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Ein bretonisches Erbe

Ein bretonisches Erbe

Titel: Ein bretonisches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Menton
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es scheint ?
    Ich habe einfach kein Glück mit den Männern, dachte sie, warf frustriert ein „bonne nuite “ in die Runde und ging zum Ausgang.
    Aber Julien versperrte ihr den Weg.
    „Bleib doch noch“, sagte er und der Alkohol hatte seine Zunge hörbar schwer gemacht, „Jetzt wird es doch erst richtig lustig.“ Und mit einer unerwartet heftigen Bewegung, schlang er seinen Arm um sie und zog sie in die Runde an der Bar.
    Aber Yunas Laune war im Keller angekommen und sie hatte keine Lust, sein Verhalten länger als nötig zu ertragen. Wenn er sich betrinken und daneben benehmen wollte, konnte er das gerne tun. Er war ein erwachsener Mann und für sich selbst verantwortlich, aber sie musste ihm dabei wirklich nicht Gesellschaft leisten. Außerdem war ihre Erinnerungen an ihre zarte Kinderliebe etwas so Kostbares, dass sie sich diese nicht durch einen alkoholisierten Cliquenabend zerstören lassen wollte.
    Sie schüttelte daher seinen Arm ab und sagte leise:
    „Es wird wirklich Zeit für mich, Julien. Meine Mutter wartet.“
    „Oh, Mamam wartet! Tja, dann muss das brave Töchterchen wohl nach Hause, schlaf gut und träum schön!“, rief Patrice, der ihre Worte offenbar mitgehört hatte, belustigt. Worauf Chantal ergänzte: „Stimmt es, dass deutsche Frauen extrem viel Schönheitsschlaf brauchen, während Französinnen von gutem Sex schön werden?“
    Sicher war das nur so als Scherz dahin gesagt und nicht wirklich böse gemeint, aber Yuna empfand es als eine unangemessene Stichelei und erwartete, dass Julien sich auf ihre Seite stellte und seine Leute auf ihr schlechtes Benehmen aufmerksam machte. Aber da wartete sie vergebens. Entweder war sie wirklich extrem dünnhäutig oder er im Moment außerordentlich dickfellig und unsensibel. Er begriff offenbar überhaupt nicht, was in ihr vorging und so lag er natürlich auch gänzlich daneben, als er sagte:
    „Sei doch nicht so schnell beleidigt und bleib hier und verdirb uns nicht den Spaß!“
    Das brachte sie nun völlig in Rage.
    „Auf diese Art Spaß kann ich verzichten, Chérie! Wenn du dich so weiter amüsieren willst, dann bitte ohne mich!“
    Nach dieser Abfuhr war sie so schnell an der Tür, dass ihr keiner aus der etwas irritierten Gruppe den Weg versperren konnte. Ohne ein weiteres Wort des Abschieds stürzte sie nach draußen.
    Sie lief über die Esplanade und dann die Strandpromenade entlang bis zum Klippenweg. Der Mond hatte sich hinter eine dichte Wolkenschicht verzogen und als sie dort einbog, war es stockdunkel und sie musste vorsichtiger gehen. So konnten ihre Tränen trocknen und als sie das Haus betrat, schaffte sie es, ihrer Mutter ein schiefes Lächeln zu schenken. Und als diese fragte: „Hattest du einen schönen Abend, Kind?“, brachte sie es sogar fertig, ziemlich glaubwürdig „ja“ zu sagen.

7
Ein stürmisches Fest

    Es war sechs Tage vor der Abfahrt nach Island. Ihr Hochzeitszug kam aus der Kirche zurück, und wütend schnob der Wind hinter ihnen her, unter einem wolkenbedeckten, pechschwarzen Himmel… Zugleich begann ein starker Regen herabzupeitschen…
    Da stürzte alles unter Geschrei in toller Flucht auseinander…
    Pierre Loti , Islandfischer

    Yuna schlief nicht gut in dieser Nacht, was an sich kein Wunder war. Entweder ließ der Streit mit Julien sie nicht zur Ruhe kommen oder die Lektüre der Islandfischer hatte sie zu sehr beeindruckt.
    Auch die merkwürdige Inschrift in der Höhle kam ihr wieder in den Sinn und beunruhigte sie erneut. Irgendwie erschien es ihr doch ein sehr makaberer Zufall zu sein, dass dort ausgerechnet das Geburtsdatum ihres Vaters stand. Falls doch ihr Großvater dieses Datum dort eingemeißelt hatte, dann hatte er ganz gewiss mit einer bestimmten Absicht die Islandfischer an der von ihm unterstrichenen Stelle aufgeschlagen auf seinem Schreibtisch liegen lassen. War dieses Datum in der Höhle vielleicht die Inschrift auf die er damit anspielte? Die Inschrift… die ihr Gedächtnis wach hielt ? Wessen Gedächtnis? Woran oder an wen?

    Yuna hatte am Abend bevor sie in die Bar Jeux ging, als Schmuck das Medaillon umgelegt und als sie in der Nacht durch klagende Geräusche vom Meer her aufwachte, griff sie unwillkürlich danach. Wieder strahlte es die inzwischen vertraute Wärme aus. Sie setzte sich auf und schaute zum Fenster. Der Mond schien und das Meer lag ruhig und dunkel. Heute waren offenbar keine Fischerboote unterwegs. Dennoch hörte sie Rufe und Schreie und etwas, was wie das Weinen eines

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