezogen und ihn leidenschaftlich geküsst.
Stattdessen wandte sie ihm den Rücken zu und drehte den Wasserhahn bis zum Anschlag auf. „Ich weiß nicht. Entschuldigung. Irgendwie ist es mir zur Gewohnheit geworden, dich zu provozieren.“
„Na, dann hör doch einfach auf damit. Wir müssen ja schließlich miteinander auskommen.“
„Du hast gesagt, ich soll ehrlich sein.“
„Ehrlichkeit ist eine Sache. Einen Streit zu provozieren eine andere.“
Sie nickte und kam sich wie ein Idiot vor. Sie hatte ihn wirklich provoziert. Ich habe Angst , hätte sie am liebsten gesagt. Ich weiß nicht, wie ich mich dir gegenüber verhalten soll. Du verwirrst mich. Aber das wäre zu ehrlich gewesen.
„Ich muss noch ein paar Dinge erledigen“, sagte er. „Hier sind deine Schlüssel. Wir sehen uns später.“
Sie brachte kein Wort heraus. Der Anfang ihrer – rein geschäftlichen! – Beziehung war ziemlich in die Hose gegangen, und das war ausschließlich ihre Schuld.
Die Haustür fiel ins Schloss. Nachdem sie die Küche aufgeräumt hatte, ging sie hinauf, um nach Emma zu schauen. Die Kleine schlief tief und fest und merkte nicht einmal, wie Shana ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht schob und über die Wange streichelte. Wahrscheinlich würde sie noch eine Stunde schlafen. Shana wollte die Zeit nutzen, ihre Sachen auszupacken und sich häuslich einzurichten.
Sie schaute sich in ihrem neuen Zimmer um. Die Möbel waren aus Ahornholz – viel eleganter, als sie es bisher gewohnt war. Wenn sie andere Bilder an die Wand hängte, konnte sie dem Raum ihre eigene, weibliche Note verleihen. Allerdings wollte sie nicht übertreiben – schließlich würde sie nicht für immer hier sein. Bisher war sie noch nie längere Zeit an einem Ort geblieben. Warum sollte es dieses Mal anders sein?
Als sie mit dem Auspacken und Einräumen fertig war, ging sie zurück in die Küche, um die Einkaufsliste zusammenzustellen. Wenn Emma wach geworden und gefüttert worden war, wollte sie mit ihr zum Supermarkt fahren. Sie würde Kincaid einen Schokoladenkuchen backen, um sich bei ihm zu entschuldigen …
Aber nein. Er ging doch heute Abend aus. Sie hatte schließlich darauf bestanden.
Das bedeutete, dass sie und Emma allein wären. Wie gewöhnlich.
War es nicht komisch, wie sich die Umstände ändern konnten – und doch alles beim Alten blieb?
4. KAPITEL
Das Stompin’ Grounds war eine altmodische, etwas heruntergekommene Kneipe, in der bereits mehrere Generationen von Chance City Billard gespielt, Bier getrunken und sich beim Tanzen verliebt hatten, und in der es selbst tagsüber nie richtig hell wurde. Man konnte hier ganz gut essen. Für die Musik sorgte eine Jukebox; nur samstags abends spielte eine Band.
Kincaid gehörte nicht zu den Stammgästen. Obwohl er während seiner Schulzeit eine Menge Freunde in der Stadt gehabt hatte, ging er nicht oft aus. Und nach seiner Rückkehr musste er sich erst einmal von dem Leben erholen, das er bis dahin geführt hatte und das die Hölle gewesen war. Da er keine Lust verspürte, über seine Vergangenheit zu reden, hatte er auch keinen Kontakt gesucht.
Mit der Zeit war das anders geworden. Man lud ihn zu Grillpartys und Geburtstagsfeiern ein. Er pflegte ein paar lockere Freundschaften, vertraute sich aber niemandem an. Dennoch wurde er respektiert, weil er vorzügliche Arbeit leistete und niemanden über den Tisch zog.
Allmählich hatte er jedoch das Alleinsein satt. Vor allem sehnte er sich nach Freunden, mit denen er über alles reden und denen er sein Herz ausschütten konnte. Natürlich hätte er mit den McCoy- oder den Falcon-Brüdern weggehen
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