Ein Boss zum Träumen
nicht über die in seinem Haus reden.
Tom, der Besitzer und Barkeeper, stellte zwei Gläser vor sie hin. Kincaid wollte gerade zu seinem Glas greifen, als sein Blick auf zwei Neuankömmlinge fiel.
„Das kann ja interessant werden“, murmelte er.
„Was denn?“
„Siehst du das ältere Paar, das gerade gekommen ist? Das ist Aggie McCoy, eine der Schlüsselfiguren im Ort. Wir müssen eine Show für sie abziehen.“
„Und wer ist der attraktive Mann an ihrer Seite?“
„Doc Saxon. Er war der einzige Arzt in der Stadt. Vor Kurzem hat er sich zur Ruhe gesetzt.“ Shanas Bruder Gavin hatte seine Praxis übernommen. Die Stadt ist wirklich klein, überlegte Kincaid. Und die Welt auch. Er war zusammen mit Gavin zur Schule gegangen. „Wahrscheinlich hat Aggie Wind davon bekommen, dass ich heute Abend mit einer Freundin hier bin, und deshalb hat sie Doc überredet, sie hierher zu begleiten.“
„Meinst du? Sie flirtet mit ihm. Ich glaube, sie mag ihn.“
Kincaid betrachtete das Paar. Aggies Mann war vor einigen Jahren gestorben. Auch Doc Saxon war schon seit langer Zeit verwitwet. Größere Gegensätze hätte man sich kaum vorstellen können – aber hatte das die Leute jemals davon abgehalten, sich ineinander zu verlieben?
Aggie steuerte auf Kincaid zu. „Ich habe gehört, dass du heute Abend hier bist“, begrüßte sie ihn. Dann hielt sie Jess die Hand hin. „Hallo. Ich bin Aggie McCoy, und das ist Jim Saxon.“
„Jessica Donnell.“
„Ich wusste gar nicht, dass Sie einen Vornamen haben.“ Kincaid zwinkerte Aggies Begleiter zu. „Sollen wir Sie jetzt Jim statt Doc nennen?“
Der schlanke Vierundsiebzigjährige, dessen Haar kaum ergraut war, lächelte. „Ich reagiere auf beides. Übrigens habe ich gehört, dass Shana und Emma bei Ihnen eingezogen sind.“
„Shana arbeitet für mich. Emma gehört zum Deal dazu.“
„Verstehe. Gut, dann wollen wir Sie mal allein lassen. Komm, Aggie, schauen wir mal, wo Platz für uns ist.“
Auf dem Weg zu einem Tisch in der Nähe der Musikbox begrüßte Aggie fast alle Gäste des Lokals per Handschlag.
„Sie machen mir Hoffnung“, meinte Jessica, als ihr Hamburger vor sie hingestellt wurde.
„Wer?“ Kincaid griff nach dem Ketchup.
„Aggie und ihr Doktor. Sie sind total verknallt. Ist das nicht süß – in ihrem Alter?“
Kincaid glaubte es nicht. Doc und Aggie kannten sich seit einer Ewigkeit. Warum sollten sie sich plötzlich ineinander verlieben?
Jessica biss in ihren Hamburger. „Mhm! Der ist wirklich gut. Allein dafür hat sich die Fahrt hierher gelohnt.“
„Und was ist mit mir?“
Liebevoll tätschelte sie seine Wange. „Da du nicht mit mir schlafen willst, lautet die Antwort Nein.“
Kaum hatten Jess und Kincaid ihre Mahlzeit beendet, als die Band zu spielen begann. Sofort gingen sie auf die kleine Tanzfläche, wo sie sich wegen der anderen Paare kaum bewegen konnten.
Ihm fiel auf, dass Jess den Billardtisch nicht aus den Augen ließ – oder besser Big Dave Gunderson, ein Holzfäller, der außerdem einen Pannendienst betrieb. Er und Jess waren ungefähr so gegensätzlich wie Aggie und Doc, und trotzdem flirteten sie mit Blicken.
Kincaid entging es nicht.
„Wie wäre es mit einer Partie Billard?“, schlug Jess vor.
„Gern.“ Er würde sich hüten, wahrer Liebe – oder in diesem Fall vielleicht Lust – im Weg zu stehen.
Eine Stunde später spielte die Band einen langsamen Schlager. Big Dave und Jess tanzten zusammen, während Kincaid weiter Billard spielte. Es machte ihm zwar nichts aus, aber es durchkreuzte die Absicht, die er mit dieser Verabredung verfolgte. Deshalb ärgerte er sich doch im Stillen. Die beiden hätten durchaus etwas zurückhaltender sein können.
Als er an der Reihe war, kratzte er nur über den Filz, ohne den Ball zu treffen. Wie peinlich.
Aggie stellte sich neben ihn. „Bist du auf irgendetwas sauer, Kincaid?“
„Auf meine Ungeschicklichkeit“, antwortete er, während sein Gegner zum Stoß ansetzte.
„Deine Freundin scheint sich ja sehr gut mit Big Dave zu verstehen“, stellte Aggie fest.
„Es ist ein freies Land.“
Aggie lachte so laut, dass die anderen Gäste zu ihr hinübersahen.
So viel zu Diskretion, dachte Kincaid, während Doc Aggie mit sich zog. Kincaids Bemühungen, Dixie einen Gefallen zu tun, zogen Konsequenzen nach sich, mit denen er überhaupt nicht gerechnet hatte – öffentliche Demütigungen inklusive.
Er stützte sich auf seinen Billardstock und tat so, als
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