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Ein dickes Fell

Titel: Ein dickes Fell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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der diesem Wohlstand entspricht und Sie auch davon abhalten wird, uns irgendwelche Spesen zu verrechnen. Ihre Spesen sind Ihre Sache.«
    »Aber gerne«, sagte Cheng und fragte mit wippender Nase:
    »Kaffee?«
    »Nein danke.«
    Dalgard erhob sich, tat einen Schritt zur Seite, wie um so rasch als möglich von diesem feindlichen Stuhl wegzukommen, und sah kurz aus dem Fenster, hinaus auf Häuser im Nebel.
    »Gibt es eine Kontaktperson in Wien?« fragte Cheng, der ebenfalls aufgestanden war, um hinüber zu seiner Kaffeemaschine zu gehen.
    »Gibt es«, sagte Dalgard. »Der Mann heißt Kurt Smolek, ein kleiner Beamter, der in irgendeinem unnötigen Archiv sitzt und Handschriften verwaltet.«
    »Was hat er mit den Norwegern zu schaffen?«
    »Nichts anderes, als daß er hin und wieder für uns arbeitet.«
    »Das klingt jetzt aber doch sehr nach einem Agenten.«
    »Ein viel zu derbes Wort«, fand Dalgard, »für jemand wie unseren Herrn Smolek. Schließlich stöbert der Mann in keinen Geheimfächern, verlegt keine Wanzen, spioniert nicht, liquidiert nicht, springt nicht aus Fenstern. Ein Mann wie Smolek springt nicht einmal über Stufen.«
    »Ich auch nicht«, sagte Cheng, der ja nicht so gut zu Fuß war. Er hinkte ein wenig. Allerdings mit einiger Grandezza. Chengs Hinken besaß etwas Aristokratisches, ohne deshalb in pure Clownerie abzugleiten, wie das leider nicht wenige Aristokraten tun, die dem eigenen Anspruch in der Art von »Trottel des Jahres« hinterherhinken. Cheng aber hinkte gewissermaßen nicht nach, sondern vor. Wenn er sein schlechtes Bein bewegte, war das wie ein winziger Schritt in die Zukunft. Ein Sprung über Treppen war freilich etwas anderes. Über Treppen konnte sich Cheng nicht anders bewegen als angestrengt. Und mitnichten, indem er sprang.
    Smolek und Cheng waren also keine Springer. Soviel war klar. Was für Cheng hingegen unklar blieb, war die genaue Funktion dieses Herrn Smolek.
    »Es ist nun mal nötig«, sprach Dalgard, »auch außerhalb einer diplomatischen Vertretung eine Person zu beschäftigen, die die Interessen unseres Landes wahrt. Natürlich geht es dabei meist um Kleinigkeiten.«
    »Was für Kleinigkeiten?«
    »Nichts, was Sie zu interessieren braucht. Es genügt, wenn Sie Herrn Smolek in vernünftigen Abständen darüber informieren, wie weit Ihre Nachforschungen jeweils gediehen sind. Sie treffen ihn morgen abend in einem Gasthaus namens Adlerhof .«
    »Morgen? Was Sie nicht sagen. Welche Adresse?«
    Dalgard legte eine Mappe auf Chengs Schreibtisch und erklärte, daß sich darin alles befinde, was er benötige. Auch sein Flugticket.
    »Bevor ich überhaupt noch zugesagt habe?« zeigte sich Cheng überrascht.
    »Man kommt nicht weit, wenn man den Menschen Zeit läßt, sich Gedanken zu machen.«
    Cheng wandte nun ein, daß er seinen Hund nicht alleine lassen könne. Nicht in diesem Alter.
    »Kein Problem«, sagte Dalgard. »Er darf mitfliegen. Als Handgepäck sozusagen. Wir erledigen das.«
    »Trotzdem. Sie überschätzen meine Fähigkeiten.«
    »Da wäre ich dann aber schlecht informiert.«
    »Sie meinen, weil Vivi mich empfohlen hat?«
    »Vivi ist clever«, sagte Dalgard.
    »Ja, das ist sie«, meinte Cheng nachdenklich. War das gut oder schlecht?
    Nun, Cheng mußte eine Entscheidung treffen. Als Detektiv, der er war. Er schenkte Dalgard einen flüchtigen Blick – etwa, wie man die Plakate eines Sexkinos im Vorbeigehen betrachtet – und erklärte sich nun endgültig bereit, den Auftrag anzunehmen. Sodann füllte er Kaffee in eine Tasse. Der Dampf stieg in sein Gesicht. Er zwinkerte. Das war die Art von Nebel, die er mochte.
    »Ich habe noch eine Bedingung«, drang Chengs Stimme zwischen seinem Geschlürfe hervor. Wie ein Papierflieger, der durch eine Waschküche segelt.
    »Und zwar?« Dalgard atmete tief ein. Einen Moment schien es, als würde er aufsteigen. Ein schwerer Mann als Heißluftballon.
    »Ich möchte nicht direkt nach Wien fliegen«, sagte Cheng.
    »Man soll immer den Weg zurückgehen, den man gekommen ist. In meinem Fall also über Stuttgart.«
    »Das ist umständlich und unnötig.«
    »Nicht für mich«, äußerte Cheng.
    Dalgard wandte ein, daß man keine Zeit zu verlieren habe. Außerdem sei das Ticket ja bereits bezahlt.
    »Jetzt werden Sie nicht schwäbischer als die Schwaben.«
    »Was für Schwaben?«
    »Stuttgarter sind Schwaben. Na, das müssen Sie nicht verstehen. Jedenfalls denke ich, sollte das bißchen Geld nicht ins Gewicht fallen. Und auf einen Tag wird es

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