Ein deutscher Sommer: Roman (German Edition)
Beine um seine Hüften und trieb ihn durch Stöße ihrer Fersen gegen seinen Po so lange immer neu an, bis er sich stöhnend entlud und sie, nachdem sie ebenfalls gekommen war, keuchend auseinanderfielen wie die beiden Hälften einer in der Mitte zerteilten Frucht.
»Das war richtig gut«, hauchte Sylvia immer noch ein wenig atemlos. »Geil!«
»Ja, total«, erwiderte Bertram und zog das Kondom von seinem erschlafften Glied. Im letzten Moment hatte er daran gedacht und es aus der Nachttischschublade genommen. Mit den Zähnen hatte Sylvia die schwarzglänzende, quadratische Verpackung routiniert aufgerissen, die Plastikfetzen ausgespuckt und es ihm übergezogen. Was ihm, obwohl ihm die Selbstverständlichkeit, mit der sie es machte, gefiel, irgendwie auch peinlich gewesen war, weil er sich plötzlich schutzlos und vollkommen unbeholfen vorgekommen war.
Wie sie so nebeneinanderlagen, verschwitzt und zufrieden und an die Decke starrten, hatte Bertram das sichere Gefühl, mit der einzig richtigen Person in diesem Universum auf dem falschen Planeten zu sein. Doch gab es so etwas überhaupt? Oder war das bloß eine Frage der Perspektive?
Alles, was noch am Morgen wichtig gewesen war, erschien ihm plötzlich sternenweit weg. Die Geiselgangster, sein zukünftiges Leben ohne RTL und auch was mit Amina und Paul werden würde. Er war nicht länger bereit, gegen seine geheimsten Wünsche zu leben. Und dazu gehörte auch das Zusammensein mit Sylvia, auf das er nicht mehr verzichten wollte. Denn dazu war es viel zu schön. Er spürte, wie von ihr ausgehend das Leben aufwirbelte, vorwärts, in eine verheißungsvolle Zukunft.
»Ich hol uns was zu trinken«, sagte Bertram, ließ das glitschige Kondom lautlos neben dem Bett auf den Boden fallen und ging hinüber in die Küche, wo immer noch die halbvollen Weingläser auf dem Tisch standen.
Er nahm Eiswürfel aus dem Gefrierfach, ließ jeweils drei in die Gläser plumpsen und kam damit ins Schlafzimmer zurück, wo Sylvia ihn bereits wieder mit hungrigen Augen erwartete.
***
Auf der gewundenen, am Meer mit seinem ruhelosen Glitzern entlangführenden Landstraße, von der sie kurz vor Vilanova i la Geltrú auf die Autobahn in Richtung Barcelona abbogen, kamen ihnen die ersten Fahrzeuge mit eingeschalteten Abblendlichtern entgegen.
Der Tag neigte sich langsam seinem Ende zu, und Brigitte verfolgte das Brennen des Sonnenuntergangs über den Hügeln, die schwarz davor zurückwichen. Ein einzelner größerer Vogel, wahrscheinlich ein Kranich, bewegte sich am Himmel. Sie hatte irgendwo mal gelesen, dass ein Sonnenuntergang nichts weiter sei als aufgewirbelte Staubpartikel, Luftverschmutzung und Sonnenlicht, das durch die Atmosphäre gebrochen wurde. Trotzdem konnte sie ihren Blick nicht davon lösen. Sie fuhren mit offenen Fenstern. Die brausend hereindringende Luft roch nach Thymian und Oregano und dem Zigarettenrauch des Fahrers.
Am Morgen hatte sie in ihrer Wohnung gestanden und sichvorgestellt, wie sie wenige Stunden später an Mariannes Bett sitzen, ihre Hand halten und sie über die alten Zeiten reden würde. Doch inzwischen war sie seit ihrem Einchecken am Kölner Flughafen über sechs Stunden unterwegs und hatte ihr Ziel noch immer nicht erreicht.
Kurz vor Barcelona durchfuhren sie mehrere Tunnels, deren felsig schroffe Innenwände ein paarmal so bedrohlich nah kamen, dass sie vom Fenster zurückwich. Dann erhoben sich vor ihnen im abendlichen, von Tausenden Lichtern gelblich flimmernden Dunst die riesigen Mietskasernen mit den futuristischen, weithin sichtbar erleuchteten Türmen der Sagrada Família im Zentrum. Über der Stadt hing eine Glocke aus in die Atmosphäre aufsteigenden Abgasen, und in den breiten Avenuen stadteinwärts stauten sich der Verkehr und die Hitze, Leuchtreklamen wischten vorbei. Zuletzt gerieten sie in eine Straße, in der Arbeiter bei greller Beleuchtung den Belag aufrissen und ihre Schaufeln schwingend bis zur Hüfte in den Schächten standen, so dass die tief im Erdinnern verlaufenden Leitungen sichtbar wurden wie Muskeln und Arterien in einem aufgeschnittenen Bauch.
Und dann stand sie endlich in dem nicht sehr großen dämmrigen Krankenhauszimmer, müde, durchgeschwitzt und ein bisschen traurig. Vor dem offenen Fenster bewegte der warme Abendwind den Vorhang. Brigitte blickte auf die von flimmernden Monitoren umstellte, mit einem leichten hellen Tuch bedeckte Gestalt im Bett. Marianne, mein Gott! Sofort schossen ihr unzählige Erinnerungen und
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