Ein dickes Fell
manchmal nichts anderes ist als eine Zigarre.«
»Ja schon. Aber es gibt auch Zigarren, die Raketen sind und einem im Mund explodieren.«
»Haben Sie vor, sich zu parfümieren?«
»Weiß nicht. Ich sollte vielleicht vorsichtig sein. Andererseits genügt es mir nicht, zu glauben, wir befänden uns bloß im Meditationsraum eines Muttersöhnchens.«
Dalgard ging einmal um Podest und Kubus herum. Dann meinte er, daß angesichts der perfiden Sicherung der Türe anzunehmen sei, ähnliches gelte auch für das Kölnisch Wasser.
»Angsthase«, sagte ich und lächelte.
Na ja, das Lächeln hätte ich mir sparen können. Die Bemerkung ebenso. Im selben Moment sah ich nämlich das Tier, die Schlange. Sie kam von oben. Meine Augen hatten sich soweit an die Lichtverhältnisse gewöhnt, um zu erkennen, daß der gesamte Plafond mit einem kahlen, frei hängenden Geäst ausgefüllt war. Man könnte sagen: einem Mobile für eine Schlange.
Ich kenne mich mit Schlangen nicht aus. Diese hier war grün, relativ schmal und vielleicht zweieinhalb Meter lang, soweit man die Länge von solchen Kreaturen, welche ja nie aufrecht dastehen, überhaupt schätzen kann. Das ist wie mit den meisten kleinen Schauspielern oder kleinen Politikern, die äußert selten eine gerade Haltung einnehmen, sich vielmehr in ständiger Bewegung oder uneindeutiger Krümmung befinden. Nicht, daß diese Leute größer wirken, als sie sind, aber auch nie so klein, wie das der Fall ist. Ihre Kleinheit bleibt stets im Nebel ihrer Vitalitäten und Verrenkungen verborgen.
Da war sie also, die Schlange Brando, die angeblich von einem Hund namens Differ gefressen worden war. Wie gesagt, ich habe keine Ahnung von Schlangen, dachte mir aber, daß grüne, schlanke Exemplare tendenziell zu den ziemlich giftigen zählen, so wie rote, flache Autos tendenziell zu den ziemlich schnellen. Naja, es mag auch ungiftige grüne Schlangen geben. Aber angesichts dieser ganzen verrückten Situation, ging ich davon aus, daß eine außerordentliche Gefahr bestand, auch wenn ich mir nicht vorstellen konnte, wie ein nur halbwegs ausgewachsener Hund in eine so dünne Schlange passen sollte.
Nun, vergiftet oder erdrückt zu werden, genügte ja bereits. Die Schlange, die mit ihrem vorderen Drittel in den Raum hing und deren Schädel gleich dem Arm eines ausholenden Sperrwerfers seitlich nach hinten gebogen war, schien auf Dalgards Kopf zu zielen, auch wenn noch so oft behauptet wird, daß Schlangen normalerweise keine Menschen von dieser Größe attackieren. Diese Schlange hier hatte es ganz eindeutig vor. Noch wartete sie, aber bald würde sie mit äußerster Rasanz zubeißen und ihr Gift in den Körper des Norwegers befördern.
Ich überlegte nicht. Dazu war keine Zeit. Schon gar nicht dafür, die Edgar-Wallace-Kasperliade einer solchen Schlange-Mensch-Konfrontation zu bedenken und sich zu wundern, was heutzutage noch alles möglich war. Nein, nein, da war diese Schlange, und sie würde töten, wenn man sie ließ.
Kein Wort. Kein Atmen. Nur Aktion.
Ich stand nahe genug, brauchte bloß meine Hand auszustrecken. Und genau das tat ich. Womit die Schlange namens Brando wohl nicht gerechnet hatte. Während sie noch in Lauerstellung Dalgard anpeilte, packte ich ihren Kopf. Und hätte ihn beinahe auch gleich wieder verloren, da augenblicklich der überraschend schwere Schlangenkörper aus dem Geäst rutschte und mit dem letzten Drittel auf den Boden klatschte. Ich mußte mit aller Kraft zudrücken, wobei ich meinen Daumen in die Unterseite des Mauls stieß und den ganzen Schädel nach oben bog. Das mochte nicht der beste Weg sein, aber es half. Kopf und geschlossenes Maul waren fixiert, der Körper nach einigen wilden Zuckungen rasch zur Ruhe gekommen. Es war, als wolle die Schlange erst einmal nachdenken.
»Heiliger!« rief Dalgard.
Ich sah ihn zum ersten Mal erschrocken. Ich kann mir nicht helfen, ich mag erschrockene Männer. Das ist nicht ironisch gemeint, auch nicht in einem männerfeindlichen Sinn. Ich mag es ehrlich. Ich finde es sexy.
»Was mache ich jetzt?« fragte ich. Ich hatte nicht wirklich Lust, dieser Schlange den Hals umzudrehen. Ebensowenig konnte ich einfach loslassen. Also sah ich Dalgard hilfesuchend an.
Der Mann fing sich. Leider, muß ich sagen, bezüglich »sexy«. Andererseits glücklicherweise. Er griff nach der Schlange, schob seine Hand unter die meine und übernahm die Fixierung des Tiers, und zwar in einer Weise, die um einiges gekonnter aussah.
»Eine grüne
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