Ein Dämon macht noch keinen Sommer
glitt er leicht und lautlos vor und gab den Weg zu dem Geheimgang hinter der Füllung frei.
Ich sah mich zu Tanda, Aahz und Glenda um, die mich schweigend beobachteten.
»Gebt mir die Fackel und kommt mit«, sagte ich. »Wir werden die Karte wieder überprüfen, wenn wir in dem Gang sind. Und zieht den Schrank hinter euch wieder an die Wand.«
Aahz nickte.
Den Anführer zu geben war ein gutes Gefühl, obwohl mir die eingeschlagene Richtung überhaupt nicht behagte. Zumindest würde ich als Erster am falschen Ort zur falschen Zeit eintreffen und folglich wohl auch als Erster den Tod finden.
Tanda reichte mir die Fackel, und ich schlüpfte hinter den Schrank.
Der Gang war so breit wie einer der kleineren Korridore im Palast von Possiltum. Er bestand überwiegend aus Holz, das unterwegs dann und wann von kürzeren steinernen Passagen abgelöst wurde. Anders als der aus dem Felsen gehauene Gang unterhalb der Leichenhalle schien hier im Laufe der Jahre ein reger Verkehr stattgefunden zu haben.
Ich blieb auf dem vage im Staub erkennbaren Pfad und ging zehn Schritte weit in den Geheimgang hinein, ehe ich stehen blieb. Aahz zog den Schrank an die Wand und winkte mir zu. Ich fragte mich, ob wir wohl dieses Mal umkehren konnten, falls es notwendig sein sollte, aber ich wollte Aahz nicht bitten, das zu überprüfen, sonst hätte er womöglich noch heraus gefunden, dass wir tatsächlich nicht zurückkonnten.
Etwa hundert Schritte weiter teilte sich der Geheimgang. Ein Weg war leicht ansteigend und führte nach rechts, der andere schien dagegen schnurgerade weiterzugehen, so weit das im Licht der Fackel erkennbar war.
Tanda war hinter mir, und ich gab ihr die Fackel, um die Karte erneut zu konsultieren.
Sie hatte sich wieder verändert und zeigte nun den Geheimgang samt der Gabelung als zentralen Punkt. Von hier aus sollten wir nach rechts oben weitergehen.
Ich erinnerte mich, wie ich vor dem Schloss an der Fassade emporgeblickt hatte, die hoch über uns aufragte. Ich hatte noch nie ein so riesiges Bauwerk gesehen. Nun schien es, dass wir, so die Karte ihren Willen bekam, den Aahz und Tanda ihr offenbar unbedingt lassen wollten, schließlich ganz oben landen würden.
Vielleicht konnte ich so wenigstens den schönen Ausblick genießen, während mir das Leben ausgesaugt würde.
Der Geheimgang führte immer weiter hinauf, manchmal über Stufen, manchmal nur über eine Schräge. Er knickte nach rechts ab, dann, zwanzig Schritte weiter, noch einmal, als würde er um den Raum herumführen. Danach führte er einfach kreuz und quer nach oben. Nach zwanzig Minuten hatte ich vollends die Orientierung verloren. Ich hätte nicht einmal raten können, in welchem Teil des Palastes wir uns befanden. Alles, was ich wusste, war, dass wir ein gutes Stück nach oben geklettert waren. Schließlich, nach einigen weiteren aufwärts führenden Stufen, endete der Gang.
Ich blieb stehen und wartete, während Tanda die Stufen hinaufkletterte. Dann, zehn Stufen hinter ihr, folgte Glenda, gestützt von Aahz. Aus irgendeinem Grund war er tatsächlich nett zu einer Frau, die ihn betrogen hatte. Das passte überhaupt nicht zu ihm. Wahrscheinlich brauchte er sie noch. Leider war Glenda nie weit genug weg, dass ich ihn hätte fragen können.
Als sie oben angekommen waren, ließ sich Glenda zu Boden sinken und schloss die Augen, während ich die Karte hervorzog, um herauszufinden, wohin sie uns führen wollte. Ich sah das Ende des Geheimgangs, und direkt vor mir befand sich eine Geheimtür zu einem riesigen Ballsaal. Ich starrte die Wand an. Von der Geheimtür war nichts zu sehen, aber ich nahm an, dass sie da sein würde, sobald ich sie brauchte.
Schließlich konzentrierte ich mich wieder auf die Karte. Wir mussten in den Ballsaal vordringen. In der gegenüberliegenden Wand befand sich eine weitere Holzfüllung, die zu einem anderen Gang führte. Die goldene Kuh war nun im Thronsaal einige Stockwerke über uns verzeichnet.
»Sieht aus, als müssten wir uns erstmals aus der Deckung bewegen«, stellte Aahz fest.
»Momentan ist niemand da draußen«, sagte Tanda.
»Dann sollten wir uns beeilen«, kommentierte ich und faltete die Karte zusammen.
»Halt die Karte bereit«, sagte Aahz. »Wenn wir im Ballsaal sind, musst du sie wieder prüfen.«
»Natürlich«, sagte ich mit einem bestätigenden Nicken, als hätte ich das längst gewusst, obwohl ich bisher nicht einen Gedanken dieser Art gehegt hatte.
»Schaffst du es noch ein bisschen weiter,
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